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Psychologie Können wir erkennen, wie authentisch unsere Mitmenschen sind?

Im Alltag stellt sich oft die Frage: Gibt sich mein Gegenüber wahrhaftig zu erkennen – oder sehe ich nur eine Fassade?
Im Alltag stellt sich oft die Frage: Gibt sich mein Gegenüber wahrhaftig zu erkennen – oder sehe ich nur eine Fassade?
© Mirko Vitali / Adobe Stock
Management-Fachleute haben untersucht, wie groß unser Vertrauen in die eigene Menschenkenntnis ist. Das Ergebnis: Fälschlicherweise sind viele Menschen davon überzeugt, Authentizität gut erkennen zu können 

Viele von uns sehnen sich danach, anderen gegenüber "echt" oder "real" zu sein –und sich umgekehrt mit Menschen zu umgeben, die ebenfalls "authentisch" sind. Man mag keine Masken tragen, sondern will zeigen, wer man wirklich ist. Aber können andere überhaupt einschätzen, ob wir ihnen gerade etwas vorspielen oder im Umgang mit ihnen unser Innerstes nach außen kehren? Und haben wir umgekehrt ein gutes Auge dafür, wer uns gegenüber authentisch ist?

Genau das haben die Management-Fachleute Erica Bailey und Aharon Levy von der Columbia University in New York in einer Serie von Studien und Befragungen untersucht. Dabei zeigte sich: Im Durchschnitt haben die meisten ein hohes Zutrauen zu ihrer Menschenkenntnis. Sie sind überzeugt, Authentizität gut erkennen zu können. 

Um diese Überzeugung zu testen, rekrutierten die Forschenden mehr als 200 Testpersonen – alle waren Studierende im Fach BWL. Diese sollten in einer ersten Fragerunde angeben, für wie authentisch sie sich selbst hielten. Einige Wochen später bat man sie darum, einige ihrer Mitstudierenden einzuschätzen. Immerhin hatte man diese inzwischen relativ gut in verschiedenen Kursen kennengelernt.

Wie authentisch verhielten sie sich an der Universität? Das Ergebnis war ein ziemliches Desaster: Wie sehr wir uns als "echt" einstufen, hat offenbar keinen Einfluss darauf, ob auch andere uns so wahrnehmen. 

Was viele für Menschenkenntnis halten, ist häufig ein Blick in den Spiegel unserer eigenen Seele

Das heißt: Wer anderen gegenüber sein Innerstes nach außen kehrt, wirkt deshalb nicht automatisch authentischer. Wer anderen etwas vorspielt, kommt vermutlich damit durch. Die Forschenden entdeckten aber noch etwas anderes. Freiwillige, die sich besonders authentisch fühlten, neigten dazu, auch anderen Authentizität zu attestieren.

Anders gesagt: Wir gehen stillschweigend davon aus, dass unsere Mitmenschen genau so drauf sind wie wir selbst. Was wir für Menschenkenntnis halten, ist letztlich nicht mehr als ein Blick in den Spiegel unserer eigenen Seele. 

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