Es ist einer der erstaunlichsten Stoffe der Natur: Bäume, die aus ihm konstruiert sind, können über 100 Meter hoch wachsen, teils Tausende Jahre alt und Hunderttausende Kilogramm schwer werden. Zugleich ist das Material derart anpassungsfähig, dass es sich im Wind wiegt und Stürme es kaum zu brechen vermögen, dass es gar seinen Wuchs verändert, wenn Witterung und Standort dies verlangen.
Wer verstehen will, weshalb das Baumaterial der Bäume so besonders, so ungemein flexibel und zugleich überaus stabil ist, muss sich die Evolutionsgeschichte vor Augen führen. Denn wie jedes Erzeugnis der Natur existiert auch Holz vor allem aus einem Grund: dem Wettstreit der Arten. Höher hinaus zu wachsen als ein Grashalm oder eine Blume gewährt im Überlebenskampf entscheidende Vorteile: Je weiter eine Pflanze sich vom Boden entfernt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass andere Gewächse ihr das Licht zum Wachsen nehmen. Und desto größer ist die Chance, dass der Wind ihre Früchte oder Samen verteilt oder sie zumindest in einer gewissen Entfernung zum Stamm herabfallen.

Revolution in der Pflanzenwelt
Allerdings: Je höher und ausladender eine Pflanze wächst, desto größer wird auch die Gefahr, umzuknicken oder vom Sturm gefällt zu werden. Spätestens vor rund 360 Millionen Jahren haben Gewächse Fasern entwickelt, die dem Holz heutiger Bäume und Sträucher ähnelten; diese Fasern waren so steif, dass sie trotz zunehmender Höhe stabil standen.
Die Stämme einiger dieser urtümlichen Schachtelhalme oder Bärlappe wuchsen bereits Dutzende Meter hoch. Das war nur möglich, weil das Gerüst dieser gigantischen Gewächse (zumindest für die Verhältnisse der noch jungen Pflanzenwelt) aus ganz bestimmten Zellen bestand. Die lagerten neben Zellulose —einem zugfesten Stoff, der es etwa Gräsern und Blumen ermöglicht, sich zu dehnen und zu biegen — nun auch noch eine feste, cremefarbene Substanz in ihre Wände ein: das Lignin.