Naturschauspiel Es ist Glühwürmchenzeit! Wo sich das Spektakel zeigt und warum es bedroht ist

Hier bin ich! Paarungsbereite weibliche Glühwürmchen nutzen Biolumineszenz, um interessierte Männchen auf sich aufmerksam zu machen
Hier bin ich! Paarungsbereite weibliche Glühwürmchen nutzen Biolumineszenz, um interessierte Männchen auf sich aufmerksam zu machen
© David Chapman / Alamy Stock Photos / mauritius images
In lauen Julinächten ist der Liebesreigen der Glühwürmchen ein faszinierender Anblick. Doch die Romantik ist in Gefahr. Wie wir den Tieren helfen können

Drei Jahre lang haben sie auf diesen einen Moment gewartet. Sie haben sich im Unterholz versteckt, wie Vampire das Tageslicht gemieden, Jagd auf Schnecken gemacht und sich schließlich mit dem nötigen Körpergewicht von einer Larve in einen Käfer verwandelt. Jetzt endlich ist es so weit: Sobald in einer lauen Sommernacht die Dämmerung hereinbricht und das letzte Tageslicht verschluckt, signalisieren die Weibchen mit ihren grüngelb leuchtenden Hinterleibern unmissverständlich: "Bereit zur Paarung".

Damit geben sie den Startschuss für einen romantischen Reigen, der sich in dieser Jahreszeit vielerorts beobachten lässt: Magisch leuchtende Punkte flirren dann durch die Dunkelheit und vereinen sich zu einem wabernden Lichtermeer. Denn die paarungswillig leuchtenden Glühwürmchen-Weibchen locken unzählige Männchen an, die nun lautlos herbei schweben und in der Dunkelheit Ausschau nach einer Partnerin halten. Hat sich ein Paar gefunden, geht alles ganz schnell: Das Männchen lässt sich zur Befruchtung auf das Weibchen fallen – und stirbt unmittelbar nach dem vollzogenem Akt. Auch die Tage des Weibchens sind gezählt: Es verendet kurz nach der Eiablage. 

Weltweit bedroht Lichtverschmutzung die Glühwürmchen. Nur wenn es dunkel genug ist, können sich Männchen und Weibchen finden – und dabei ein faszinierendes Leuchtspektakel veranstalten
Weltweit bedroht Lichtverschmutzung die Glühwürmchen. Nur wenn es dunkel genug ist, können sich Männchen und Weibchen finden – und dabei ein faszinierendes Leuchtspektakel veranstalten
© Flavya / Alamy Stock Photos / mauritius images

Die Glühwürmchen erzeugen das typische Leuchten in ihrem Hinterleib durch Biolumineszenz. Diese entsteht durch eine chemische Reaktion im Körper: Luciferin reagiert unter Anwesenheit des Enzyms Luciferase mit dem Energieträger ATP und Sauerstoff, es oxidiert also. Den im Deutschen verbreiteten Namen Glühwürmchen verdanken die Tiere neben ihrem glühenden Körper übrigens dem Aussehen der flugunfähigen Weibchen: Diese erinnern mit ihren extrem kurzen Flügelstummeln selbst im ausgewachsenen Zustand noch an eine Larve. Eigentlich handelt es sich jedoch um Käfer, weshalb der ebenfalls verwendete Name Leuchtkäfer passender ist. Drei Arten von ihm sind in Deutschland heimisch: der Große Leuchtkäfer (Lampyris noctiluca), der Kurzflügel-Leuchtkäfer (Phosphaenus hemipterus) und der Kleine Leuchtkäfer (Lamprohiza splendidula), bei dem auch die Männchen leuchten und damit ihrerseits die Weibchen stimulieren und zum Leuchten animieren. 

Wildnis erleben: Sieben Schätze, die in unseren Wäldern zu finden sind
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© Video: GEO

Das Schauspiel der balzenden Käfer lässt sich vor allem an Waldrändern, in Parks und Gärten mit vielen Sträuchern und Büschen oder in der Nähe von Gewässern beobachten. Die Tiere kommen in lauschig-lauen Sommernächten in Stimmung, deshalb sind sie vor allem an warmen Abenden von Mitte Juni bis Ende Juli zu sehen. Gegen 22 Uhr wagen sich dann die ersten einsamen Glühwürmchen aus der Deckung, bevor sie oft gegen Mitternacht plötzlich wieder verschwinden. Einzig der Kurzflügel-Leuchtkäfer bevorzugt zur Paarung den Spätsommer oder Frühherbst und ist dann zwischen zwei und vier Uhr morgens zu beobachten. Allerdings leuchtet er nur schwach; die Weibchen locken die Männchen zusätzlich mit Pheromonen an.

Künstliches Licht verwirrt Glühwürmchen

Doch die Tiere geraten zunehmend in Bedrängnis, und ihr faszinierendes Liebesspiel ist immer seltener zu sehen. Da ist der Lebensraumverlust, der den Tieren wie fast allen anderen Arten zu schaffen macht, da sind Pestizide aus der Landwirtschaft und die übereifrige Schneckenbekämpfung in vielen Gärten, die den Larven die Nahrungsgrundlage raubt. Vor allem aber ist da die Lichtverschmutzung: Das künstliche Licht von Straßenlaternen oder Gartenleuchten überstrahlt das Biolumineszenzsignal der Glühwürmchen-Weibchen, sodass die Männchen sie nicht finden können – und es folglich nicht zur Fortpflanzung kommt. 

Während die Weibchen flugunfähig sind und eher an Larven erinnern, besitzen männliche Glühwürmchen Flügel
Während die Weibchen flugunfähig sind und eher an Larven erinnern, besitzen männliche Glühwürmchen Flügel
© nature picture library / Konrad Wothe

In einem Experiment konnten Forschende aus Großbritannien zeigen, dass die Männchen das grünliche Leuchten der Weibchen in einem Labyrinth deutlich später oder gar nicht fanden, wenn gleichzeitig künstliches weißes Licht leuchtete. Dann nämlich verbargen die Männchen ihren Kopf mit den großen Facettenaugen zum Schutz unter ihrem Kopfschild, das wie eine Sonnenbrille das einfallende Licht reduziert. Glühwürmchenpopulationen weltweit könnten davon betroffen sein, warnen die Forschenden. Auch in Deutschland gehen Naturschützende von einem Rückgang der Populationen aus, allerdings sind die nachtaktiven Tiere schwer zu zählen und genaue Zahlen fehlen. 

Wer möchte, dass sich die Glühwürmchen im heimischen Garten wohlfühlen, sollte deshalb für Dunkelheit sorgen und auf unnötige Beleuchtung verzichten. Laubbäume, Sträucher und Laubhaufen bieten den Tieren Rückzugsmöglichkeiten. Es lohnt sich außerdem, Büsche und Rasen wachsen zu lassen und abgeschnittene Äste liegen zu lassen oder aufzuhäufen, um Glühwürmchen Unterschlupf zu bieten. Bonuspunkte gibt es für einen Teich: Glühwürmchen mögen die Nähe zum Wasser.

Gärtnerinnen und Gärtner profitieren – neben dem sehenswerten nächtlichen Liebesspiel – übrigens noch auf andere Art von den Glühwürmchen. Die Larven der Käfer sind nämlich hervorragend darin, Schnecken anhand ihrer Schleimspur aufzuspüren und mit einem Giftbiss zu töten – obwohl diese ein bis zu 15-faches Körpergewicht haben. Wer Glühwürmchen hilft, spielt also nicht nur Amor, sondern muss sich auch keine Sorgen mehr um ein zerfressenes Gemüsebeet machen.