Verhalten Auch heimische Krähen können lernen, Werkzeuge zu gebrauchen

Schlauer Vogel: Die Rabenkrähe ist eine von fünf Arten der Gattung Corvus, die auch in Deutschland heimisch ist
Schlauer Vogel: Die Rabenkrähe ist eine von fünf Arten der Gattung Corvus, die auch in Deutschland heimisch ist
© CreativeNature_nl / Getty Images
Tropische Krähen sind für ihre Kreativität beim Werkzeuggebrauch berühmt. Nun weisen Forschende nach: Auch hiesige Rabenkrähen besitzen die Fähigkeit dazu

Krähen gehören neben dem Menschen zu den wenigen Tieren, die Werkzeuge gebrauchen. Allerdings sind von den rund 40 weltweit vorkommenden Arten nur zwei dafür bekannt, dass sie sich gezielt Hilfsmittel suchen, um an Nahrung zu gelangen: die Neukaledonien- oder Geradschnabelkrähe und die Hawaiikrähe.

Doch es gibt weitere Anwärter auf eine Mitgliedschaft im Club der Superschlauen. Forschende vom Institut für Neurobiologie der Universität Tübingen haben gezeigt, dass auch die in Deutschland heimische Rabenkrähe (Corvus corone) lernen kann, geschickt mit Werkzeugen umzugehen. Auch wenn das noch nie in der freien Wildbahn beobachtet wurde.

Ihren drei zahmen Probanden präsentierten die Forschenden ein Leckerli in einer Plexiglas-Box. Deren Öffnung allerdings war so schmal, dass die Krähe mit dem Schnabel nicht an das Futterpellet gelangen konnte. In einem ersten Schritt ließ das Foschungsteam die Vögel lernen, ein Stäbchen präzise mit der Schnabelspitze aufzunehmen. Im nächsten Schritt lernten die Krähen durch Versuch und Irrtum, mit dem Stäbchen das Leckerli aus dem transparenten Behälter herauszuschieben.

Die Tiere aus dem institutseigenen Zuchtprogramm lernten, mit einem Stäbchen ein Futterpellet aus einer Box in Schnabelreichweite zu bugsieren
Die Tiere aus dem institutseigenen Zuchtprogramm lernten, mit einem Stäbchen ein Futterpellet aus einer Box in Schnabelreichweite zu bugsieren
© Felix Moll

Die Aufnahmen der Versuche zeigten, dass die Vögel zunächst mehr oder weniger zufällig mit dem Stab herumfuchtelten – und dabei auch die Chance auf den Leckerbissen verspielten. Denn wenn der mit Schwung vom Tisch fiel, blieb er für die Krähe unerreichbar.

Krähen gehen gezielt vor – und lernen schnell

Doch schon nach kurzer Zeit lernten die Krähen, die Bewegungsabläufe und die Ergebnisse zu kontrollieren: "Die Krähen holten zunächst den Stab aus einer Halterung, justierten nach, bis sie den Stab in geradliniger Verlängerung des Schnabels hielten, und schoben damit das Pellet in Reichweite ihres Schnabels", erklärt der Erstautor der Studie, Dr. Felix Moll, in einer Presseerklärung

Aufzeichnungen der Bewegung der Stabspitze zeigen: Mit der Zeit setzen die Krähen ihr Werkzeug wesentlich präziser ein
Aufzeichnungen der Bewegung der Stabspitze zeigen: Mit der Zeit setzen die Krähen ihr Werkzeug wesentlich präziser ein
© Grafik: Felix Moll (bearbeitet)

"Dabei beobachteten sie ganz genau, wie sich die Bewegungen der Stabspitze auf das Pellet auswirkten, um mögliche Fehler sofort zu korrigieren." Wie kontrolliert die Tiere vorgingen, zeigt ein weiteres Detail: Sie fraßen das Futter nämlich erst, nachdem sie das nützliche Stäbchen in seine Halterung zurückgesteckt hatten.

"Um Werkzeuge zu nutzen, braucht es viele Faktoren", erklärt Molls Kollege und Co-Autor Professor Andreas Nieder: Erforderlich seien eine "Motivation, das konzeptionelle Wissen und große kognitive Fähigkeiten sowie die feinmotorische Kontrolle". All dies ermögliche den Rabenkrähen, aus einem breiten Bewegungsspektrum die effektiven Strategien auszuwählen und das Werkzeug als Verlängerung ihres Körpers einzusetzen.

Die Forschenden halten es für möglich, dass schon ein geringer Evolutionsdruck ausreicht, damit auch Rabenkrähen – ähnlich wie die dafür bekannten Neukaledonienkrähen – mit speziell angefertigtem Werkzeug zum Beispiel Käferlarven aus ihren Gängen im Totholz fischen.

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