Geschlechtliche Fortpflanzung ist eine der wichtigsten Triebfedern der Evolution - und entscheidet mit über den Erfolg einer Tierart. Ohne Sex wäre die Erfolgsgeschichte des Menschen undenkbar. Blattläuse dagegen ticken anders. Sie klonen sich selbst. Und gehören trotzdem zu den erfolgreichsten Insekten der Erde.
Bis zu zehn Nachkommen täglich gebiert jede weibliche Blattlaus durch Jungferngeburt (Parthenogenese). Nur einmal im Jahr bringen sie Männchen hervor, die sich normal mit den Weibchen paaren. Auf diese Weise pflanzt sich nur etwa jede 20. Generation geschlechtlich fort. Doch offenbar tut diese Enthaltsamkeit ihrer Anpassungsfähigkeit keinen Abbruch, wie der Biologe Atlant Bieri von der Universität Zürich im Magazin "Evolutionary Biology" berichtet.
Geklonte genetische Vielfalt
Im Versuch setzte Bieri Getreideblattläuse (Rhopalosiphum padi) auf eine besondere Gras-Art an. Rohr-Schwingel ist ein Süßgras, das mit einem giftigen Pilz kooperiert, um sich gegen Blattlaus-Attacken zu wappnen. Nun zeigten zwar viele der Versuchsläuse die erwartete Reaktion: Sie produzierten weniger Nachkommen und starben früher. Doch einige von ihnen kamen mit dem toxischen Pflanzensaft bestens zurecht. Da sich diese Individuen durch Klonen unverändert stark vermehrten, war schon bald wieder eine stattliche Population herangewachsen - ein Heer von Saftsaugern, dem die Pflanze mit ihrem ausgeklügelten Abwehrmechanismus nichts mehr entgegenzusetzen hatte.
Ihre erstaunliche Anpassungsfähigkeit macht Blattläuse zu den gefährlichsten Pflanzenschädlingen. Wenn sie Blätter anzapfen, können sie Viren übertragen, etwa den Gerstengelbverzwergungs-Virus. Geflügelte Varianten der Läuse sorgen für eine schnelle Verbreitung des Virus über große Flächen. Schwere Einbußen bei der Ernte sind die Folge.
