Guañape Norte ist eine besondere Insel. Sie hebt sich vor der Küste Perus aus dem Humboldtstrom. Ein karger Flecken Fels, keine Erde, kein Wasser. Nur Ödnis. Nichts wächst hier. Um ihre Ufer ist eine Sperrzone eingezeichnet, Anlanden und Fischen verboten. Zu den Eigenarten der Insel zählt, dass zehn Jahre lang nur ein einzelner Mensch auf ihr leben darf, im elften jedoch Hunderte Männer zugleich über ihre Hänge herfallen.
Keiner weiß, wann genau Menschen damit begannen, Guano auszubeuten. Die Archive der Gesellschaft, die den Abbau auf Guañape Norte betreibt, verzeichnen 1851 als erstes Jahr, aber auf manchen Inseln fand man Gerätschaften, die Archäologen Ahnen der Inka zuordneten. Sicher ist nur, Guano wurde ein großes Geschäft. Im 19. Jahrhundert galt er als strategischer Rohstoff, jeder gierte nach dem Dünger, der weltweit Ernteerträge vervielfachte.
So wichtig war, was Vögel schissen, dass die Vereinigten Staaten von Amerika ihre Bürger schon 1856 per Gesetz ermächtigt hatten, jedwede herrenlose Insel in Besitz zu nehmen, wenn sich nur Guano darauf fand. Investoren brachten Kapital und genug chinesische Kulis nach Peru, um stattliche Renditen sicherzustellen. Und Guano wurde ein Grund für Krieg. 1864 besetzten spanische Truppen die peruanischen Chincha-Inseln, der Krieg dauerte zwei Jahre. Erst als man Anfang des 20. Jahrhunderts lernte, Stickstoffdünger synthetisch herzustellen, verlor Guano seinen strategischen Wert. Guañape Norte brachten die Jahre der Bonanza eine Schmalspurbahn, deren Bohlen die Männer bis heute als Feuerholz schätzen.