Anzeige
Anzeige

Moral International Darf man seinen Kindern eine Schönheitsoperation zum Abitur schenken?

In Südkorea bezahlen manche Eltern ihren Kindern zum Abitur eine Schönheits-OP. Die Soziologin Joanna Elfving-Hwang mag aber deshalb keine Moralkeule schwingen
Moral International: In einer U-Bahn-Sation in Seoul werben etliche Plakate für Schönheitsoperationen
In einer U-Bahn-Sation in Seoul werben etliche Plakate für Schönheitsoperationen
© Bloomberg via Getty Images

"Aus westlicher Perspektive mag es unmoralisch erscheinen – aber für viele südkoreanische Eltern ist so ein Eingriff eine legitime Form, in ihren Nachwuchs zu investieren. Und das machen Eltern schließlich überall auf der Welt.

Südkorea hat eine wettbewerbsorientierte Gesellschaft. Eltern sehen es als ihre Pflicht an, Kindern die besten Voraussetzungen dafür zu geben. Dazu kann auch eine Operation gehören, wenn sie meinen, ihr Kind werde es damit leichter haben, im Beruf oder bei der Partnersuche.

Vergleichbar mit dem Stechen eines Ohrlochs

Bei der Frage nach der Moral kommt es auch auf die Dimension des Eingriffs an: Die beliebte Augenlidoperation, die das Auge größer wirken lässt, wird ambulant durchgeführt und ist risikoarm. Man kann sie als Initiationsritus verstehen, vergleichbar mit dem Stechen eines Ohrlochs.

In Südkorea ist zudem die äußere Erscheinung keine rein persönliche Sache. Jeder repräsentiert auch die Gemeinschaft und die Familie. Indem du das Beste aus dir machst, zollst du auch deiner Gruppe Respekt. Es geht nicht nur um Eitelkeit.

Problematisch wird es, wenn junge Menschen dazu verleitet werden, für die Schönheit große Risiken einzugehen – egal, wo. Schuld ist dann aber eine Schönheitsindustrie, die die Risiken herunterspielt.

Größere Eingriffe sind riskanter, etwa die in Südkorea populäre Verschlankung des Unterkiefers. Das darf aber ohnehin nur bei Volljährigen gemacht werden.

Ein plastischer Eingriff wird nicht als Verrat am Selbst gesehen

Die Bedeutung des Aussehens in Südkorea dürfte auf den Neo-Konfuzianismus zurückgehen, eine Lehre, die ab dem 14. Jahrhundert einflussreich war. Dazu gehört die Idee, dass sich ein ordentlicher Geist in einem ordentlichen Körper ausdrückt. Da sehe ich kulturelle Kontinuität.

Zudem gibt es in Südkorea kein Ideal vom „authentischen Körper“. Ein plastischer Eingriff wird nicht als Verrat am Selbst gesehen, wie das im Westen oft der Fall ist. Wenn Europäer eine Schönheitsoperation durchführen lassen, neigen sie dazu, sich zu rechtfertigen. Südkoreaner brauchen das nicht. Die Gesellschaft verurteilt sie nicht, wenn sie sich unters Messer legen."

Protokoll: Alexander Krex

Weitere Beiträge aus der Serie "Moral International"

GEO Nr. 11/15 - Mission Mars - Eine Reise an die Grenzen des Möglichen

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel