Seit 1815 existiert auf dem Territorium des späteren Deutschen Reichs und Österreichs der Deutsche Bund, eine Konföderation von anfangs 34 souveränen Fürstentümern, darunter dem Königreich Bayern, sowie vier Freien Städten.
Das zentrale gemeinsame Organ der Bundesmitglieder, der Bundestag in Frankfurt am Main, ist kein gewähltes Parlament, sondern ein von den Fürsten der Einzelstaaten beschickter Gesandtenkongress, der die gemeinsamen Angelegenheiten regeln soll; seine Beschlüsse sind für die Einzelstaaten bindend.
Die bedeutendste Macht innerhalb des Deutschen Bundes ist Österreich, dessen Vertreter auch den Vorsitz im Bundestag führt.
1862
23. September.
Berlin: Da das preußische Abgeordnetenhaus eine von König Wilhelm I. gewünschte Erhöhung des Militäretats ablehnt, trägt sich der Monarch mit Rücktrittsgedanken. Doch dann beschließt er, Otto von Bismarck zum Ministerpräsidenten zu ernennen: einen politisch hochbegabten, skrupellosen, erzkonservativen Junker.
Bismarck, den wohl vor allem seine Durchsetzungskraft und sein kompromissloser Monarchismus für die ihm anvertraute Aufgabe geeignet machen, verspricht dem König, auch ohne Zustimmung des Parlaments zu regieren.
Fortan führt er die Amtsgeschäfte ohne einen von den Abgeordneten bewilligten Staatshaushalt.
1863
23. Mai.
Leipzig: Ferdinand Lassalle gründet den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein, die erste deutsche Arbeiterpartei. Zentrale Forderungen Lassalles sind ein Lohn, der nicht nur das Existenzminimum abdeckt, sowie die Einführung des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts.
Im Laufe des Jahres führt der Politiker mehrere geheime Gespräche mit Bismarck. Der erhofft sich von Lassalles Partei politische Unterstützung im Kampf gegen die liberalen Politiker, die nach wie vor das preußische Abgeordnetenhaus dominieren.
Die Lohnarbeiter in der Industrie, deren Anteil an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen seit Jahren wächst, organisieren sich zunehmend in Arbeitervereinen und Gewerkschaften.
1864
Deutsch-Dänischer Krieg: Als Dänemark das Herzogtum Schleswig in sein Reich integrieren will, kommt es im Februar 1864 zum Krieg mit dem Deutschen Bund. Preußische und österreichische Soldaten besetzen Schleswig und können bei der Schlacht an den Düppeler Schanzen am 18. April die Entscheidung für die deutschen Staaten erzwingen. Nach dem Wiener Friedensvertrag werden die Herzogtümer Schleswig und Holstein fortan gemeinsam von Preußen und Österreich verwaltet.
1866
Die gemeinsame Verwaltung der zuvor erstrittenen Herzogtümer durch Preußen und Österreich scheitert, der Konflikt eskaliert im Sommer zum Krieg. Preußen erklärt den Deutschen Bund für aufgelöst und schlägt Österreich mitsamt seiner Koalition deutscher Mittelstaaten am 3. Juli bei Königgrätz. Damit ist der Weg frei für die von Bismarck favorisierte "kleindeutsche Lösung": die Einigung Deutschlands ohne Österreich.
Der Gebietsgewinn für König Wilhelm I. ist gewaltig: Zusätzlich zu Schleswig und Holstein, die nun allein Preußen unterstehen, annektiert er das Königreich Hannover, das Kurfürstentum Hessen, das Herzogtum Nassau und die bis dahin Freie Stadt Frankfurt am Main.
18. August.
Anstelle des aufgelösten Deutschen Bundes entsteht auf Initiative Preußens der Norddeutsche Bund, dem erst 18, dann 22 nördlich des Mains gelegene Länder mit etwa 30 Millionen Einwohnern angehören (und jetzt auch – anders als im Deutschen Bund – die östlichsten Provinzen der Hohenzollern- Monarchie). Da der preußische Staat vier Fünftel des Bundesgebietes umfasst, ist seine Vormachtstellung innerhalb des neuen Staatengebildes unumstritten.
Aus Rücksicht auf Frankreich, das nach dem preußischen Sieg über Österreich die Entstehung eines starken deutschen Nationalstaats fürchtet, bezieht Bismarck die süddeutschen Länder (Bayern, Württemberg, das Großherzogtum Hessen, Baden) nicht in den Staatenbund mit ein. Er schließt aber geheime "Schutz- und Trutzbündnisse" mit den Einzelstaaten, die sie verpflichten, im Verteidigungsfall unter preußischer Führung in den Krieg zu ziehen.
1867
März.
Der französische Kaiser Napoleon III. versucht, den preußischen Machtzuwachs zu kompensieren und einigt sich mit dem König der Niederlande über den Erwerb des von diesem in Personalunion regierten Großherzogtums Luxemburg. Da Luxemburg jedoch bis 1866 zum Deutschen Bund gehört hat, rebelliert die nationalistisch gesinnte Öffentlichkeit in Deutschland gegen den Kaufvertrag. Angesichts der Gefahr eines Krieges mit Preußen muss Napoleon auf den Kauf verzichten. Eine internationale Konferenz schreibt die Neutralität Luxemburgs fest. Diese diplomatische Niederlage verschärft die Spannungen zwischen Preußen und Frankreich.
1. Juli.
Die von Bismarck mitgestaltete Verfassung des Norddeutschen Bundes tritt in Kraft. Sie sieht für den Staatenbund einen nach allgemeinem, gleichem und direktem Männerwahlrecht gewählten Reichstag vor. Die eigentliche Macht liegt jedoch bei Wilhelm I. und bei Bismarck, der fortan auch als "Bundeskanzler" agiert.
1870
Deutsch-Französischer Krieg: Nach einem Streit um die spanische Erbfolge fordert Frankreich vom preußischen König, eine weitere Kandidatur eines Hohenzollern nicht zu unterstützen.
Die Absage Wilhelms I. wird von Bismarck absichtlich derart verkürzt dargestellt, dass sie Frankreich beleidigt ("Emser Depesche"). Frankreich erklärt Preußen am 19. Juli den Krieg. Nun werden die zuvor von Preußen mit den süddeutschen Staaten Bayern, Württemberg, Baden und Hessen abgeschlossenen Bündnisse aktiviert; gemeinsam mit Preußen und den übrigen Staaten des Norddeutschen Bundes ziehen sie gegen Paris. Auf dem Schlachtfeld ist Deutschland nun vereint – unter Führung Preußens und ohne Österreich.
In der Schlacht bei Sedan erringen die deutschen Armeen Anfang September einen entscheidenden Sieg über die Franzosen, deren Kaiser Napoleon III. gefangen genommen wird. Anschließend belagern die deutschen Truppen Paris.
1871
18. Januar.
Noch während der Belagerung von Paris wird im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles Preußens König Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser ausgerufen.
Der Hohenzoller steht nun an der Spitze eines gesamtdeutschen Reiches, das aus 22 von Fürsten regierten Staaten und drei Freien Städten, etwa Hamburg, besteht. Formal ist der neue Nationalstaat bereits durch das Inkrafttreten einer Reihe von Verträgen entstanden, die Bismarck im November mit den süddeutschen Staaten abgeschlossen hat, doch wird der Tag der Kaiserproklamation in den Augen der Deutschen zum eigentlichen Gründungstag.
21. März.
In Berlin tritt erstmals das Parlament des neu gegründeten Deutschen Reiches zusammen: der knapp drei Wochen zuvor gewählte Reichstag.
Stärkste Kraft in der Volksvertretung ist die mit Bismarck kooperierende Nationalliberale Partei, die zweitgrößte Fraktion stellt mit 63 Abgeordneten das katholische Zentrum. Am selben Tag ernennt Wilhelm I. Bismarck zum Reichskanzler.
14. April.
Mit großer Mehrheit verabschiedet der Reichstag die Verfassung für das Deutsche Reich, bei der es sich um eine modifizierte Version der Verfassung des Norddeutschen Bundes handelt. Zwei Tage später unterzeichnet Kaiser Wilhelm I. die Konstitution, die rückwirkend zum 1. Januar in Kraft tritt.
Die neue Verfassung überträgt unter anderem auch die rechtliche Gleichstellung der Juden, wie sie bereits in den Staaten des Norddeutschen Bundes gegolten hat, auf das gesamte Reichsgebiet. Doch in der Praxis bleiben Diskriminierungen weiterhin üblich. Zudem bilden sich vielfach Vereinigungen und politische Parteien mit judenfeindlichen, teilweise rassistisch motivierten Programmen. In Deutschland bleiben Juden hohe Positionen in Militär, Verwaltung und Justiz de facto weiterhin verwehrt.
10. Mai.
In Frankfurt schließen Bismarck und Vertreter der mittlerweile ausgerufenen Französischen Republik einen Friedensvertrag: Frankreich muss das Elsass und Teile Lothringens an Deutschland abtreten. Diese Annexion wird in Frankreich mit Empörung aufgenommen. Das deutsch-französische Verhältnis ist damit von Beginn der Nachkriegszeit an schwer belastet. Neben den französischen Gebietsabtretungen sieht der Vertrag auch Reparationen in Höhe von fünf Milliarden Francs vor – weitaus mehr, als der Krieg die Deutschen gekostet hat.
Der Zuwachs an Liquidität, der dem Reich durch die französischen Zahlungen entsteht, verstärkt einen seit mehreren Jahren anhaltenden ökonomischen Aufschwung. Die ersten zwei Jahre des Kaiserreichs sind geprägt von einem Wirtschaftsboom mit unzähligen Firmengründungen und intensiver Börsenspekulation.
14. Dezember.
"Kulturkampf": Geistlichen ist es fortan gesetzlich verboten, in ihren Predigten staatliche Angelegenheiten zu kritisieren. Dieser "Kanzelparagraf" ist das erste von mehreren Gesetzen, mit denen Bismarck im Verlauf der 1870er Jahre den Einfluss der katholischen Kirche und des Zentrums zu verringern sucht.
Doch anders als vom ihm erwartet, stärken die Zwangsmaßnahmen den Zusammenhalt unter den Katholiken, was sich in mehreren Wahlerfolgen der Zentrumspartei niederschlägt. Ab 1878 rückt Bismarck daher von seiner katholikenfeindlichen Politik ab. Bis 1887 werden viele Gesetze zurückgenommen.
1873
9. Juli.
Kaiser Wilhelm I. unterzeichnet ein Gesetz, das die bis dahin geltenden sieben Münzsysteme durch eine einheitliche Währung ersetzt: die Mark.
10. Oktober.
Die Berliner Quistorp'sche Vereinsbank erklärt ihre Zahlungsunfähigkeit. Der Konkurs des Unternehmens, das während der "Gründerzeit" – der Aufschwungphase der vorangegangenen Jahre – zahlreiche Neugründungen mitfinanziert hat, löst etliche Firmenpleiten und den Verfall der Aktienkurse an der Berliner Börse aus. Dieser "Gründerkrach" leitet eine Zeit der Rezession ein, von der sich die deutsche Wirtschaft erst ab 1880 erholt.
22. Oktober.
Wilhelm I. tritt einer Übereinkunft bei, die Zar Alexander II. und der österreichische Kaiser Franz Joseph wenige Monate zuvor geschlossen haben. In dem "Dreikaiserabkommen" erklären die Monarchen ihre Absicht, zur Sicherung des Friedens in Europa zusammenzuarbeiten. Die Absprache markiert den Beginn der Bismarckschen Bündnispolitik, mit deren Hilfe der Kanzler dem Deutschen Reich eine gesicherte Stellung im europäischen Mächtesystem verschaffen will. Von besonderer Bedeutung sind für Bismarck dabei die außenpolitische Isolierung Frankreichs und das Einvernehmen mit Russland und Österreich-Ungarn.
1875
22. bis 27. Mai.
Die 1869 von August Bebel und Wilhelm Liebknecht gegründete Sozialdemokratische Arbeiterpartei vereinigt sich in Gotha mit dem an den Lehren Lassalles orientierten Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands. Die Deputierten des Vereinigungskongresses vertreten gut 24.000 Mitglieder. Bei der Reichstagswahl 1877 kann die neue Partei 9,1 Prozent der Stimmen erringen. 1890 wird die SAP umbenannt in Sozialdemokratische Partei Deutschlands.
1876
9. Mai.
Der in Köln lebende Konstrukteur Nikolaus August Otto erfindet den Viertakt- Verbrennungsmotor. Der ist vergleichsweise leicht und sparsam und macht den Bau von Automobilen erst möglich.
1878
19. Oktober.
Der Reichstag beschließt ein von Bismarck vorgelegtes Gesetz, das alle Vereine, Versammlungen und Druckschriften verbietet, "welche durch sozialdemokratische, sozialistische oder kommunistische Bestrebungen den Umsturz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung bezwecken".
Neben den zahlreichen Gewerkschaften und Arbeitervereinen des Landes wird damit auch die SAP in die Illegalität gezwungen. Als Einzelpersonen können sich sozialdemokratische Politiker aber in die Parlamente wählen lassen. Das anfangs auf zweieinhalb Jahre ausgelegte Gesetz wird im Laufe des folgenden Jahrzehnts dreimal verlängert.
1879
31. Mai.
Der Ingenieur Werner Siemens führt die erste Elektrolokomotive vor. Die neue Technik verbreitet sich rasch: 1881 verkehrt in Berlin die erste elektrische Straßenbahn.
1882
20. Mai.
Der Mediziner Robert Koch gibt die Entdeckung des Tuberkelbazillus bekannt und beweist so die Existenz bakterieller Krankheitserreger.
6. Dezember.
Persönlichkeiten vor allem aus Politik, Industrie und Handel gründen den Deutschen Kolonialverein. Diese Vereinigung ist Teil einer immer stärker werdenden Bewegung in Deutschland, die für den Erwerb von Überseebesitzungen eintritt. Bismarck hingegen lehnt eine deutsche Kolonialpolitik ab, da er keinen Konflikt mit den Überseemächten Großbritannien und Frankreich riskieren will.
1883
5. März.
Der Maschinenbauingenieur Emil Rathenau gründet die Deutsche Edison Gesellschaft für angewandte Elektrizität AG, Vorgängerfirma der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft.
15. Juni.
Reichskanzler Bismarck führt die gesetzliche Krankenversicherung für Arbeiter ein – die erste obligatorische Sozialversicherung auf gesamtstaatlicher Ebene weltweit. In den folgenden Jahren kommen zwei weitere Versicherungen hinzu: 1884 eine Absicherung gegen Unfallfolgen, fünf Jahre später die gesetzliche Rentenversicherung. Mit dieser Sozialgesetzgebung will der Reichskanzler die Lebensbedingungen der Arbeiter verbessern und sie so davon abhalten, sich der von ihm bekämpften Sozialdemokratie anzuschließen.
Doch Bismarcks Plan misslingt: Trotz dieser Kombination von politischer Unterdrückung und sozialer Reform können die sozialdemokratischen Kandidaten bei den Reichstagswahlen 1890 fast 20 Prozent der Stimmen erringen – mehr als jede andere Partei.
1884
24. April.
In einem Telegramm an den deutschen Konsul in Kapstadt erklärt Otto von Bismarck, dass ein Gebiet an der Westküste des südlichen Afrikas (im heutigen Namibia) unter dem Schutz des Deutschen Reiches stehe. Das etwa 50.000 Quadratkilometer große Territorium ist im Jahr zuvor von dem Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz erworben worden. Deutschland ist nun Kolonialmacht. In rascher Folge werden weitere Territorien in Afrika und im Pazifik zu "Schutzgebieten" des Deutschen Reiches.
1885/86
Unabhängig voneinander bauen die Konstrukteure Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach in Stuttgart sowie Carl Benz in Mannheim benzingetriebene Kraftfahrzeuge: die ersten Automobile. Beide Werkstätten haben hierfür leichte Viertaktmotoren nach dem Otto-Prinzip entwickelt.
Während Daimler und Maybach ihre Motoren zunächst in ein hölzernes Zweirad und eine nur wenig modifizierte Kutsche einbauen, fertigt Benz ein neu konstruiertes Dreirad, für das er auch Fahrradteile verwendet.
1888
9. März.
Wilhelm I. stirbt mit 90 Jahren. Ihm folgt sein Sohn Friedrich Wilhelm als Kaiser Friedrich III. nach. Doch der neue Herrscher ist an Kehlkopfkrebs erkrankt. Nach nur 99 Tagen an der Macht erliegt der 56-Jährige dem Leiden. Am 15. Juni wird sein Sohn Wilhelm als Wilhelm II. Deutscher Kaiser. Anders als sein Großvater, der die Führung der Staatsgeschäfte meist Bismarck überlassen hatte, will der erst 29-jährige Monarch persönlich regieren. In den folgenden zwei Jahren häufen sich die Konflikte zwischen Kaiser und Kanzler.
In der nun beginnenden Phase treten die ambivalenten Charakterzüge des deutschen Nationalstaats noch stärker hervor: Einerseits erlebt das Land ein rasantes wirtschaftliches Wachstum; technische Modernisierung und Erfolge in den Wissenschaften verändern das Leben und Denken. Doch zugleich wird das Kaiserreich dominiert von den militärisch-adeligen Eliten, ist es gekennzeichnet durch einen ausgeprägten kulturellen und politischen Konservativismus.
1889
3. Mai.
Bergleute im Ruhrgebiet beginnen den bis dahin größten deutschen Streik. Sie fordern unter anderem Lohnerhöhungen und die Achtstundenschicht. Bald greift der Ausstand auch auf andere deutsche Steinkohle-Reviere über, sodass zeitweilig 140.000 Bergleute die Arbeit verweigern. Anfang Juni enden die Streiks, ohne dass die Bergleute eine bedeutende Verbesserung ihrer Situation erringen konnten.
Während der Arbeitskämpfe kommt es zwischen Bismarck und Wilhelm II. zu Meinungsverschiedenheiten: Anders als der Kaiser, der um eine schnelle Beendigung des Streiks bemüht ist und die Arbeitgeber zu Zugeständnissen auffordert, will Bismarck nicht eingreifen. Sein Kalkül: Der Streik soll die Revolutionsangst im Bürgertum schüren und es so für seine antisozialdemokratische Politik einnehmen.
1890
24. Januar.
Während einer Sitzung im Berliner Schloss kommt es zum offenen Streit zwischen Wilhelm II. und Bismarck über das Sozialistengesetz.
20. März.
Wilhelm II. entlässt Bismarck als Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten und ernennt General Georg Leo von Caprivi zum Nachfolger.
1. Juli.
In einem Vertrag grenzen Großbritannien und das Deutsche Reich ihre Interessen im kolonialen Afrika voneinander ab. Deutschland verzichtet auf territoriale Ansprüche vor allem in Ostafrika, etwa auf die Insel Sansibar. Zum Ausgleich erhält das Kaiserreich unter anderem die bis dahin unter britischer Herrschaft stehende Nordseeinsel Helgoland.
1891
Sommer.
Der Berliner Ingenieur Otto von Lilienthal absolviert seinen ersten erfolgreichen Flugversuch. In einem von ihm konstruierten Segler mit einer Spannweite von sieben Metern – dem ersten manntragenden Flugzeug der Welt – gleitet Lilienthal 15 Meter weit.
1892
4. April.
Gegen die offizielle Hof- und Akademiekunst bilden Avantgardekünstler in München eine "Secession". Sechs Jahre später entsteht auch in Berlin eine solche Gruppe, 1905 wird in Dresden "Die Brücke" gegründet: alles Vereinigungen, die sich als Protestbewegung gegen die Konventionen der akademischen Kunst verstehen.
Ihre Mitglieder entwickeln eine freie, oft impulsive Malerei mit kräftigen Farben und subjektivem Ausdruck – und begründen damit in Deutschland jenen Kunststil, der später unter dem Namen "Expressionismus" bekannt wird.
16. August bis 12. November.
Cholera-Epidemie in Hamburg; 8605 Menschen sterben. Hauptursache für die letzte große Seuche des Jahrhunderts in Europa ist verschmutztes Trinkwasser.
1893
18. Februar.
Gründung des Bundes der Landwirte, einer reaktionären und antisemitischen Interessenvertretung der Landwirtschaft.
26. März.
Bildung des "Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens". Die größte jüdische Interessenvertretung in Deutschland kämpft gegen Antisemitismus und für die Gleichberechtigung von Juden.
1894
28./29. März.
Gründung des "Bundes Deutscher Frauenvereine". Der Dachverband wird Mittelpunkt der bürgerlichen Frauenbewegung, die unter anderem durch Louise Otto-Peters, Gertrud Bäumer und Helene Lange geprägt ist. In Abgrenzung dazu entwickelt sich, vor allem um Clara Zetkin, eine proletarische Frauenbewegung.
1. Juli.
Der an diesem Tag von Bildungsbürgern gegründete Alldeutsche Verband propagiert ein Großreich aller Deutschen und ein deutsches Kolonialimperium. Die rassistisch motivierten Expansionsforderungen nehmen die "Lebensraum"-Ideologie der Nationalsozialisten vorweg.
1895
21. Juni.
Wilhelm II. eröffnet den Kaiser-Wilhelm-Kanal quer durch Schleswig-Holstein.
8. November.
Bei einem Experiment im Physikalischen Institut der Universität Würzburg entdeckt Wilhelm Conrad Röntgen die "X-Strahlen". Die durchdringen manche für das menschliche Auge undurchsichtige Gewebe wie Haut oder Muskeln, andere feste Substanzen dagegen nicht – etwa Knochen. Damit revolutioniert Röntgen die medizinische Diagnostik und erhält 1901 den ersten Nobelpreis für Physik.
1896
Januar.
Gründung der Wochenzeitschrift "Jugend", die maßgeblich wird für die künstlerische Reformbewegung "Jugendstil".
1897
17. Februar.
Nach vier Jahren Entwicklungszeit präsentiert Rudolf Diesel den ersten praxistauglichen Dieselmotor, der einerseits mit preiswerteren Ölen betrieben wird als ein Benzinmotor, andererseits doppelt so viel Leistung bringt.
14. November.
Das Deutsche Reich nimmt die Ermordung von zwei deutschen Missionaren in der chinesischen Provinz Schantung zum Anlass, um die Bucht von Kiautschou südöstlich von Beijing zu besetzen. Ein Jahr später pachtet das Reich die Provinz und errichtet die Kolonialstadt Tsingtau.
6. Dezember.
Bernhard von Bülow, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, fordert die deutsche Expansion in Übersee: "Wir verlangen auch unseren Platz an der Sonne."
1898
Die polnische Sozialistin Rosa Luxemburg, durch Scheinehe deutsche Staatsbürgerin, kommt nach Berlin, engagiert sich in der SPD für Klassenkampf und Revolution und wird mehrmals verhaftet. Um sie und Karl Liebknecht formiert sich während des Ersten Weltkriegs der radikal linke Spartakusbund innerhalb der SPD.
28. März.
Der Reichstag billigt die erste Flottenvorlage von Alfred Tirpitz, dem Staatssekretär im Reichsmarineamt. Der Bau von Kriegsschiffen richtet sich gegen Großbritannien und soll von innenpolitischen Problemen – soziale Schieflage, Erstarken der Sozialdemokraten – ablenken. Bejubelt wird das Programm vom Flottenverein, dem mitgliederstärksten nationalistischen Agitationsverband des Kaiserreichs.
30. Juli. Otto von Bismarck erliegt im Alter von 83 Jahren einer Erkrankung.
1899
Das Deutsche Reich kauft im Laufe des Jahres für umgerechnet fast 17 Millionen Mark die Inselgruppen der Marianen und Karolinen von Spanien und einigt sich mit den USA und Großbritannien über die Aufteilung Samoas. Die Gebiete im Südpazifik sind die letzten kolonialen Erwerbungen des Kaiserreichs.
1900
1. Januar.
Das Bürgerliche Gesetzbuch tritt in Kraft. Es vereinheitlicht die bis dahin noch unterschiedlichen Rechtsordnungen der einzelnen Staaten des Deutschen Reichs und verankert zudem die Prinzipien der individuellen Freiheit und der Gleichberechtigung aller Bürger im deutschen Rechtssystem. In wesentlichen Teilen ist es bis heute gültig.
14. Februar.
Max Planck erläutert der Physikalischen Gesellschaft Berlin sein "Strahlungsgesetz". Er begründet damit die Quantentheorie und erhält 1918 dafür den Nobelpreis.
2. Juli.
Ferdinand Graf von Zeppelin geht über Friedrichshafen am Bodensee mit einem selbst konstruierten Luftschiff auf Jungfernfahrt. Im Gegensatz zum Ballon besitzt es ein starres Aluminiumgerippe und ist lenkbar.
27. Juli.
Kaiser Wilhelm II. ruft in einer Rede zum rücksichtslosen Rachefeldzug gegen eine Rebellion chinesischer Nationalisten auf, die sich vor allem gegen zum Christentum konvertierte Chinesen und Europäer richtet. Unter der Leitung des deutschen Generalfeldmarschalls Alfred von Waldersee soll eine internationale Truppe den "Boxeraufstand" in China niederschlagen.
17. Oktober.
Bernhard von Bülow wird Reichskanzler. In Baden werden Frauen zum Universitätsstudium zugelassen (in Preußen erst 1908).
1901
26. Februar.
Thomas Manns Roman "Buddenbrooks" über den Niedergang einer Lübecker Kaufmannsfamilie erscheint.
10. Dezember.
Emil von Behring erhält für die Entwicklung der Serum-Therapie den ersten Nobelpreis für Medizin. Mit neuartigen Arzneien – sogenannten Seren, die auf körpereigenen Abwehrstoffen basieren – sind dem Mediziner in den 1890er Jahren rasche Erfolge bei der Heilung von Diphterie gelungen.
1902
18. Februar.
Einweihung der ersten elektrischen U-Bahn-Strecke in Berlin.
10. Dezember.
Der deutsche Historiker Theodor Mommsen wird für seine Abhandlung über die römische Geschichte mit dem Nobelpreis für Literatur gewürdigt.
1903
18. August.
Der Erfinder Karl Jatho macht bei Hannover einen 18 Meter weiten Luftsprung mit einem Motorflugzeug – vier Monate vor den amerikanischen Gebrüdern Wright.
1904
8. April.
Großbritannien und Frankreich schließen nach der Beilegung ihrer kolonialen Streitigkeiten die "Entente Cordiale".
11. August.
Schlacht am Waterberg: In Deutsch-Südwestafrika beginnen deutsche Truppen einen Aufstand der Herero brutal niederzuschlagen.
1905
30. Juni. Albert Einstein veröffentlicht seine Spezielle Relativitätstheorie, in der vor allem der Zeitbegriff relativiert wird – eine Erweiterung der klassischen Physik.
Dezember.
Der deutsche Generalstabschef Alfred Graf von Schlieffen legt einen geheimen Aufmarschplan für den Fall eines Zweifrontenkrieges gegen Frankreich und Russland vor, der eine Invasion Belgiens und somit den Bruch der Neutralität des Landes vorsieht. Nur wenig abgewandelt, wird der "Schlieffenplan" die deutsche Strategie zu Beginn des Ersten Weltkriegs bestimmen.
1906
10. Februar. Stapellauf des britischen Schlachtschiffes "Dreadnought": Beginn des offenen Flotten-Wettrüstens zwischen Deutschland und Großbritannien.
1907
25. Januar. Die Ablehnung der Kolonialpolitik des Reichskanzlers Bülow durch das Zentrum und die SPD hat Bülow am 13. Dezember 1906 veranlasst, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen. Nach einem von nationalistischen Parolen geprägten Wahlkampf bildet der "Bülow-Block" aus Konservativen und Liberalen das neue Regierungslager.
31. August. Nach russisch-britischer Verständigung über die Interessen im Nahen und Mittleren Osten bilden Frankreich, Großbritannien und Russland die "Triple Entente". Das Deutsche Reich ist nun, bis auf seinen einzig verlässlichen Bündnispartner Österreich-Ungarn, international isoliert.
1908
19. April. Neues Vereinsgesetz: Auch Frauen dürfen nun in politischen Vereinigungen aktiv werden.
13. Oktober. Der deutsche Chemiker Fritz Haber erhält ein Patent für die synthetische Herstellung von Ammoniak. Dieser Stoff ist Grundbestandteil bei der Produktion von Kunstdünger. Carl Bosch entwickelt bis 1913 Habers Verfahren weiter, sodass es industriell eingesetzt werden kann.
Das im Haber-Bosch-Verfahren gewonnene Ammoniak wird jedoch nicht nur zur Düngerproduktion verwendet, sondern im Ersten Weltkrieg auch zur Herstellung von Sprengstoff.
1908/09
"Bosnien-Krise": Angesichts eines neuen bürgerlich-nationalistischen Regimes in der Türkei annektiert Österreich-Ungarn zur Wahrung seiner Interessen auf dem Balkan die nominell türkischen Provinzen Bosnien und Herzegowina. Berlin stellt sich hinter Wien. Russland droht mit militärischen Gegenmaßnahmen, erkennt aber die Annexion schließlich an.
1909
22. Januar.
In München schließen sich unter dem Vorsitz des Russen Wassily Kandinsky mehrere Maler zur "Neuen Künstlervereinigung München" zusammen. Ziel der Gruppe ist es, eine Kunst zu schaffen, die "nur das Notwendige stark zum Ausdruck" bringt. Ihre Malerei soll nicht nur das Sichtbare, sondern auch das Empfundene darstellen.
14. Juli.
Theobald von Bethmann Hollweg wird Reichskanzler und bemüht sich um einen ausgleichenden Kurs in der Außenpolitik.
16. November. In Frankfurt am Main wird die erste Fluggesellschaft der Welt gegründet. Die Deutsche Luftschiffahrts-Aktiengesellschaft transportiert in ihren sieben Luftschiffen bis 1914 über 34.000 Menschen in mehr als 1500 Flügen.
1910
Frühjahr. Die Arbeiten von 27 Künstlern – vor allem Expressionisten – werden von der Jury der "Berliner Secession" für deren Jahresausstellung abgelehnt. Die Secession hat als Künstlervereinigung in den Jahren zuvor dem Impressionismus und Postimpressionismus zur allgemeinen Anerkennung in Deutschland verholfen. Die neue expressionistische Richtung jedoch lehnt sie rigoros ab.
Die Zurückgewiesenen gründen daraufhin die "Neue Secession", um ein unvoreingenommenes Ausstellungsforum für ihre Kunst zu schaffen. Auch die "Brücke"-Künstler schließen sich zunächst der Vereinigung an.
3. März.
In Berlin gründet Herwarth Walden die Wochenzeitschrift "Der Sturm". Das Magazin wird zur Bühne der Avantgarde, vor allem des literarischen und künstlerischen Expressionismus.
6. März. Mehrere linksliberale Parteien des Deutschen Reichs schließen sich zusammen zur Fortschrittlichen Volkspartei. Nachdem die Liberalen unter anderem durch mangelnde Einigkeit im Kaiserreich deutlich an Einfluss verloren haben, zeigen sich bei den Reichstagswahlen zwei Jahre später bereits erste Erfolge: Die neue Partei wird zur fünftstärksten Kraft im Parlament.
1911
11. Januar. In Berlin wird die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften gegründet. Die neue Institution soll dazu beitragen, den Forschern des Kaiserreichs den internationalen Spitzenplatz in Naturwissenschaft und Technik zu erhalten, den sie mit immer neuen bahnbrechenden Entdeckungen und Erfindungen erlangt haben.
1. Juli. Das deutsche Kanonenboot "Panther" ankert vor dem marokkanischen Agadir. Die bewusste Drohgebärde des Kaisers gegen die dortige Kolonialmacht Frankreich löst eine außenpolitische Krise aus.
1912
12. Januar. Bei der Reichstagswahl wird die SPD mit 34,8 Prozent der Stimmen stärkste Partei.
8. bis 11. Februar.
Großbritanniens Kriegsminister Lord Richard Haldane verhandelt in Berlin über die Begrenzung der Flottenrüstung auf beiden Seiten. Deutschland hofft auf britische Neutralität in Europa. Doch London erklärt die Zugeständnisse Berlins für unzureichend.
8. Oktober.
Serbien, Bulgarien, Griechenland und Montenegro ("Balkanbund") erklären der Türkei den Krieg und erreichen durch ihren Sieg den Zusammenbruch der osmanischen Herrschaft auf dem Balkan ("Erster Balkankrieg").
1913
29. Juni. Streit über die Beute aus dem "Ersten Balkankrieg" führt zum Krieg Bulgariens gegen Serbien und Griechenland, an deren Seite die Türkei und Rumänien treten. Vor allem Serbien geht gestärkt aus dem "Zweiten Balkankrieg" hervor. Der Balkan gilt weiterhin als Pulverfass. In Europa eskaliert das Wettrüsten.
November/ Dezember. "Zabern-Affäre": Ein preußischer Leutnant beleidigt in der Garnisonsstadt Zabern elsässische Rekruten und Zivilisten. Die empörte Bevölkerung demonstriert gegen Preußen. Daraufhin verhaften Militärs willkürlich Zivilisten – ein Rechtsbruch, denn dies ist Polizeiaufgabe. Kaiser und Armeeführer weigern sich, gegen die beteiligten Offiziere vorzugehen. Kritische Reichstagsabgeordnete erregen sich über die militärische Willkür. Der Vorfall kennzeichnet das ungleiche Verhältnis von militärischer und ziviler Macht im Reich.
1914
28. Juni. Der bosnisch-serbische Student Gavrilo Princip erschießt in Sarajevo den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand und dessen Frau Sophie. Die politischen Ziele des Attentäters sind die Beendigung der Wiener Herrschaft über Bosnien und die Herzegowina sowie die Vereinigung aller Südslawen unter serbischer Führung. Österreich macht Serbien für den Mord verantwortlich.
4.– 6. Juli. Alexander Graf von Hoyos, Kabinettschef im k. u. k. Außenministerium, sondiert die Haltung Wilhelms II. zu einem Krieg der Donaumonarchie gegen Serbien. Der Kaiser garantiert dem Bündnispartner Österreich-Ungarn rückhaltlose Unterstützung ("Blankoscheck").
23.–25. Juli.
Österreich-Ungarn stellt Serbien ein auf 48 Stunden befristetes, praktisch unannehmbares Ultimatum. Obwohl Belgrad dennoch fast alle Forderungen akzeptiert, bricht Wien die diplomatischen Beziehungen ab.
25. Juli.
Russlands Zar Nikolaus II. spricht sich vor seinem Generalstab für die Unterstützung Serbiens aus.
28. Juli.
Österreich-Ungarn erklärt Serbien den Krieg.
30. Juli.
Generalmobilmachung Russlands.
31. Juli. Generalmobilmachung Österreich-Ungarns. Berlin verkündet den "Zustand drohender Kriegsgefahr".
1. August.
Das Deutsche Reich erklärt Russland den Krieg. Generalmobilmachung Deutschlands und Frankreichs. Italien und Bulgarien erklären ihre Neutralität.
2. August.
Deutschland und das Osmanische Reich schließen einen Bündnisvertrag. Großbritannien mobilisiert seine Kriegsflotte. Deutsche Truppen marschieren in Luxemburg ein. Berlin verlangt von Belgien die Erlaubnis zum Durchmarsch seiner Truppen, um gemäß dem Schlieffenplan Frankreich "niederzukämpfen", bevor die russische Mobilmachung abgeschlossen ist.
3. August. Belgien verweigert dem deutschen Heer den Durchmarsch. Deutschland erklärt Frankreich den Krieg. Rumänien erklärt seine Neutralität.
4. August.
Deutsche Truppen überschreiten die belgische Grenze. Deshalb bricht Großbritannien, eine der Garantiemächte der Neutralität Belgiens, die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland ab und tritt in den Krieg ein. Der Reichstag in Berlin bewilligt Kriegskredite; die Parteien schließen einen "Burgfrieden": keine öffentlichen Auseinandersetzungen für die Dauer des Krieges.
Der im Juli/August 1914 ausbrechende Krieg, in dem hauptsächlich Deutschland und Österreich-Ungarn gegen Frankreich, Großbritannien, Russland und (ab April 1917) die USA kämpfen, dauert mehr als vier Jahre.
Der Konflikt wird auf den europäischen Schlachtfeldern, in den Kolonien und auf hoher See mit nie dagewesener Härte geführt. Rund neun Millionen Soldaten und sechs Millionen Zivilisten sterben. Erst als die deutsche Führung im Herbst 1918 vor dem absehbaren militärischen Zusammenbruch um Frieden bittet, endet der Erste Weltkrieg.
Leiden und Entbehrungen der Bevölkerung sowie die Enttäuschung über die Niederlage entladen sich in einer Revolution. Eine Meuterei der Matrosen der Hochseeflotte in Kiel weitet sich rasch auf das ganze Reich aus; überall erzwingen Aufstände die Abdankung der Fürsten. Arbeiter- und Soldatenräte übernehmen die Macht.
Auch Kaiser Wilhelm II. muss zurücktreten und flüchtet ins Exil in die Niederlande. Am 9. November 1918 ruft der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann in Berlin die "deutsche Republik" aus.
Damit endet die Geschichte des im Jahr 1871 gegründeten Deutschen Kaiserreichs.