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Brisante Entwicklung Warum unsere Nutzpflanzen immer weniger Nährstoffe enthalten

Kartoffel
© Vera Kuttelvaserova / Fotolia
Kohlendioxid gilt als entscheidender Treiber der Klimaerwärmung. Forscher konnten aber auch bestätigen, dass das Treibhausgas für den Verlust von Proteinen und Mineralstoffen in unserer Nahrung verantwortlich ist

Wie reagieren Nutzpflanzen auf mehr CO2 in der Atmosphäre? Mit einem verminderten Nährstoffgehalt! Eine höhere Kohlendioxidkonzentration in der Luft stimuliert zwar das Wachstum von bestimmten Pflanzen wie Weizen, Reis und Kartoffeln. Diese Pflanzen betreiben dann mehr Fotosynthese und bauen mehr Kohlenhydrate auf. Eine Anreicherung des CO2 von heute 400 auf 550 ppm (Teile pro eine Million) steigerte den Ertrag in Freilandversuchen im Mittel um 15 Prozent. Das wäre ein nützlicher Effekt, wenn die höhere Quantität nicht mit geringerer Qualität einherginge.

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Aber durch die CO2-Düngung verändert sich der Stoffwechsel und damit die chemische Zusammensetzung des Pflanzengewebes. Die Zellen produzieren mehr Stärke und Zucker, und das geht zulasten der Proteine. Deren Gehalt in Gerste nahm um 14, in Reis und Weizen um knapp acht Prozent ab – bei Kohlendioxidkonzentrationen zwischen 500 und 700 ppm, Werten also, die Wissenschaftler für das Ende des Jahrhunderts prognostizieren.

Samuel Myers von der Harvard University rechnete hoch, was der Proteinverlust für die Ernährung weltweit bedeutet: Abgesehen von denen, die ohnehin schon unter Proteinmangel leiden, werden etwa 150 Millionen Menschen mehr sich nicht ausreichend mit Eiweiß versorgen können. Betroffen sind vor allem Länder in Asien und Afrika.

Auch der Gehalt an Mineralstoffen sinkt, denn durch den Zuwachs an Kohlenhydraten werden Eisen, Zink, Magnesium und Kupfer in den Zellen „verdünnt“. Hinzu kommt ein weiterer Effekt: Bei höherem CO2-Gehalt der Luft bilden die Pflanzen weniger Stomata (Spaltöffnungen) auf der Unterseite der Blätter aus; dadurch verdunstet weniger Wasser. Das führt wiederum dazu, dass die Wurzeln weniger Flüssigkeit aus der Erde saugen – und damit auch weniger Mineralstoffe aufnehmen.

Ernährungswissenschaftler fanden in essbaren Pflanzenteilen zehn Prozent weniger Eisen, elf Prozent weniger Zink und fünf Prozent weniger Magnesium. Das Element Zink gewährleistet die Arbeit des Immunsystems, Magnesium wird für die Muskelfunktion benötigt. Ausreichend Eisen ist vor allem für die gesunde körperliche und geistige Entwicklung von Kindern sowie für Frauen im gebärfähigen Alter essenziell. Schon heute fehlt Hunderten Millionen Menschen weltweit dieses Vitalelement, und durch die erhöhten CO2- Werte werden noch mehr vom Mangel bedroht.

Wissenschaftler, die den Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Kohlendioxidwerte und der globalen Nahrungsversorgung untersuchen, beklagen, dass viele Kollegen die Brisanz der Entwicklung noch nicht erkannt hätten.

GEO Nr. 04/2018 - Das erfüllte Leben

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