Geschichte des Essens Street Food in der Antike: Eintopf, Linsensuppe – und Bratwurst

Auf einer Fundstätte in Pompeji wurde diese antike, reich verzierte Imbissbude entdeckt. Der Verkäufer hielt seine Speisen wohl in den gut sichtbaren Vertiefungen warm
Auf einer Fundstätte in Pompeji wurde diese antike, reich verzierte Imbissbude entdeckt. Der Verkäufer hielt seine Speisen wohl in den gut sichtbaren Vertiefungen warm
© abaca / picture alliance / dpa
In unseren Städten erfreuen wir uns an Imbissbuden aller Art. Eine moderne Erfindung? Nein: Auch die alten Römer nahmen ihr Essen schon "to go"

Wenn wir von Street Food sprechen, meinen wir Leckereien aus aller Welt, die wir heute, glücklicherweise, auf unseren Straßen kaufen können: Delikate Wraps, gefüllt mit Gemüse oder Fleisch, die in Südamerika Burritos heißen. Asiatische, oft vietnamesische, Sommerrollen, umhüllt mit feinem Reispapier, gefüllt mit allerlei pikantem Gemüse. Oder, weniger exotisch und vielleicht deshalb umso beliebter: Hamburger, Döner – und das deutscheste aller Straßenessen, die von allen Seiten sanft gebräunte Bratwurst. So weit, so praktisch und oft auch wohlschmeckend. Aber ist Street Food eine willkommene Folge der Globalisierung, mithin also ein modernes Phänomen?

Weit gefehlt: Vor vier Jahren entdeckten Archäologen und Archäologinnen im bei einem Vulkanausbruch 79 n. Chr. verschütteten Pompeji eine außergewöhnlich gut erhaltene, antike Imbissbude mit farbenfrohen Fresken. Was stand also auf dem Speiseplan eines römischen Straßenhändlers? Die Forscher fanden in irdenen Töpfen Reste von Ente, Ziege, Schwein, Fisch und Schnecken , die manchmal in einem Gericht kombiniert waren. In die kreisförmigen Löcher in der Theke ließ der Ladenbesitzer offensichtlich die Töpfe mit den heißen Speisen hinab. In einem Gefäß wurden zerkleinerte Bohnen gefunden, die wahrscheinlich dazu dienten, den Geschmack und die Farbe des Weins zu verändern – ein Vorläufer der verschiedenen Kaffeearomen, die uns heute bei "Starbucks" oder ähnlichen Verkaufsstellen angeboten werden?

Im alten Rom hatten viele Menschen keine Küche

Inzwischen weiß man, dass der Essensstand kein außergewöhnlicher Fund war: In Pompeji hat man mittlerweile Reste von über 50 solcher Mini-Restaurants gefunden, schon vorher ahnten Forschende, dass antike Kulturen durchaus Essen "to go" kannten. Das hing auch mit der Wohnsituation vieler Bürger*innen im Alten Rom zusammen: Sie lebten oft in Wohnblocks, die aus Einzelzimmern mit mehreren Bewohnern bestanden. Nur wenige hatten Zugang zu Kochgelegenheiten in ihren Zimmern, so dass sie entweder Gemeinschaftsküchen im Erdgeschoss nutzen oder auswärts essen mussten. Was sie dort angeboten bekamen? Der lateinische Name der Essenstände sagt es schon: "Thermopolium" - vom Griechischen "thermos", warm, und "poleo", ich verkaufe, eine kurze, treffende Charakterisierung einer Imbissstube.

Die Geschichte der Straßenstände allerdings reicht wohl sogar länger zurück als in die Jahre um Christi Geburt: Schon die alten Griechen beschrieben die ägyptische Sitte, Fisch zu braten und auf den Straßen zu verkaufen. Und übernahmen schließlich diese Tradition des Hafens von Alexandria in ganz Griechenland. Die einschlägigen griechischen Fundstätten zeigen auch, dass Street Food vor allem ein Angebot für ganz normale Büger*innen war: Das beliebteste Gericht war offensichtlich eine recht einfache Linsensuppe, so wie man sie in der Türkei noch heute an vielen Ecken kaufen kann. Dazu wurden wohl simple Gerichte aus Bohnen oder Kichererbsen verkauft.

Detail des Imbissstandes aus Pompeji: Huhn und Ente standen sicher auf der Speisekarte, der Hund könnte auch eine Warnung an potentielle Diebe gewesen sein: Achtung, diese Bude wird bewacht!
Detail des Imbissstandes aus Pompeji: Huhn und Ente standen sicher auf der Speisekarte, der Hund könnte auch eine Warnung an potentielle Diebe gewesen sein: Achtung, diese Bude wird bewacht!
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Aus römischer Zeit sind fortgeschrittenere Rezepte überliefert: So war es üblich, aus Olivenöl, Wein und fermentierter Fischsauce, schon damals überall erhältlich, eine Vinaigrette anzurühren, die man über gebratenes Gemüse oder, seltener, Fleisch gab – auch diese einfache Zubereitung fand sich wohl an Straßenständen der damaligen Zeit. Außerdem nahmen die altrömischen Menschen auch ihr Frühstück, das "lentaculum", gerne auf den Straßen ein: Das konnte ein umstandsloser Getreidebrei sein, so wie später im mittelalterlichen Deutschland, aber auch allgegenwärtige Weizenbrotfladen, die in Honig, Olivenöl oder eben Wein getunkt waren. Dazu wurden Oliven und gerne Nüsse gereicht.

Frikadelle mit Myrte-Beeren

Auf einer Fundstätte in Ostia, dem Hafen des Alten Roms, wurde ein Wandgemälde eines Straßenstandes gefunden, dass wahrhaftig Kebabs zeigt: Hackfleisch, um einen dünnen Spieß gepresst, mit einer Linsenkruste überzogen, dazu eine kleine Schüssel, die wohl eine passende Sauce enthielt. Und in einem einzigartigen Rezeptbuch findet sich folgende Anleitung für die Bereitung eines Gerichts, das isicia omentata hieß: Man zerkleinere kleine Fleischstücke zu einer Paste, würze diese mit Pfeffer und süßlichen Myrte-Beeren. Diesen Fleischteig wickle man dann in ein Netz aus Schweinefett und werfe die ganze Sache sodann auf den antiken Grill. 

Gerne-Esser ahnen, für welche Straßenessen dieses Rezept als Vorbild diente: Den allseits beliebten Burger und die ach so deutsche Bratwurst.