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Trips ins Extreme Wie zwei Studenten das Reisen aufregender machen wollen

Chachapoya Expedition
Tom Schinker und Martin Druschel haben sich statt einer einem geregelten Leben für authentische Abenteuer entschieden, die mal in den Amazonas-Regenwald führen und mal in die Sahara
© Joshua Grom
Tom Schinker und Martin Druschel haben ihr geregeltes Leben gegen Expedtionen in entlegene Regionen eingetauscht - und die Reiseplattform "Wandermut" gegründet. Im Interview sprechen sie darüber, was für sei ein wahres Abenteuer ausmacht und was interessierte Teilnehmer mitbringen sollten

Vom Studenten zum Expeditionsleiter: Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Expeditionen zu leiten?

Tom: Die Idee kam eigentlich aus Langeweile und Abenteuerlust. Wir haben beide BWL studiert, mit unterschiedlichen Schwerpunkten und hatten nach dem Studium eher klassische nine to five Jobs in Großkonzernen. Darauf hatte ich gar keine Lust. Mir erschienen all die Projekte nicht mehr sinnvoll. In dieser Stimmung erzählte mir dann ein Freund von einer Husky-Farm in Russland. Wir kamen auf die Idee, privat eine Reise dorthin zu planen und mit dem Schlitten durch den russischen Winter zu fahren. Allerdings haben wir dann schnell gemerkt, dass wir mehr Mitfahrer brauchen, damit sich die Tour auch für Husky-Farm finanziell lohnt. Denn die hatte noch keine touristische Erfahrung, aber vor allem für sie sollte sich unser Besuch natürlich rentieren. Insgesamt brauchten wir für dieses Vorhaben also acht Leute. Wir haben die Reise dann auf Facebook gepostet, um nach Mitstreitern zu suchen und haben gemerkt, dass die Leute Lust auf solche Abenteuer haben und wir den richtigen Nerv getroffen hatten. Am Ende war die Reise ein großer Erfolg, weshalb wir im Anschluss direkt das nächste Abenteuer geplant haben.

Martin: Ich habe die Husky-Tour nur von außen erlebt, weil ich noch in England studiert habe. Nach meinem Studium kam dann die Frage, ob ich lieber den Job in einer großen Bank mit einem sehr guten Gehalt annehmen, oder gemeinsam mit Tom Abenteuer und Expeditionen planen sollte. Die Entscheidung ist am Ende auf Letzteres gefallen.

Wie erfahrt ihr von den abgelegenen Orten, die ihr bereist?

Tom: Grundsätzlich überlegen wir uns nicht, in welche Gebiete wir gern reisen würden, so wie bei einem Reisekatalog. Wir halten vielmehr Ausschau nach speziellen Menschen, die Abenteuer im Blut oder außergewöhnliche Orte entdeckt haben und uns fragen, ob wir das nicht zusammen angehen können. Ein Beispiel ist Ronald, der aufgrund seiner Leidenschaft für die Chachapoya nach Peru gezogen ist und schon vor 20 Jahren wilde Expeditionen bestritten hat. Als wir ist trafen, war klar, dass wir zusammen ein Projekt planen mussten. Solche Menschen sind aber sehr selten.

Martin: Anders funktioniert das auch nicht. Wenn man auf eine Messe geht und nach einem Abenteuer fragt, werden einem immer die gleichen Angebote gemacht. Wir wollen etwas anderes bieten und etwas machen, was so kein anderer Reiseanbieter machen würde. Massentourismus und Pauschalreisen sind einfach nicht unser Ding.

Sahara Expedition
Wer mit den beiden reisen möchte, muss nicht nur körperlich fit sein, sondern auch die richtige Portion an Motivation mitbringen
© Joshua Grom

Was ist der Unterschied zwischen euren Expeditionen und anderen Abenteuerreisen?

Martin: Wir haben das Gefühl, dass das Wort „Abenteuer“ inflationär genutzt wird. Egal, ob Expedition oder Abenteuer. Beides sind Wörter, die sogar für Kreuzfahrten benutzt werden, auch wenn man dort auf einem Schiff festsitzt. Wir wollen echte und authentische Abenteuer erleben und andere Menschen daran teilhaben lassen.

Tom: Das klassische Backpacking besteht ja oft daraus, dass man sich einen Lonely Planet kauft und die Sehenswürdigkeiten abklappert. Unsere Abenteuer sind aber immer mit einer Ungewissheit verbunden. Dafür muss man bereit sein, Risiken einzugehen. Es gibt keinen sicheren Hafen und man ist auch oft nicht an die Zivilisation angebunden.

Wenn es immer eine Ungewissheit gibt, wie bereitet ihr euch dann genau auf die Reisen vor? Welche Sicherheitsvorkehrungen müssen getroffen werden?

Martin: Vor allem die körperliche Vorbereitung ist wichtig. Wir tragen bis zu 30 Kilogramm, teilweise über 20 Kilometer am Tag. Das kann man vorher trainieren, wenn man mit einem schweren Rucksack außerhalb der üblichen Pfade über eine lange Strecke wandert. Natürlich muss man auch mit Krankheiten rechnen und genügend Medikamente mitbringen. Allerdings kann man sich auf den Krankheitsfall nicht hundertprozentig vorbereiten. Das Wichtigste ist, dass wir mit „Locals“ zusammenarbeiten. Niemand kenn sich im Dschungel so gut aus, wie die Bauern, die ihr ganzen Leben dort verbracht haben oder Nomaden, die seither in der Wüste leben. Schließlich vertrauen wir diesen Menschen unser Leben und das der Teilnehmer an.

Ihr reist immer im Team und seid schon zu einer Gemeinschaft von Entdeckern geworden. Nach welchen Kriterien wählt ihr die Teilnehmer aus?

Tom: Wir leben davon, dass wir Leute mitnehmen. Allerdings ist es wichtig, dass wir das richtige Team dabeihaben. Es hilft niemandem, wenn Menschen mitkommen, die sich selbst überschätzen, viel zu viel Equipment dabeihaben oder nur teilnehmen, um möglichst viele Tierfotos zu machen. Wir wählen prinzipiell nach drei Kriterien aus. Erstens: Fitness. Sind die Teilnehmer körperlich in der Lage, einen mindestens 20 Kilogramm schweren Rucksack zu tragen? Zweitens: Welche Motivation und Erwartungshaltung haben die Teilnehmer? Drittens: unser Bauchgefühl. Wir nehmen uns sehr viel Zeit, um mit den möglichen Teilnehmern zu reden. Wir erklären, mit welchen Problemen wir rechnen und was schiefgehen könnte. Wenn die Person sich davon nicht abschrecken lässt und wir merken, dass sie Lust auf Abenteuer hat, ist sie Teil des Teams.

Was für Menschen sind mit Euch unterwegs?

Martin: Das kann man gar nicht verallgemeinern, weil unsere Teilnehmer so unterschiedlich sind. Das sind Pizzabäcker, Ingenieure, Soldaten, Polizisten oder Manager. Demografisch kann man das Alter auf Mitte 20 bis Mitte 30 eingrenzen. Mal sind es mehr Männer, mal mehr Frauen - das hängt von der Tour ab. Alle möchten eine Herausforderung und an ihre Grenzen gehen.

Tom: Das sind alles Menschen, die keine sonderlichen Ansprüche an Unterkünfte und Verpflegung stellen, sondern Abenteuer erleben wollen, von denen sie auch ihren Enkeln erzählen können. Wir machen das, was man sonst nur in Filmen sieht oder in alten Büchern liest. Unseren Teilnehmern ist es wichtig, selbst zu wachsen und Erfahrungen zu sammeln, statt nur Statussymbole zu sammeln.

Chachapoya Expedition
Komfort sieht anders aus: Tagesmärsche durch dichtes Dschungeldickicht und keine Verbindung zur Zivilisation gehören zu den Abenteuern von Tom und Martin durchaus dazu
© Joshua Grom

Was war für Euch persönlich die krasseste und einschneidendste Erfahrung?

Martin: Ich würde sagen, das war der Fund einer bisher unentdeckten Chachapoya-Stätte in Peru. Unser Plan sah es eigentlich vor, viel tiefer in den Regenwald vorzudringen aber alles war so dicht bewachsen, dass wir uns jeden Meter mit Macheten freischlagen mussten. Die die Gesamtsituation des Teams war zudem miserabel: Fast alle waren krank und bewegungsunfähig. Nur wenige von uns konnten an diesem besagten Tag aufbrechen. Umso toller war die Überraschung, als wir plötzlich vor uns die Ruinen eines Dorfes der Chachapoya sahen mit mehr als 30 Häusern mitten im Dschungel.

Tom: Mich hat am meisten geprägt, die Braunbären bei unserer Expedition im russischen Kamtschatka fernzuhalten. Unser Weg führte direkt durch eines der größten Braunbärengebiete des Landes und wir mussten uns die Tiere die ganze Zeit vom Leib halten. Wir hatten Fackeln dabei, um die Bären abzuschrecken. Doch irgendwann ist ein Bär auf uns zu gerannt und die Fackel ist ausgegangen. So etwas habe ich noch nie erlebt. Eine andere Situation gab es in der Sahara. Dort saßen wir abends beim Lagerfeuer gemütlich zusammen, bis plötzlich eine unserer Teilnehmerinnen lauthals losschrie, weil sie ein Skorpion gestochen hatte. Das haben wir dann aber professionell gelöst und den Stich direkt behandelt. Es war aber trotzdem ein einschneidendes Erlebnis – für uns alle.

Was ist das Ziel eurer nächsten Expedition?

Martin: Gerade sind wir in Lima in Peru. In unserer nächsten Expedition wollen wir einen verlorenen Pfad mitten im peruanischen Amazonas suchen. Heute weiß man, dass es vor 500 Jahren mal einen Pfad der Chachapoya gab, der mit den Anden verbunden war. Man kennt den Anfang und das Ende, allerdings ist das Wissen um den mittleren Teil des Pfades verloren gegangen. Diesen verlorenen Pfad wollen wir suchen. Solche Pfade könnten eventuell noch existieren, wenn beispielsweise Brillenbären oder Pumas sie noch nutzen. Wir hoffen jetzt, dass wir – wenn wir den Pfad finden – weitere Ruinen von Chachapoya-Dörfern entdecken können. In den nächsten Tagen geht es mit einem Expeditionsteam bestehend aus etwa 20 Menschen los.

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