Ayahuasca ist ein psychedelisch wirkender Pflanzensud, der in vielen Kulturen Südamerikas als Mittler zu übernatürlichen Welten gilt. Schamanen nutzen das bittere Gebräu, um Ahnen zu begegnen, Weissagungen zu treffen oder Krankheiten zu heilen.
Ayahuasca ist Religion, Droge, Heilmittel, Lifestyle-Accessoire. Und: ein großes Rätsel. Das bittere Gebräu entfaltet seine Kraft nämlich nur, wenn der Saft einer Lianenart mit den Blättern eines bestimmten Strauches kombiniert wird. Wie aber konnten die Ureinwohner unter den unzähligen Pflanzen des Regenwaldes diese beiden finden, die nur gemeinsam wirken?
Für Schamanen ist die Antwort einfach: Die Geistwesen selbst haben Menschen diesen Schlüssel zu höheren Sphären übergeben. Den christlichen Missionaren erschienen die ekstatischen Rituale der Einheimischen als Teufelswerk. Doch die Tradition überlebt im Verborgenen.
Sogar im 20. Jahrhundert entstehen noch neue Ayahuasca-Religionen. Etwa die brasilianische Glaubensgemeinschaft Santo Daime: Gegründet in den 1930er Jahren von dem Plantagenarbeiter Raimundo Irineu Serra, findet sie mittlerweile auch Anhänger außerhalb Südamerikas. Eine andere nennt sich União do Vegetal und hat wohl knapp 20 000 Anhänger, vorwiegend in Brasilien.
Beide sind Beispiele für sogenannte synkretistische Religionen, in denen sich christliche Elemente mit den alten spirituellen Traditionen Amazoniens mischen. Sie sind in Brasilien offiziell anerkannt und dürfen Ayahuasca im Rahmen religiöser Zeremonien an ihre Mitglieder verabreichen.
Die schamanische Tradition wird zum Promi-Trend
Seit einigen Jahren erlebt Ayahuasca einen Boom. Prominente wie Lindsay Lohan, Tori Amos oder Sting preisen den magischen Saft, in Blogs und Internetforen wird der Trip als innerweltliche Radikalkur und Turbo-Psychotherapie gepriesen.
Schamanen reisen nach Europa und in die USA und halten in Berliner Altbauwohnungen oder kalifornischen Strandvillen gut bezahlte Seminare ab. Umgekehrt begeben sich Europäer und Amerikaner in spirituelle Zentren vor allem in Peru, wo sie die rot-bräunliche Flüssigkeit verabreicht bekommen.
Meist führt die Einnahme zu Übelkeit und Erbrechen. Es folgt oft eine Art Auflösung des Ich, die mit Halluzinationen einhergeht; ein Abdriften in realitätsferne Räume, in denen Schamanen Geister treffen – und die neuen, urbanen Jünger des Kults mit ihren Ängsten konfrontiert werden.
Dies ist keineswegs nur esoterisch verbrämter Drogenkonsum. Die Wissenschaft untersucht die Wirkung von Ayahuasca etwa als Mittel in der Sucht- oder Traumatherapie. Gut möglich, dass der uralten schamanischen Tradition ein heilendes Potenzial innewohnt, das die moderne Medizin nutzbringend einsetzen kann.