Perfektionismus ist eine zweischneidige Sache. Unser Streben nach Makellosigkeit treibt uns zu Höchstleistungen, wogegen wenig zu sagen ist. Doch allzu oft scheitern wir dann an unseren eigenen, womöglich unerreichbaren Ansprüchen. Kein Wunder also, dass Menschen mit stark ausgeprägtem Perfektionismus auch überdurchschnittlich häufig mit Depressionen, Angststörungen und einem schwachen Selbstwertgefühl zu kämpfen haben.
Zusätzlich zu den eigenen Ansprüchen wird Perfektionismus zudem häufig auch als von außen kommend wahrgenommen: Wir haben das Gefühl, dass unsere Mitmenschen stets Außergewöhnliches von uns erwarten – und setzen uns unter Druck, um sie nicht enttäuschen zu müssen. Möglicherweise erleben manche Generationen dieses Phänomen häufiger als andere. Könnte es also sein, dass junge Menschen heute im Durchschnitt perfektionistischer sind als die Generationen vor ihnen?
Studien zeigen: Mit dem Perfektionismus von jungen Menschen sind auch die Erwartungen von Eltern gewachsen
Um diese Frage zu beantworten, untersuchte der britische Sozialpsychologe Thomas Curran Studiendaten von 41 641 jungen Menschen aus den USA, Großbritannien und Kanada aus den Jahren 1989 bis 2016. Seiner Analyse zufolge nahm der Perfektionismus der Probanden in diesem Zeitraum tatsählich kontinuierlich zu: Die entsprechenden Werte steigen von Jahr zu Jahr immer weiter an.
In einer weiteren Metastudie konnte Curran nun zudem zeigen, dass gleichzeitig mit dem Perfektionismus der jungen Menschen auch die Erwartungen der Eltern an ihren Nachwuchs kontinuierlich gewachsen sind – und es überdies einen messbaren Zusammenhang zwischen elterlichen Ansprüchen und dem Perfektionismus bei jungen Leuten gibt. Sind also die Väter und Mütter die Treiber hinter der bedenklichen Entwicklung?
Von diesem Vorwurf spricht der Psychologe Thomas Curran die Eltern überwiegend frei. Stattdessen gehe der Anstieg des Perfektionismus der jungen Menschen eher zurück auf den wachsenden gesellschaftlichen Druck in einer globalisierten Welt, in der jeder für sich allein am Amboss des Lebens steht, um schwitzend sein eigenes Glück zu schmieden.