Auf zwanzig Belgrader Hügeln leben zwei Millionen Menschen, die, so scheint es, immer unterwegs sind. Ganz Belgrad ist wuselig und bunt und lebendig. Pita, Bourek und Pizza gibt es an jeder Ecke, Bars, Bistros und Restaurants genauso. Bei Ethnosound und Brassorchestra kennt das legendäre Nachtleben keine Sperrstunde: An den Flüssen Save und Donau wird bis zum Sonnenaufgang gefeiert, getanzt, getrunken.
Belgrads Geschichte: Kelten, Goten, Osmanen und andere Herren der Festung Kalemegdan
Die ehemalige Festung Kalemegdan, der Urkern Belgrads, hat in den letzten 2000 Jahren viele Herrscher gesehen: Kelten nannten Belgrad "Singidunum", und das war vor 2000 Jahren. Nach Römern folgten Hunnen und Goten, Slawen und Griechen kamen im 7. Jahrhundert und nannten ihre Siedlung "Weiße Stadt", "beo–grad". Die Osmanen blieben fast 500 Jahre.
Dank ihrer liberalen Religionspolitik blieb Belgrad eine offene Stadt. Sephardische Juden kamen im 14. Jahrhundert, als sie von der iberischen Halbinsel durch die Inquisition vertrieben wurden. Schwaben und Franken, die Kaiserin Maria-Theresia in der Pannonischen Ebene angesiedelt hatte, mussten nur die Donau überqueren, und schon wurden sie zu Bürgern Belgrads.
Durch Jahrhunderte war Belgrad eine begehrte Handelsstadt, aber auch eine Stadt, in der Krieg und Frieden oft schnell wechselten. Hitlers Bomben kamen 1941, zuletzt fielen NATO-Bomben auf Belgrad 1999, als Antwort auf den Kosovo-Krieg. Die beklemmenden Jahre der Milošević-Zeit sind seit 2000 vorbei und Belgrad mausert sich zu einer selbstbewussten europäischen Metropole, ist vibrierend, lustvoll und bejahend.

Knez Mihajlova – die begehrteste Straße Belgrads
Die Prachtstraße der Altstadt von Belgrad ist die Knez-Mihajlova. Sie befindet sich im Herzen von Belgrad, in dem Geschichte und Gegenwart verwoben sind. Wiener Melancholie und Triestes Grandezza an prunkvoll verzierten Jugendstilbauten grüßen. In der unmittelbaren Nähe orientalische Spuren am Minarett der Bajrakli-Moschee aus dem 16. Jahrhundert. Davidsterne an Häusern der Judengasse erinnern an Belgrads lange jüdische Tradition, goldenen Türme der orthodoxen Domkirche sind Zeugen der Staatsreligion.
Die Einkaufsstraße und Schlendermeile von Belgrad ist zu jeder Tageszeit voller Menschen. An ihrem Ende beginnt Kalemegdan, Belgrads größte Parkanlage. Die alte türkische Festung wacht über die Flüsse, die Belgrad umarmen. Hier, unter der Burg, wälzt sich die dicke Save in die mächtige, träge Donau, der Blick ist grandios.
Kulinarisch unterwegs: Restaurant-Tipps für Serbiens Hauptstadt
Die baulichen Widersprüche, die in Belgrad nahtlos in einander übergehen, machen aus der Balkanmetropole einen gelungenen Mix: Belgrad ist zugleich europäisch, orientalisch und mediterran. Und wenn auch Belgrad gleichzeitig prachtvoll und schmuddelig ist, die Tochter der Save und Donau hat eine berauschend positive Energie und die spiegelt sich auch im Essen wider. Am Straßenrand weht in Belgrad der Duft der gerösteten Maronen, ein paar Schritte weiter werden Maiskolben gar.
Flanieren, schlendern, schaufensterbummeln, ganz Belgrad lebt auf der Straße, mampft und schmatzt Pitas, Bourek und Pizza, die es alle paar Meter zu kaufen gibt. Wer in Belgrad exquisit essen will, der geht zumKlub kniževnika (Literatenclub), in der Nähe der Knez Mihajlova, oder läuft vom Kalemegdan runter zur Hafenpromenade. Hier, in Beton hala (Betonhalle), direkt am Saveufer ist in den ehemaligen Speichern eine Fressmeile erster Güte untergebracht. Tapas, Sushi, Pasta, aber auch serbische Nationalgerichte können bei Sonnenuntergang genossen werden.

Kein Markt ohne "kafana"
"Kalenić pijaca", ist nur einer von 30 Belgrader Märkten, die täglich stattfinden. Alles was das Herz begehrt gibt es hier zu kaufen: Ziegenkäse jung und alt, eingelegte grüne Tomaten, halbe Schweine und frische Fische. Das schwerflüssige, grüngelbe Olivenöl lagert in alten Holzfässern, aber es gibt noch mehr: Glühbirnen, Nägel, Antikes und Nachgemachtes – ein täglicher Flohmarkt gehört dazu. Bauernmärkte sind nicht nur der Bauch der Hauptstadt, sondern auch die Seele Belgrads. Und: Ein Bauernmarkt ohne eine "Kafana" gleich um die Ecke ist kein richtiger Markt.
Kafana? Eine Kneipe? Ein Bistro? Ein Restaurant? Kafana ist all das - ein Ort, an dem man wählen darf: Zeitunglesen und Kaffeetrinken, oder den Balkan-blues mit Bohnensuppe, Ćevapčići und Sliwowitz genießen. Ursprünglich ein türkisches Kaffeehaus, in dem nur Kaffee serviert wurde, wandelte sich Kafana zu einer balkanischen Institution, einem Ort, an dem nicht nur gegessen, getanzt und gesungen wird. Kafana ist bis heute ein Ort der Begegnung, hier wurden Verschwörungen geschmiedet, Hochzeiten gefeiert und Tote betrauert. Diese traditionsträchtigen Orte verschwinden leider, Orašac oder Stara Hercegovina sind noch da, wer weiß wie lange noch.
Das kreative Herz Serbiens
Kürzlich hat die BBC Belgrad zu fünf kreativsten Städten der Welt erklärt. Es sei vor allem die junge Kunstszene, so die BBC, die Belgrad so spannend macht. Events wie Oktobersalon, (Oktobarski salon) würdigen jedes Jahr junge Künstler, Galerien und Show rooms gibt es in Belgrad an jeder Ecke.
Das Museum der zeitgenössischen Kunst (Muzej savremene umetnosti) in Belgrad zählt zu den wichtigsten Kulturbauten des Landes und zeigt jugoslawische sowie serbische Kunst von 1990 bis heute, darunter auch Exponate von Marina Abramović der weltbekannten Künstlerin aus Belgrad.
Das Zepter-Museum, untergebracht in einem der schönsten Jugendstil-Häuser in der Knez-Mihajlova, hütet die bedeutendsten Werke der modernen serbischen Kunst. Und überhaupt: Täglich gibt es Vernissagen, Konzerte und Rockkonzerte, Buchvorstellungen, Theater und Kabarett, was Kunstszene angeht, kann sich Belgrad ruhig mit Berlin messen.
Architektur: Brutalismus-Traum in Belgrad
Das Straßenbild Belgrads besticht nicht mit seiner Schönheit. Während Gründerzeithäuser die Altstadt von Belgrad zieren, manche verfallen, manche "verhübscht", glänzt Neu Belgrad mit "Brutalismus", einer Bewegung in Kunst und Architektur. Brutalistische Architektur bedeutet vor allem: Viel roher Beton. Unverputzter Sichtbeton gab dem klotzigen Architektur-Stil seinen Namen. Vordenker war der berühmte Architekt Le Corbusier.
Zwischen den 1960ern und 1980ern wurden öffentliche Gebäude, aber auch Wohnkomplexe und Denkmäler im brutalistischen Stil quer durchs Land, und so auch in Belgrad, errichtet. Sava centar, ein Kulturtempel und Genex-Turm, ein Bürogebäude, muss man unbedingt in Neu Belgrad besuchen. Das New Yorker Museum MOMA widmete 2018 gar eine große Ausstellung dem jugoslawischen "Brutalismus".

Nachtleben: Angesagte Bars und Clubs in Belgrad
Auch Belgrader Nächte sind lang, keine Sperrstunde, der Morgen kann kommen. "Splavovi" heißen die Party-Hausboote, die an Ufern der Save und Donau liegen und auf denen die Nächte durchgetanzt werden.
- Splav Freestylerliegt gegenüber der Betonhalle, in Neu Belgrad, und ist für seine Cocktails berühmt. Die Party steigt erst ab halb zwölf nachts und dauert, naja, solange die Füße und der Kopf tragen.
- Das Viertel Savamala in der Altstadt ist gespickt von Clubs, besonders in der Karadjordjeva Straße. Mladost (Jugend), Ludost (Verrücktheit), Radost (Freude) sind die angesagtesten.
So vielfältig wie Balkanrhythmen
Belgrad ist so vielfältig, so skurril, so widersprüchlich. Da ist Zemun, früher Grenzstadt zwischen Habsburgern und Osmanen, heute Belgrader Stadtteil, eine verschlafene Prinzessin an Donauufern. Da ist der riesige Chinesenmarkt in Neu-Belgrad, auf dem chinesisches Gemüse und glitzernde Stoffe verkauft werden.
Belgrads Friedhof kann sich mit Pere lachaise in Paris messen, was Statuen und Mausoleen betrifft. Am Wochenende wird in Belgrad an allen Ecken und Kirchen geheiratet, die ganze Stadt klingt nach Balkanrhythmen, die von unzähligen Roma-Trompetern lautstark die Hochzeitsgäste begleiten.
Anreise: So kommen Sie nach Belgrad
- Mit dem Flugzeug
Den Belgrader Flughafen Nikola Tesla Airport fliegen 250 Fluggesellschaften an. Von Deutschland dauert der Flug nach Belgrad zwischen anderthalb und zwei Stunden. Vom Flughafen aus fahren Busse und Taxis in die Stadt. Eine Busfahrt kostet etwa 3 Euro, der Bus fährt alle 30 Minuten in die Innenstadt von Belgrad. Eine Taxifahrt kostet zwischen 20 – 25 Euro. Achtung: Unbedingt am "Taxistand" in der Gepäckausgabehalle einen Voucher für die Taxifahrt in die Stadt mitnehmen. - Mit dem Auto
Von Norden aus gibt es zwei Möglichkeiten, nach Belgrad zu kommen: entweder von Zagreb oder von Budapest aus. Für die alte "Autoput" und für die 400 Kilometer zwischen Zagreb und Belgrad braucht man etwa drei Stunden, für die zweite Variante und 380 Kilometer braucht man länger. Doch, die Pannonische Ebene, durch die man fährt, ist eine Pause wert. - Mit dem Fahrrad
Den Radfahrern steht die "EuroVelo 6" zur Verfügung, sie folgt der Donau von der ungarischen Grenze bis Belgrad und weiter zum Schwarzen Meer.

Weitere Infos: Einreise, Krankenkasse, Bankautomaten
Für EU-Bürger gestaltet sich die Einreise nach Serbien und Belgrad einfach: Pass vorzeigen und Zollkontrolle passieren. Für einen Aufenthalt bis drei Monaten braucht man kein Visum. Ausführliche Infos auf der Website des Auswärtigen Amtes helfen weiter. Eine Bestätigung der gesetzlichen Krankenkasse empfiehlt sich, jedoch, alle Arztrechnungen müssen sofort bezahlt werden. Im Falle eines Falles lieber eine private Arztpraxis aufsuchen, die staatlichen sind restlos überlaufen. Bankautomaten gibt es überall in der Stadt, wichtig: Die Umrechnung nicht konvertieren, das ist meistens der schlechtere Kurs. "Menjačnica" (Wechselstube) gibt es an jeder Ecke, der Kurs ist meistens besser als in der Bank.