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Tierschutz Streitthema Fuchsjagd: ökologisch sinnvoll oder reine Tierquälerei?

Rotfuchs
Rotfüchse gehören in Deutschland zu den "jagdbaren Arten". In der Jagdsaison 2019/20 wurden 450.000 von ihnen getötet
© Giedriius / Shutterstock
Jedes Jahr sterben in Deutschland mehr als 450.000 Füchse durch Gewehrkugeln oder in Fallen. Tierschützer und NGOs bezweifeln den Sinn der Jagd – und prangern grausame Methoden an

Nicht nur Rehe und Wildschweine sterben in deutschen Wäldern und auf deutschen Äckern zu Hunderttausenden. Weniger bekannt ist, dass Füchse in ähnlichen Größenordnungen getötet werden – obwohl ihr Fleisch gar nicht und ihr Fell nur in sehr geringem Umfang verwertet wird. Mehr als 450.000 der rotbraunen Pelztiere starben in der Jagdsaison 2019/20. Den Spitzenplatz in der Statistik belegt Bayern mit allein mehr als 100.000 getöteten Tieren.

Außerhalb von Jägerkreisen hat die Fuchsjagd nicht viele Freunde in Deutschland. Von einer „sehr ernsten Angelegenheit“ spricht etwa Deutschlands wohl bekanntester Förster, Peter Wohlleben. In einem Unterstützervideo für das Aktionsbündnis Fuchs sagt der Forstwirt: „Zehntausende Füchse werden in Deutschland geschossen und auch in Fallen gefangen. Das ist Tierquälerei.“ Es sei unnötig, weil man die Bestände der Füchse nicht regulieren könne. Und es sei auch nicht notwendig. „Bitte schafft die Jagd auf den Fuchs ab“, appelliert Wohlleben an die politisch Verantwortlichen.

Schauspieler Hannes Jaenicke geht noch weiter – und spricht von einer „völlig schwachsinnigen“ Jagd auf Füchse. Insgesamt fast 60 Promis, Tier- und Umweltschutzorganisationen unterstützen die Forderung des Aktionsbündnisses nach einem Stopp der Jagd.

Nach Angaben des Aktionsbündnisses sind „besonders grausame Jagdpraktiken wie die Baujagd, die Fallenjagd oder die Abrichtung von Jagdhunden an lebenden Füchsen an der Tagesordnung“. Schonzeiten fehlten oder seien viel zu kurz, Fuchswelpen verhungerten, weil ihre Eltern erschossen worden seien – oder sie würden selber am Bau getötet.

Pro und kontra: Was sagt die Wissenschaft?

Tierschützer und Juristen der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht verweisen auf das Staatsziel Tierschutz - und bezweifeln, dass überhaupt der im Tierschutzgesetz vorgesehene "vernünftige Grund" gegeben sei, Füchse zu töten.

Demgegenüber argumentieren Jäger mit der Artenvielfalt: Der Fuchsbestand müsse "reguliert" werden – um die Biodiversität auf Wiesen und Weiden zu erhalten. "Wir haben zwei Stellschrauben, um der Artenvielfalt zu helfen", sagt der Biologe und stellvertretende Geschäftsführer des Deutschen Jagdverbands (DJV), Torsten Reinwald: "Die eine ist die Verbesserung der Lebensräume, die andere die Reduktion der Raubsäuger". Auf seiner Internetseite nennt der DJV weitere Gründe für die Fuchsjagd - inklusive wissenschaftlicher Belege.

Dem widerspricht das Bündnis: Je mehr Füchse durch die Jagd oder durch Unfälle sterben, desto höher sei die Geburtenrate. Ebenso wie der DJV stützt auch das Aktionsbündnis sich auf zahlreiche Studien. Der Bestand von Rebhühnern, Feldlerchen und Feldhasen sei in den vergangenen Jahren nicht wegen der Füchse zurückgegangen – sondern, weil deren Lebensräume verloren gegangen seien. Studien zeigten, dass die Jagd auf Füchse solchen bedrohten Tierarten nicht hilft. Im Gegenteil: Die Jagd selbst sei eine Störung im Lebensraum Wiese.

Tollwut schon seit 2008 ausgerottet

Auch die Bedeutung des Fuchses als Überträger von Tierkrankheiten, so das Aktionsbündnis, werde überschätzt. So sei die Tollwut in Deutschland schon seit 2008 ausgerottet – und zwar nicht durch die Dezimierung der Fuchspopulation, sondern durch tierfreundliche Impfköder. Am Fuchsbandwurm erkranken durchschnittlich rund 30 Personen pro Jahr – sehr viel weniger Menschen, als bei Jagdunfällen verletzt oder getötet werden, heißt es beim Aktionsbündnis.

Bei ihren Forderungen verweisen die Fuchs-Schützer auf Gegenden, in denen die Fuchsjagd verboten oder streng reguliert ist, wie etwa im Schweizer Kanton Genf. Dort hat die Artenvielfalt sogar zugenommen – besonders bei den Wasservögeln. Auch im Nationalpark Bayerischer Wald werden Füchse seit Jahrzehnten nicht gejagt. Die Folge: Sie haben dort weniger Nachwuchs als in angrenzenden Landkreisen.

In Luxemburg ist die Fuchsjagdverbot seit 2015 verboten

Im Nachbarland Luxemburg ist die Jagd auf Füchse seit 2015 komplett verboten. Seitdem ist weder die Fuchspopulation gewachsen, noch haben Wildtierkrankheiten zugenommen. Gleichzeitig hat sich zwischen 2014 und 2020 der Prozentsatz der mit Fuchsbandwurm befallenen Tiere halbiert.

Im vergangenen Jahr ging das Verbot trotz des Widerstands von Seiten der Jägerschaft in die Verlängerung. Es gebe keine wissenschaftlichen Beweise dafür, so Umweltministerin Carole Dieschbourg, dass das Fuchsjagdverbot für den Rückgang gewisser Vogelarten, insbesondere bei den Wiesen- und Bodenbrütern, verantwortlich sei.

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