Projektstart Ein "Climate Village Lab" in Sambia

Das Oberhaupt der Region Chiawa sitzt auf einem Thron unter einem Strohdach und empfängt Geschäftsführerin Ines Possemeyer
Vereinsgeschäftsführerin Ines Possemeyer stellt dem traditionellen Oberhaupt der Region, der Chieftainess of Chiawa, das Hasselmann-Projekt vor
© Loliwe Phiri
Im Namen des Physiknobelpreisträgers Klaus Hasselmann unterstützen wir in Sambia drei Dörfer dabei, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren, Flora und Fauna zu erhalten und sich nachhaltig zu entwickeln. Dieses „Climate Village Lab“ soll später in der Breite repliziert werden

Hintergrund des Projektes

Prof. Dr. Klaus Hasselmann, Klimaexperte und Physik-Nobelpreisträger des Jahres 2021, hat unserem Verein fast sein gesamtes Preisgeld gespendet (ein Interview mit ihm dazu finden Sie hier). Er wollte damit den Anstoß geben für ein Klima-Projekt mit Pilotcharakter, das Klimaschutz, Biodiversitätserhalt und nachhaltige Entwicklung vereint. 

Physiknobelpreisträger Klaus Hasselmann sitzt in einer kleinen Konferenzrunde
Mai 2024: Physiknobelpreisträger Klaus Hasselmann (r.) informiert sich gemeinsam mit seiner Tochter Annette (2.v.r.) beim Regenwaldverein über den Stand des "Hasselmann-Projektes"
© GEOsdR

In Zusammenarbeit mit der weltweit in der Entwicklungszusammenarbeit tätigen Consulting Firma GFA, die den Verein schon seit vielen Jahren pro bono berät, haben wir einen Projektansatz in der Pufferzone des Lower Zambezi Nationalparks in Sambia entwickelt: Wir werden drei Dörfer fünf Jahre lang modellhaft darin unterstützen, Treibhausgasemissionen zu reduzieren, Flora und Fauna zu erhalten und sich nachhaltig zu entwickeln. Erfolgsbasierte Zahlungen in einen Village-Fund imitieren eine Klimafinanzierung und erlauben so, deren Wirkung zu testen. Kosten und Nutzen unserer Maßnahmen werden wir detailliert erheben. Bisher fehlen solche Daten.

Sambia bietet gute Rahmenbedingungen: Das Land zählt zu den klimapolitischen Vorreitern Afrikas und den weltweit vier Staaten, die für das von der Deutschen Bundesregierung (BMWK) finanzierte SPAR6C-Programm ausgewählt wurden. Dieses Programm unterstützt Sambia bis 2027 darin, Strukturen zu schaffen, um zukünftig am internationalen Kohlenstoff-Handel teilzunehmen (Artikel 6 des Pariser Abkommens). 

Der Forst- und Agrarsektor ist mit 70 Prozent der größte CO2-Emittent des Landes. Nur 8 Prozent der ländlichen Haushalte haben Zugang zu Strom. Damit gibt es ein großes Potential für CO2-Einsparungen.

Das Projektgebiet 

Die drei Dörfer Malabanyika (143 Haushalte), Mugurameno (368 HH) und Chimusabo (100 HH) liegen in der Game Management Area (GMA) Chiawa, wenige Autostunden südlich der Hauptstadt Lusaka. Die Auswahl erfolgte mithilfe der NGO Conservation Lower Zambezi (CLZ), die gemeinsam mit der Regierung den angrenzenden Nationalpark Lower Zambezi verwaltet, dem traditionellen Oberhaupt der Region - HRH the Chieftainess of Chiawa – sowie dem Community Resources Board.

Die Projektdörfer im Süden Sambias liegen an den Flüssen Kafue und Sambesi
© GEO-Grafik

Im Hinterland erheben sich bewaldete Berge, die Ebene entlang des Sambesi ist durch Abholzung stark degradiert. Die illegale Produktion von Holzkohle - wichtigste Treiber für die Waldverluste - ist für viele Familien die einzige Einkommensquelle. Die meisten Familien leben als Selbstversorger, einige arbeiten auf kommerziellen Farmen oder für Lodges entlang des Sambesi (Tageslohn: 1,70 – 2,00 Euro). Auf der gegenüberliegenden Flussseite liegt der bekannte Mana Pools NP in Zimbabwe. Durch die hohe Wildtierdichte zählt Chiawa zu den Regionen mit den meisten Mensch-Tier-Konflikten. Extreme Dürre hat die Konflikte zuletzt noch verschärft: Allein im zweiten Quartal 2024 wurden in Chiawa sechs Menschen durch Elefanten getötet. Im Projektdorf Mugurameno haben die Einwohner daraufhin den Wald entlang der Schulwege gefällt, damit Elefanten rechtzeitig entdeckt werden können.

Ziele des Projektes

Folgende Maßnahmen sind geplant:

  1. Off-grid PV und Batterien für den Betrieb von E-Zäunen und Wasserpumpen, die Stromversorgung aller Haushalte und als Grundlage für die Entwicklung von Kleinstbetrieben;
  2. Anlage gemeinschaftlich genutzter Agroforstflächen mit Obstbäumen, die in einigen Jahren Erträge abwerfen;
  3. Verbesserte, nachhaltige Nutzung vorhandener Agrarflächen durch die Anlage von Bewässerungssystemen, damit zweimal im Jahr geerntet werden kann. Dadurch wird die Subsistenz der landwirtschaftlichen Produktion gesichert und zusätzliches Einkommen generiert, was wiederum dazu führt, den Druck auf die Waldflächen (Holzkohleproduktion) zu verringern. Dabei muss auf Kompatibilität mit Biodiversitätsschutz geachtet werden; 
  4. Proxy Payments: durch ein erfolgsbasiertes Zahlungssystem wird eine Kohlenstofffinanzierung imitiert und deren Wirkung getestet. Die Zahlungen erfolgen in einen „Climate Village Fund“ für eine erfolgreiche Umsetzung von Projektkomponenten, etwa für die Anpflanzung und das Überleben von Obstbäumen und für eine Zunahme der Biomasse (Kontrolle durch Remote Sensing und verdeckte terrestrische Stichproben). Solche „performance based proxy-payments“ nehmen etwaige spätere Einnahmen aus dem Kohlenstoffhandel vorweg. Sie machen die Menschen vertraut mit den Anforderungen, schaffen Einkommen und ermöglichen damit eine weitere Entwicklung - und wir können ihre Wirkung testen.

Durch welche Maßnahmen entfalten Investitionen ihre größte Wirkung? Solche Daten fehlen in Sambia bisher. Das Ministerium für „Grüne Wirtschaft und Umwelt“ und das Tourismus-Ministerium (zuständig für die Nationalparks) interessieren sich daher bereits für unser Vorhaben. In den kommenden Jahren soll viel Geld in die Rehabilitierung von Nationalparks und eine bessere Kooperation mit umliegenden Dörfern fließen. Die Weltbank stellt hohe Zuschüsse für ein „Green Tourism Konzept“ bereit. Deren Berater Jean Michel Pavy sagt: 

Die Weltbank hat zwar viel Geld, aber sie ist wie großer Tanker: Sie kann nur langsam manövrieren. Deshalb braucht dieser Tanker einen Schlepper. Das seid ihr mit Eurem Modell. Ihr könnt Wege ausloten und dann in eine neue Richtung weisen.

Unsere Partner

Das Hasselmann-Projekt wird mit zwei Mitarbeitern der GFA Consulting Group entwickelt: Joachim Schnurr (Tropen-Forstwirt und langjähriger Direktor des Climate Competence Centers der GFA) und Martin Burian (Ökonom und Spezialist für Emissionsreduktionen). Die beiden beraten die sambische Regierung beim SPAR6C-Projekt und sind mehrmals im Jahr vor Ort. Das schafft ausgezeichnete Voraussetzungen für das Projektmonitoring und die Vernetzung mit weiteren Akteuren.

Lokaler Partner für die Implementierung ist Conservation Lower Zambezi, eine etablierte, vor Ort gut vernetzte NGO. Sie verwaltet gemeinsam mit der Regierung den Nationalpark Lower Zambezi und hat bereits unsere Projektvorbereitungen begleitet.

Finanzierung

Das Budget für das fünfjährige Projekt beläuft sich auf rund 1,6 Mio EUR. Der Nobelpreisträger Klaus Hasselmann hat mit 200.000 Euro den Anstoß gegeben; 100.000 Euro hat der Energieexperte Heiko von Tschischwitz beigesteuert. Unser wichtigster Förderer ist die KfW Stiftung, die fast 50% der Projektkosten finanziert. Knapp ein Drittel kommt von der Alexander Gruner Stiftung. Der Ökostrom-Anbieter LichtBlick, langjähriger Förderer unseres Vereins, spendet Solarpaneele für ein Mini-Grid; Die Klaus-Friedrich-Stiftung (Teil der Mast-Stiftungen) ermöglicht uns die Erstellung einer Machbarkeitsstudie zur Erprobung von Biodiversitätszertifikaten. 

Stand des Projektes

Juli 2025: Conservation Lower Zambezi sucht einen Agronomen für unser Projekt. 240 Leute haben sich beworben.

Juni 2025: Offizieller Projektstart! Ab jetzt läuft die Uhr für das auf fünf Jahre angelegte Projekt!

Mai 2025: Bei unserem lokalen Partner Conservation Lower Zambezi veranstalten wir einen dreitägigen Workshop zu Biodiversitätszertifikaten. 

April 2025: GEOsdR und Sambias "Rural Electrification Authority" (REA) unterzeichnen eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit bei der Verstromung der Dörfer. Auch die Dorfverstände unterzeichen erste Verträge zur Unterstützung unseres Projektes. 

Das Department for National Parks and Wildlife verhandelt in unserem Auftrag mit den Dörfern lokale Landnutzungspläne, damit gemeinsam festgelegt werden kann, auf welchen Flächen wir welche Maßnahmen umsetzen können. In Malabanyika stellt sich heraus, dass die uns vorgeschlagenen Gebiete bereits durch Landtitel belegt sind. Der Hof der Chieftainess of Chiawa schlägt stattdessen ein anderes Dorf vor, das wir in Kürze prüfen werden.

Februar 2025: Die geplanten Projekt-Aktivitäten werden in Dorfversammlungen detailliert vorgestellt.

Dezember 2024: Die GfA legt eine 60-seitige Design Studie für das Projekt vor. Außerdem wird eine Studie über Wildtierkorridore und Mensch-Wildtier-Konflikte fertig gestellt.

August 2024: Aktuell werden Haushaltsbefragungen und Landvermessungen ausgewertet. Auf dieser Basis erstellt das GFA-Team eine Design-Studie. Bei Dorfversammlungen wird dann über die endgültigen Maßnahmen entschieden. Der offizielle Projektstart ist für den Herbst 2024 vorgesehen.

Wir sind im Austausch mit der Rural Electrification Authority (Energiebehörde für den ländlichen Raum) zu einer möglichen Kooperation bei der Stromversorgung der Projektdörfer. Um die Konflikte mit Wildtieren zu entschärfen, planen wir mit der Behörde für Nationalparks und Wildtiere eine Prüfung der Wildtier-Korridore und im Anschluss die Erstellung lokaler Landnutzungspläne.