Er war nicht nur ein Künstler. Joseph Beuys (1921-1986) hat die traditionellen Begriffe "Kunst" und "Künstler" radikal erweitert und neu definiert. Zum Beispiel mit einer Aktion, die er "Richtkräfte für eine neue Gesellschaft" nannte. 1974 lud er Besucher eines Londoner Museums für Zeitgenössische Kunst ein, mit ihm über Visionen zur Erneuerung der Gesellschaft zu diskutieren. Vier Wochen lang kam er täglich von 12 bis 20 Uhr in die Ausstellung, hörte zu, fragte, redete, mit Künstler-Kollegen ebenso wie mit zufällig Anwesenden, und notierte sein Fazit mit roter und weißer Kreide auf 100 schwarzen Schultafeln. War die Arbeit an einer Tafel beendet, fixierte er die Skizzen darauf mit Haarspray, warf sie auf den Boden und ermunterte das Publikum, darauf herumzuspazieren.
1977 kaufte die Berliner Nationalgalerie die Installation. Im Mai 2013 wurde sie restauriert - in einer mehrwöchigen Aktion, die so stattfand, wie Beuys es sich wohl gewünscht hätte: vor den Augen des Museumspublikums.