Laiendarsteller, die in akkurat nachgeschneiderten Kostümen historische Ereignisse aufleben lassen: Wie sind Sie darauf gekommen, mit Hilfe solcher "Reenactments" die Ereignisse rund um die Völkerschlacht von Leipzig zu bebildern?
Diese Arbeit ist eigentlich Teil eines weit umfassenderen Projekts, in dem ich Menschen und ihre Passionen zeigen will - Kunstschwimmer etwa, Karnevalisten, und eben auch die Leute aus den Reenactment-Vereinen. Als dann der 200. Jahrestag der Völkerschlacht nahte und die Stadt Leipzig bei mir Plakatmotive für dieses Großereignis in Auftrag gab, habe ich natürlich ein besonderes Augenmerk auf diesen Aspekt meines Passionen-Projekts gelegt und die Darsteller über viele Monate hinweg intensiv mit der Kamera begleitet.
Das heißt, die Gruppen haben sich nicht erst eigens zum Jahrestag der Völkerschlacht formiert?
Keineswegs. Von den Vereine hier in Ostdeutschland, auf deren Arbeit ich mich konzentriere - es sind etwa 80 Stück -, gab es einige sogar schon zu DDR-Zeiten, wenn auch damals auf bescheidenem Niveau und unter anderen Vorzeichen. Die Gruppen treffen sich heute regelmäßig mit anderen; meist zu kleineren Biwaks mit 100 oder 200 Teilnehmern, etwa bei Dorf- und Stadtfesten oder anlässlich kultureller Events. Man darf keinesfalls annehmen, dass dies Militaria-Freaks wären; ich sehe ihr kriegerisches Potenzial etwa auf dem Niveau von Briefmarkensammlern und Zierfischfreunden. Man kennt sich, man trifft sich, man tauscht sich aus. Die Ostdeutschen mit Gruppen aus Bayern und Baden-Württemberg und alle zusammen mit solchen aus Polen oder Tschechien, Belgien und Frankreich. Und jetzt, zum 200. Jahrestag der Völkerschlacht, wenn in Leipzig sechs- bis neuntausend Teilnehmer erwartet werden, sind sogar Gruppen aus Kanada und Australien dabei.
Mit welchen technischen Mitteln bilden Sie die historischen Szenerien ab?
Ich benutze eine Mittelformatkamera, um den ganzen Detailreichtum der Kostüme und die technische Perfektion der historischen Utensilien wiederzugeben. Und starke Lampen, die meine Assistenten im Gelände aufbauen. Meist setze ich ein starkes Licht von der Seite und helle nur geringfügig von vorne auf; so ergeben sich Bildstimmungen, wie man sie von Gemälden der Renaissance kennt. Oder auch von den Meistern der Romantik, was der dargestellten Zeit ja sehr angemessen wäre.
Man sieht Sie auf einem der Workshop-Bilder mit Gehörschutz bei der Arbeit. Wegen des Gefechtslärms?
Der Kanonendonner ist unglaublich laut, auch die Darsteller tragen Ohrstöpsel, wenn die Artillerie feuert. Natürlich werden keinen Kanonenkugeln verschossen. Das Schwarzpulver wird in Papierrollen gedreht und dann, historisch korrekt, mit Feuersteinen gezündet, was oft misslingt. Natürlich finden diese Veranstaltungen unter strengen feuerpolizeilichen Auflagen statt. Übrigens waren die Uniformen vor 200 Jahren auch wegen der immensen Rauchentwicklung so bunt. Gelbe Bommel, roter Federbusch – das diente auch dazu, in den dichten Rauchschwaden Freund und Feind auseinander halten zu können.
Was sind Ihre nächsten Projekte?
Ich fotografiere weiter Menschen mit Passionen. Und außerdem will ich das heutige Leben entlang der Via Regia dokumentieren, jenes transkontinentalen Handelsweges, der im Mittelalter vom Atlantik bis nach Russland hinein verlief.