Am 23. und 24. Juni herrscht Ausnahmezustand in Riga. Dann wird die Sommersonnenwende gefeiert. In der kürzesten Nacht des Jahres geht kaum jemand schlafen. Aber auch sonst sind die Sommernächte in der Hauptstadt von Lettland hell und das Nachtleben lang.
Eine Sperrstunde gibt es nicht und die sogenannten "weißen Nächte" laden ein zum Flanieren, Feiern und gemütlichen Beisammensein. Plätze und Gassen in der Altstadt verwandeln sich in Biergärten, Cafés und Bars.
Aber nicht nur das sommerliche Nachtleben macht die Stadt Riga zu einem lohnenden Ziel für einen Kurztrip. Besser wäre noch ein Wochenausflug. Denn zu erleben gibt es zu jeder Jahreszeit genug.
Altstadt-Bummel in Riga
Wer Hamburg oder Lübeck mag, wird auch Riga lieben. Weiter, blauer Himmel, Möwenschreie, frische Brise und ein Hauch Sole in der Luft. Lettland ist der Mittlere, der drei baltischen Ostseeanrainer, vor Russland und gegenüber der schwedischen Küste gelegen. Riga gehörte einst zur Hanse. Einige Häuser erinnern noch an die mittelalterliche Macht, aber als die Stadt wuchs, wurde munter abgerissen und neu gebaut.
Heute bietet Riga einen Querschnitt durch die Architekturgeschichte und die größte Jugendstildichte Europas. Die Altstadt von Riga hat es sogar auf die Liste des UNESCO Weltkulturerbe geschafft. Nur rund einen Quadratkilometer ist die Altstadt groß und lässt sich gut zu Fuß erkunden. Sie ist gleichermaßen Zentrum des Tourismus und Anziehungspunkt für die Einheimischen.
Ein Erkundungsgang zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten startet am bestem am Rathausplatz. Hier steht das berühmte Schwarzhäupterhaus. Der reich verzierte Barocksteinbau war einst Sitz einer deutschen Kaufmannsgilde. Im Zweiten Weltkrieg wurde er komplett zerstört und erst vor einigen Jahren originalgetreu wieder aufgebaut. Im Haus befindet sich übrigens auch die Touristen-Information.
- Nächster Stopp: der Domplatz. Der namensgebende Dom hat mehr als 800 Jahre Stadtgeschichte mitgemacht und gehört zu den sehenswertesten und dank seiner Orgel, auch zu den hörenswertesten Orten der Stadt. In der Mitte des Platzes kann man auf einer Tafel von Rigas Aufnahme ins Weltkulturerbe lesen. Hübsch: Von hier aus hat man alle drei Wetterhähne der Kirchtürme im Blick, die sich als Scherenschnitt vor dem Himmel abzeichen.
- Die Johanniskirche liegt im Herzen des historischen Zentrums von Riga, ihre Wurzeln reichen zurück in die Zeit der Stadtgründung im 13. Jahrhundert.
- Petrikirche: Der Turm ist der höchste der Innenstadt und sollte wegen der Aussicht unbedingt bestiegen werden. Aus dem Panorama aus Dächern und Giebeln lässt sich die Stadtgeschichte regelrecht lesen.
- Die historische Altstadt schmiegt sich in die vorletzte Biegung des Flusses Daugava, wie ein Band umschlingt auf der anderen Seite ein Kanal die Altstadt von Riga. Die ehemalige Festungsanlage musste der Stadt weichen und heute befindet sich hier eine Parkanlage mit dem Freiheitsdenkmal. Man kann Boot fahren oder einfach im Baumschatten die grüne Oase genießen.
- Außerdem stehen an der grünen Grenze zwischen Neu- und Altstadt verschiedene öffentliche Gebäude, unter anderem auch das Lettische Okkupations Museum. Es erzählt die tragische Geschichte der verschiedenen Besetzungen Lettlands im 20. Jahrhundert (sowjetisch, deutsch, sowjetisch). Die Geschichte des Landes kann man sogar auf der Straße hören. Offizielle Amtssprache ist lettisch und nach der Unabhängigkeit wurden rigide Gesetze eingeführt, um das Lettische zu stärken. Allerdings sprechen rund 40 Prozent der Rigaer russisch als Muttersprache. Und auch Deutsch ist dann und wann noch zu hören.
Stadt des Jugendstils
Giebel und Türmchen, Ornamente, Loggien, Balustraden und Statuen, Drachen, Löwen und mythische Göttergestalten – mehr Jugendstil geht kaum. Die Neustadt wirkt wie ein Zuckerbäckerwunderland. Es heißt, in Riga ständen mehr Jugendstilbauten als in Wien und sie gehören definitiv zu den Top-Sehenswürdigkeiten. Ganz besonders dicht stehen sie in der Straße Alberta iela.
Hier hat sich der Architekt Michail Eisenstein für seine Bauplastiken so ausgiebig in der weltweiten Kunstgeschichte bedient, dass er bei all den Göttern, Formen und Figuren vermutlich selbst manchmal den Überblick verloren haben dürfte. Macht nichts, sieht schön aus. Besonders die Alberta iela Nummer 2a mit blau gekachelter Fassade und weiß abgesetzten Ornamenten. Auch spannend: Alberta iela 12. Im Dachgeschoss lag die Atelierwohnung von Jānis Rozentāls - heute ein Museum.
Nach der Alberta iela noch schnell ein Abstecher zur Geburt-Kathedrale direkt an der Esplanade. Ein Gotteshaus der russsisch-orthodoxen Kirche mit fünf mächtigen, teils vergoldeten Kuppeln.
Schlemmen und Nachtleben
Vom Hangar zur Markthalle – der Zentralmarkt von Riga hat eine ungewöhnliche Geschichte. Fünf riesige Hallen finden sich direkt hinter Bus- und Hauptbahnhof. Denn der Markt ist der größte in Europa mit 80.000 bis 100.000 Besuchern täglich. Die Hallen waren mal Hangars, in denen im Süden Lettlands deutsche Zeppeline gebaut wurden. Nach dem Deutschland den Ersten Weltkrieg verloren hatte, zogen sie in neuer Funktion nach Riga.
Frischer Lachs, geräucherter Aal, Kümmelkäse oder saftige Beeren – nirgends im Baltikum findet man eine größere Auswahl an frischen Lebensmitteln als in Lettlands Hauptstadt. Und vor den Hallen wird ebenfalls geschäftig gehandelt. Nicht nur die Rigaer erledigen ihren Wocheneinkauf, auch die Restaurants der Stadt wissen die frischen Produkte zu schätzen. Restaurants gibt es in Altstadt und Neustadt unzählige.
- Das Vincents hat den Ruf, das beste Restaurant im Baltikum zu sein: Haute Cuisine mit saisonalen Zutaten aus Öko-Anbau. Das mundet auch internationaler Prominenz.
- Familiär geht's im Milda zu. Serviert werden feine Speisen der lettischen und litauischen Küche. Auf Wunsch gibt's Hilfe beim Auswählen und historische Erklärungen.
- Die Kette Lido mit mehreren rustikalen Restaurants in Riga setzt auf lettische Hausmannskost und große Auswahl an lettischem Bier.
- Kuuka Kafe: Ein gemütliches Café direkt in der Altstadt mit Kuchen und kleinen Snacks, außerdem gibt es am Wochenende Brunchbuffet.
Das Nachtleben in Riga ist bunt und vielfältig und manchmal verschmelzen auch Club und Kneipe, wie beispielsweise im Folkklub Ala Pagrabs. In der Kultkneipe in Riga gibt es deftiges Essen und fast jeden Abend Livemusik.
Bierliebhaber kommen in der Mikrobrauerei Alus darbnīca Labietis auf ihre Kosten und heimische Musik gibt's im Četri balti krekli, einem traditionellen Liveclub, in dem fast ausschließlich lettische Bands auftreten. Aber es spricht natürlich auch nichts dagegen, sich einfach so durch die Altstadt von Riga treiben zu lassen.
Nicht nur Riga ist eine Reise wert
Vor den Toren der Stadt sollte der Besucher sich zwei Ziele nicht entgehen lassen:
- Nur 25 Kilometer von Riga entfernt liegt das beliebtestes Seebad des Baltikums: Jūrmala. Der berühmte Kurort lockt mit feinsten Sandstrand, Sommerhäuschen und Jugendstilvillen aus Holz.
- Nur eine knappe Stunde Fahrtzeit von Riga entfernt kann man im Ethnografischen Freilichtmuseum eine Art Zeitreise vom 17. Jahrhundert bis heute antreten. Hier ist das alte Lettland nachgebaut, mit historischen Gebäuden und Gewerken und in den Gärten wird sogar Gemüse angebaut.