GEO.de: Wie alt können Papageien eigentlich werden, Herr Bürkle?
Dr. med. vet. M. Bürkle: Das ist ganz unterschiedlich und hängt von der jeweiligen Papageienart ab – es gibt schließlich rund 350 Arten! Ein Wellensittich bringt es bei guter Haltung auf etwa 14 bis 15 Jahre. Wenn wir von Aras wie Rosalinda reden, dann sprechen wir von einer Lebenserwartung von mehr als 50 Jahren.
Der älteste Papagei, den ich jemals bei mir einmal in der Praxis behandelt habe, war ein 65 Jahre alter Graupapagei. Das ist ein enormes Alter! Bei Papageien verhält es sich mit der Lebenserwartung ähnlich wie bei uns Menschen – das Durchschnittsalter liegt beim Menschen bei 79 Jahren - doch es gibt auch Personen, die über 100 Jahre alt werden.
Woran liegt es, dass allgemein Papageien so alt werden?
Das liegt am Stoffwechsel. Man muss wissen, dass kleine Vögel einen enorm hohen Herzschlag haben – Kolibris haben beispielsweise bis zu 800 Herzschläge pro Minute. Damit geht natürlich ein höherer Stoffwechsel einher. Deswegen werden im Durchschnitt kleinere Vögel nicht ganz so alt, während größere Vögel ein bedeutend längeres Leben führen.
Die Lebenserwartung bei Papageien hängt also auch mit der Körpergröße zusammen?
Ja, grob lässt sich sagen: Je größer ein Papagei, desto höher die Lebenserwartung. Allerdings wird der größte Papagei nicht automatisch auch am ältesten.
Gibt es noch weitere Unterschiede zwischen den großen und kleinen Papageienarten?
Ja. Zum Beispiel, dass die Nachwuchszahl bei großen Papageienarten nicht so hoch ist wie den kleineren Arten. Ein Ara-Paar beispielsweise bekommt höchstens drei Eier – und das auch nicht jedes Jahr. Zudem werden die Tiere erst mit fünf oder sechs, manchmal auch erst mit sieben oder acht Jahren geschlechtsreif. Diese Papageien müssen erstmal ein gewisses Alter erreichen, um sich überhaupt fortpflanzen zu können.
Wie sieht es mit Lebenserwartung von Papageien in freier Wildbahn aus?
Das kann man nicht ganz genau sagen, da es keine auswertbaren Erhebungen gibt. Aber es ist davon auszugehen, dass die Lebenserwartung freilebender Vögel deutlich geringer ist.
Wenn man sich als Erwachsener nun Papageien zulegen möchte, sollte man sich dies also wirklich gut überlegen, weil ein solcher Vogel eben locker 50 Jahre alt werden kann?
… Und im Zweifel auch im Testament berücksichtigt werden muss, richtig! Man sollte sich die Anschaffung von Papageien vorher wirklich gut überlegen und sich genau über die Tiere erkundigen, sich mit deren Langlebigkeit auseinandersetzen und sich der Intelligenz bewusst sein. Ein Papagei hat durchschnittlich einen Intelligenzquotienten eines drei- bis vierjährigen Kindes. Auf diesem Niveau kann kein Hund mithalten!
Das macht die Papageienhaltung sehr anspruchsvoll. Sowohl Haltung, Fütterung als auch die Beschäftigung der Tiere erfordern Wissen und Zeit. Zudem ist die Einzelhaltung von Papageien prinzipiell abzulehnen. Die Zeiten, in denen Papageien allein in einen Käfig gesetzt wurden, sind vorbei.
Papageien sind sehr soziale und auch sensible Tiere. Viele Vögel prägen sich auf ihren Besitzer und sind dann auf ihn fixiert. Eine Trennung verkraften nicht alle Papageien gut. Daher ist es auch wichtig, die Tiere dahingehend zu erziehen und sie frühzeitig an andere Menschen zu gewöhnen.
Das ist bei Hunden nicht anders: Wenn ein Hund zu Hause Besuch oder Fremde nicht gewohnt ist, dann fängt er an zu bellen. Wird der Hund aber richtig sozialisiert und erzogen, dann ist er auch fremde Menschen gewohnt.
Genauso ist das bei Papageien: Wenn Papageien den Kontakt mit anderen Menschen gewohnt sind, dann können sie auch leichter weitergegeben werden.
Haben Sie selbst auch Papageien?
Jede Menge! (lacht)
Wie viele Papageien haben Sie denn?
Nehmen wir jetzt die Wellensittiche und Kleinpapageien mit dazu, dann sind es über 300. Wir haben verschiedene Ara-Arten, mittelgroße Papageienarten wie Weißbauchpapageien und kleine Arten wie Sperlingspapageien oder Wellensittiche.
Vielen Dank für das Interview.
Dr. med. vet. M. Bürkle ist Fachtierarzt für Zoo- und Wildtiere und hat sich ganz besonders auf Papageien spezialisiert. Er betreibt eine eigene Tierarztpraxis in Baden-Württemberg und ist regelmäßig in der SWR-Fernsehserie „Tierarztgeschichten“ zu sehen.