Eine dramatische Szene beobachtete der Fotograf Brennen Simonson am Weißen Nil in Uganda: Ein Krokodil hatte einen trinkenden Wasserbock am Hinterlauf gepackt – und versuchte nun, sein Opfer in tieferes Wasser zu ziehen, um es zu ertränken. Über eine Stunde, so der Fotograf, soll das Gezerre auf Leben und Tod gedauert haben. Bis ein Nilpferd auf der Szene erschien.
Das griff beherzt ein und vertrieb das Krokodil. Den völlig verängstigen und entkräfteten Wasserbock stupste es dann in Richtung Ufer, wo sich das Tier ausruhen konnte.
Ein Fall von Altruismus? Ein Fall von Mitleid zwischen verschiedenen Tierarten, wie der Fotograf selbst berichtet?
Ganz so einfach scheint es nicht zu sein. Denn Biologen wie der Verhaltensforscher Karsten Brensing sehen zwar immer mehr Hinweise darauf, dass viele Säugetiere sich in andere Tiere hineinversetzen können. Dass sie also verstehen, wenn „jemand“ Hilfe braucht. Und dann auch selbstlos helfen.
Flusspferde gelten als sehr aggressiv – und verteidigen ihr Territorium
Doch was wie Unterstützung für ein Tier in Bedrängnis aussieht, kann auch territoriales Verhalten sein. Das Flusspferd „hilft“ also nicht dem potenziellen Opfer des Krokodils, sondern vertreibt in erster Linie das Reptil, den Eindringling. Zudem betrachten Flusspferde Krokodile als ihre natürlichen Feinde. Denn zumindest Hippo-Babys kommen als Beute für größere Krokodile in Betracht.
Rätselhaft bleibt, warum das Hippo den Wasserbock unterstützt, als das Krokodil schon verschwunden ist. Ist das echte, selbstlose Fürsorge? Zumindest ausschließen lässt es sich offenbar nicht. Der Verhaltensforscher Frans de Waal erklärte gegenüber GEO.de, solche empathischen Verhaltensweisen zwischen verschiedenen Spezies seien auf das Verhalten gegenüber Artgenossen zurückzuführen.
Offenbar weckte der Wasserbock den Beschützerinstinkt des Hippos. Das ist umso erstaunlicher, als Flusspferde gelegentlich auch auf fleischliche Kost zurückgreifen.