"Es sind nur Steine, die wir zerstören", sagte der Taliban-Führer Mullah Omar; tatsächlich war es eine Kampfansage an andere Kulturformen, als seine Brigaden im März 2001 zwei uralte Buddha-Statuen im afghanischen Bamiyan-Tal sprengten. Jetzt, nach dem Ende des Terror-Regimes, haben Armin Grün und Fabio Remondino vom Institut für Geodäsie und Photogrammmetrie der ETH Zürich den 53 Meter hohen, größeren Buddha am Computer dreidimensional wieder erstehen lassen. Um ein 3-D-Modell zu erstellen, braucht man mindestens zwei Bilder aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Erst damit lassen sich die dreidimensionalen Koordinaten eindeutig festlegen. Digitale Fotos aus dem Internet erwiesen sich für die Rekonstruktion der etwa 1700 Jahre alten Statue jedoch als wenig geeignet. Sie waren teilweise verzerrt und enthielten keine Informationen zum Aufnahmewinkel oder zur Auflösung der Kamera. Doch die Forscher hatten Glück: Sie erhielten von der Stiftung Bibliotheca Afghanica aus dem schweizerischen Bubendorf noch einige Spezialaufnahmen der Skulptur.
Diese Fotos hatte der Grazer Professor Robert Kostka während einer Forschungsreise vor 30 Jahren mit einer Messkamera gemacht. Aufnahmewinkel und Brennweiten waren genau bekannt; außerdem lieferten die großformatigen Fotoplatten gestochen scharfe Bilder, sodass diese Aufnahmen in digitalisierter Form eine genauere räumliche Berechnung der Statue ermöglichten.
Aus knapp 170000 Einzelpunkten, die der Computer aus Aufnahmen Kostkas erstellt hatte, berechneten die Wissenschaftler zunächst eine Punktwolke der Oberfläche des Buddha. Anschließend verbanden sie jeweils drei benachbarte Punkte miteinander zu Dreiecken, denen die Grauwerte aus den ursprünglichen Bildern zugeordnet wurden.
Das Ergebnis war ein virtuelles 3-D-Modell des Buddha, das dem Original mit einer maximalen Abweichung von etwa einem Zentimeter entsprach. Ein maßstabgetreues Minimodell von etwa 30 Zentimeter Höhe wurde sodann nach den Computerdaten aus einem Polyurethanblock gefräst.
Wesentlich schwieriger, so ergab jüngst eine Fachtagung in München, dürfte sich ein Wiederaufbau der echten Statue nach dieser Vorlage gestalten: Durch die Explosionen bei der Zerstörung des Riesenbuddha wurde die umgebende Felswand stark beschädigt, sodass die zunächst gesichert werden müsste.
Auch in welchem Ausmaß Trümmer der Original-Statue verwendet werden könnten, ist noch unklar. Die dünne Lehmmörtel-Schicht, die einst die Oberfläche des Buddha bedeckte und ihm sein spezifisches Aussehen verlieh, ist völlig zerfallen. Lediglich der innere Gesteinsblock, der dem Bildnis die groben Konturen gab, ist in Bruchstücken erhalten.
Zudem ist ein Wiederaufbau der Skulptur politisch umstritten: Zwar befürworten viele Afghanen das Projekt, weil die Buddhas von Bamiyan zu ihrer kulturellen Vergangenheit gehören und Nachbildungen sicherlich den Zustrom von Touristen fördern würden. Andererseits plädieren Wissenschaftler aus verschiedenen Ländern für den Erhalt der Trümmer als Mahnmal gegen die fanatische Zerstörung von Kulturgütern. Das Für und Wider sowie die Machbarkeit eines derartigen Vorhabens werden derzeit von der Unesco diskutiert.