Kennen Sie das? Es ist September, der Wecker klingelt wie jeden Morgen – aber draußen ist es noch dunkel. Letzte Woche war es um diese Zeit doch schon hell? Und abends, so scheint es, dämmert es auch immer früher. Wie im Eiltempo scheinen die Tage kürzer zu werden.
Klar: Wir wissen, dass die Tage ab der Wintersonnenwende am 21. Dezember, also nachdem die Sonne am Horizont ihren tiefsten Stand erreicht hat, wieder länger werden. Und dass sie nach der Sommersonnenwende am 21. Juni schon wieder kürzer werden. Leider. Doch vollzieht sich die Zu- und Abnahme mit derselben Geschwindigkeit (rein rechnerisch wären es knapp zweieinhalb Minuten pro Tag)? Oder haben es die Tage mit dem Kürzerwerden im September tatsächlich besonders eilig?
Um es gleich vorwegzunehmen: Der Eindruck täuscht nicht. Die Zu- und Abnahme der Sonnenscheindauer ist tatsächlich nicht über das ganze Jahr hinweg konstant. Rund um die Sonnenwenden ist der Unterschied der Tageslängen kaum wahrnehmbar – er beträgt nur wenige Sekunden pro Tag. Doch genau zwischen diesen Extremen, an den sogenannten Tagundnachtgleichen am 21. März beziehungsweise am 23. September, sind die Unterschiede deutlich spürbar. Dabei fallen sie je nach Breitengrad unterschiedlich aus. Während in München die Tage gegen Ende September um drei Minuten und achtundzwanzig Sekunden kürzer werden, sind es in Hamburg sogar vier Minuten und zwölf Sekunden.
Unterschiedliche Geschwindigkeiten der Zu- und Abnahme sind der Neigung der Erdachse geschuldet
Die Schwankung der Sonnenscheindauer kann man sich wie eine Wellenlinie vorstellen. Die Wellenberge und -täler, also die höchsten und die tiefsten Punkte, sind die Sonnenwenden mit der je kürzesten und der längsten Sonnenscheindauer. Oder anders ausgedrückt: Wenn man immer dort einen Punkt an den Himmel setzte, wo die Sonne genau im Süden steht, ergäbe das über das Jahr hinweg eine senkrechte Punktreihe. Am oberen und am unteren Ende – um die Sonnenwenden herum – liegen die Punkte dicht beieinander. Zur Mitte hin stehen sie dagegen weiter auseinander.
Verantwortlich für diese jahreszeitlichen Schwankungen ist die Neigung der Erdachse: Im Verlauf eines Jahres ist die Rotationsachse unseres Planeten einmal zur Sonne hin, einmal von ihr weg geneigt. Das hat zur Folge, dass über das Jahr hinweg die Tage auf der Nordhalbkugel kürzer, auf der Südhalbkugel dagegen länger werden – und umgekehrt. Und zwar mit zu- und abnehmendem Tempo.