GEOplus: Frau Dr. Linne, Sie forschen zu Geschlechterbildern im Frauenfußball. Eine Studie kam 1953 zu dem Schluss: "Es ist noch nie gelungen, Frauen Fußball spielen zu lassen." Warum galt Fußball lange als reine Männerdomäne?
Dr. Carina Sophia Linne: Zunächst einmal zeugt dieses Zitat von unglaublicher Ignoranz. Die Wurzeln dieses Denkens liegen in den Anfängen des Fußballspiels: Schon als Fußball 1874 im deutschen Schulsport eingeführt wurde, glaubten die damaligen Lehrer, dass dieser Sport niemals von Frauen gespielt werde.
Aber warum?
Aus unterschiedlichen Gründen: Männer trauten Frauen diesen Sport mit seinen Zweikampfelementen nicht zu. Fußball galt als zu roh. Das Treten eines Balles passte nicht zu den Beschäftigungen, die von Frauen in jener Zeit erwartet wurden: Handarbeit, Zeichnen, Musik. Während Jungen nach der Schule in ihrer Freizeit Fußball spielten, lernten Mädchen, sich um den Haushalt zu kümmern – auch, um sich für den "Heiratsmarkt" zu qualifizieren. Sehr verbreitet waren zudem Sorgen vor gesundheitlichen Schäden: Es gab Befürchtungen, dass Fußballspielen das Rückgrat von Frauen verkrümmen oder Kurzatmigkeit auslösen könne.