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Abschluss der Horizons-Mission "Alex hat uns bewusst gemacht, wie empfindlich und klein unsere Erde ist"

Lars Abromeit und Alexander Gerst
Lars Abromeit ist mit Alexander Gerst seit vielen Jahren befreundet und stand auch während der "Horizons"-Mission mit ihm in Kontakt
© Lars Abromeit (privat)
GEO-Expeditionsreporter Lars Abromeit, seit vielen Jahren mit Alexander Gerst befreundet, hat die "Horizons"-Mission in direktem Kontakt mit dem ESA-Astronauten begleitet. Was sind die wichtigsten Erkenntnisse? Und gab es Momente der Angst? Ein Kurzinterview zum Abschluss der Mission

GEO: Was ist für dich die wichtigste Erkenntnis, die wir aus der „Horizons“-Mission auf der ISS lernen können?

Lars Abromeit: Ich finde, die Horizons-Mission hat extrem gut gezeigt, welche Chancen in der bemannten Raumfahrt liegen – aber auch, welche Gefahren und Schwierigkeiten damit verbunden sind. Die Erde zu verlassen, ist eben kompliziert. Wir können das noch nicht lange, und noch immer bewegen wir uns hier an der Grenze des technisch und menschlich Machbaren: Zum Beispiel gab es in der Soyuz-Kapsel, mit der Alex und seine beiden Begleiter zur ISS geflogen sind, dieses Bohrloch, das nicht gut abgedichtet war: Zum Glück ist der Kleber erst aufgesprungen, als sie die Kapsel schon an der ISS angedockt hatten. Wäre das auf dem Anflug passiert, hätten die drei das wahrscheinlich nicht überlebt. Sie wären erstickt.

Und im Oktober musste der Start der zwei Raumfahrer, die das Team auf der ISS verstärken sollten, nach einem Triebwerkschaden ja abgebrochen werden. Da wird einem klar: Wir dürfen uns nicht einbilden, die Raumfahrt sei risikofrei. Solche Dinge können einfach passieren. Sollten wir die Gefahren trotzdem in Kauf nehmen? Ich finde: ja. Denn auch das hat uns die Horizons-Mission vor Augen geführt: Es gab so viele Experimente, die nur in der Schwerelosigkeit durchzuführen sind, aber unser Leben hier auf der Erde verbessern können, zum Beispiel bei der Suche nach neuen Medikamenten. Vor allem aber haben Alex und sein Team uns wieder mit ihrer Außenperspektive bewusst gemacht, wie empfindlich und klein unsere Erde ist - und dass wir aus Verantwortung für unsere Kinder und Kindeskinder behutsamer mit ihr umgehen müssen. Dieses Umdenken anzustoßen ist wohl das Wichtigste, was Astronauten vom All zurückbringen können.

Gab es Momente, in denen du Angst um deinen Freund hattest?

Angst nicht, aber nach den Schwierigkeiten mit der Soyuz-Rakete habe ich mir schon Sorgen gemacht, wie lange er wohl noch im All bleiben muss. Wir kennen das ja beide aus der Antarktis: Wenn man da in einer Schutzhütte in der Einsamkeit sitzt, und die Schneestürme wollen sich einfach nicht legen, dann weiß man nicht, wann man wegkommt. Aber genauso wie damals im Eis hat Alex auch diesmal als ISS-Kommandant das Beste aus der Situation gemacht - und mit seinem Team stets die Ruhe bewahrt. „Ist halt eine Herausforderung!“, hat er mir bei einem unserer Telefongespräche gesagt. Sehr cool! Trotzdem: Als die drei jetzt wohlbehalten gelandet sind, ist mir doch ein Stein vom Herzen gefallen.

Glaubst du, Alex war zum letzten Mal im All?

Naja, er war jetzt länger auf der ISS als jeder andere europäische Astronaut - und ist bestimmt auch ganz froh, nicht sofort wieder in das stressige Training für eine neue Mission einsteigen zu müssen. Aber wenn er die Chance bekäme, zum Beispiel bei einer europäisch-amerikanischen Reise zum Mond mit dabei zu sein, würde er sicherlich nicht lang zögern. Ich glaube fast, wir werden ihn wohl noch einmal über den Horizont hinausfliegen sehen.

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