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Misophonie Wenn uns bestimmte Geräusche aus der Haut fahren lassen

Geräuschbelästigung
© deagreez / Fotolia
Für viele ist schon das Kratzen der Kreide auf einer Tafel gruselig. Manche Leute empfinden es aber als noch unerträglicher, wenn der Tischnachbar einfach nur kaut

Misophonie - der Hass auf Geräusche

Fast allen Menschen läuft ein Schauer über den Rücken, wenn sie nur daran denken, wie schrecklich es klang, wenn der Lehrer früher mit einem Stück Kreide über die Tafel kratzte.

Manche Leute empfinden es aber als noch unerträglicher, wenn der Tischnachbar einfach nur kaut. Das erscheint skurril, oder gar pathologisch: Oft wurde die Misophonie – wörtlich aus dem Griechischen: "Hass auf Geräusche" – als Symptom einer Zwangsstörung aufgefasst.

Diese Einschätzung ist offenbar falsch. Laut einer Studie eines Teams um die Neurowissenschaftlerin Olana Tansley-Hancock zeigt die Hirnaktivität bei Misophonikern eine Besonderheit: Bei bestimmten Geräuschen haben die Forscher eine erhöhte Aktivität im vorderen Inselkortex gemessen; dort, wo sich entscheidet, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten.

Misophoniker müssen sich auf bestimmte Geräusche fokussieren

Ein völlig „normaler“ Vorgang also, mit dem Unterschied freilich, dass Misophoniker oft gar nicht anders können, als ihre Aufmerksamkeit auf teils unwesentliche Geräusche zu richten: Tasturengeklapper, Knabbern am Maiskolben, Papierrascheln.

Hinzu kommt, dass auch andere Hirnregionen stärker aktiviert werden, zuständig etwa für Emotionen. Betroffene reagieren aus diesem Grund extrem sensibel; mit Herzrasen, Fluchtgedanken und Schweißausbrüchen.

Dass Olana Tansley-Hancock eine der wenigen ist, die sich dieses Krankheitsbildes annimmt, hat autobiografische Gründe. Denn die Forscherin leidet selbst seit ihrem siebten Lebensjahr unter einer ausgeprägten Form der Misophonie. Doch die Ärzte, die sie konsultierte, lachten das Kind damals nur aus.

Inzwischen hat die Wissenschaftlerin ein paar Tricks parat, um ihr Leiden zu überspielen. Zuweilen trägt sie Ohrstöpsel oder versucht – wenn sie in der Kantine isst –, die Essgeräusche der Nachbarn zu überlagern: indem sie einfach synchron mit ihnen kaut.

GEO Nr. 05/2017 - Sehnsucht Wald

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