„Warum provoziert die Wärme der Sonne ein Niesen, die Wärme des Feuers aber nicht?“ Das fragte der griechische Gelehrte Aristoteles bereits vor rund 2300 Jahren. Seither haben die Menschen bewiesen, dass die Erde keine Scheibe ist. Sie haben gelernt, wie sie die Realität in Bild und Ton auf Chips speichern können und wie sie ihr eigenes Sein mit Genscheren grundlegend verändern.
Warum sie niesen, wenn sie in die Sonne schauen, wissen die Menschen noch nicht - zumindest wissen sie es noch nicht gesichert, nach den aktuellen Standards der Wissenschaft. Denn wo Aristoteles noch durch logisches Denken die Wahrheit finden wollte, suchen heute Wissenschaftler nach Theorien, die sie empirisch belegen können. Deshalb vermuten sie, dass Aristoteles und seine Schüler auf dem Holzweg waren: Es ist wohl nicht die Wärme der Sonne, die einen Niesreflex auslöst, sondern ihr Licht.
Was passiert im Körper, wenn wir niesen?
Um zu verstehen, warum Menschen niesen, wenn sie in die Sonne schauen, muss man verstehen, warum Menschen überhaupt niesen.
Die Antwort des heutigen Stands der Wissenschaft ist: Im „Normalfall“ löst ein physischer Reiz der Nasenschleimhaut einen Reflex aus, der dafür sorgt, dass wir ruckartig Luft durch die Nase und den Mund jagen - wir niesen. Im verlängerten Rückenmark sitzt demnach eine Art Nieszentrum, dort laufen Signale aus der Nasenschleimhaut und dem Großhirn zusammen und werden verarbeitet.
Dort sitzt auch die Erklärung für den Photischen Niesreflex, so hat ihn Henry Everett bereits 1964 genannt. Unser „Drillingsnerv“, der Trigeminus, hat drei Äste: den Augenast sowie Ober- und Unterkieferast. Fangen wir nun über unsere Pupillen Licht ein und verarbeiten diese Reize zu Signalen, wird normalerweise der Augenast stimuliert. Bei manchen Menschen jedoch reagiert auch der zweite Ast, der des Oberkiefers - und der spielt eine entscheidende Rolle für unsere reflexhaften Bewegungen beim Niesen. Demnach wäre es also ein Kurzschluss in unserem Nervensystem, der uns niesen lässt, sobald wir in die Sonne schauen.
Ein anderer Ansatz sucht die Erklärung im parasympathischen Nervensystem und geht von der Generalisierung eines Reizes aus. So kann ein Reiz - in diesem Falle Lichteinfall - zu verschiedenen Reaktionen gleichzeitig führen, unter anderem zu einem kräftigen Niesen.
Keine dieser Hypothesen gilt in der Wissenschaft bislang als gesichert. Was die Forschung jedoch weiß: Manche Menschen müssen niesen, wenn sie in die Sonne blicken, andere nicht. Schuld daran sind ihre Gene. Der Photische Niesreflex wird autosomal-dominant vererbt, was bedeutet, dass das Merkmal unabhängig vom Geschlecht von Generation zu Generation weitergegeben werden kann.
Wie viele Menschen davon betroffen sind, kann die Forschung schwer abschätzen. Verschiedene Studien gehen von Werten von 17 bis zu 35 Prozent der Erdbevölkerung aus.