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Mathematik Mit Sars um die Welt

Nie zuvor konnten sich tödliche Epidemien so rasch weltweit ausbreiten wie heute. Ein neues mathematisches Modell offenbart das Verlaufsmuster - und die Eingriffsmöglichkeiten

Als er seine Computersimulation zur Ausbreitung von Epidemien mit der sprunghaften globalen Verbreitung der Lungenkrankheit Sars verglich, fiel Lars Hufnagel vom Göttinger Max-Planck-Institut für Strömungsforschung eine deutliche Abweichung auf. Das klassische Simulationsmodell beruht auf dem Muster historischer Seuchen wie der Pestilenz oder der Grippe-Epidemie von 1918. Ähnlich wie Moleküle in einer Flüssigkeit langsam diffundieren, breitete sich etwa die Pest im 14. Jahrhundert innerhalb von drei Jahren schrittweise von Sizilien bis nach Norwegen aus. Die "moderne" Lungenseuche Sars indes hat sich vor allem durch die internationalen Flugverbindungen innerhalb von Wochen über diverse Zwischenstationen rund um den Globus verteilt.

Nun haben Hufnagel und Kollegen am Max-Planck-Institut und dem Göttinger Universitäts-Institut für Nichtlineare Dynamik ein Modell für die globale Ausbreitung von modernen Epidemien entwickelt. Die Forscher berücksichtigten darin mehr als zwei Millionen Flüge pro Woche zwischen 500 Flughäfen der Welt - das entspricht etwa 95 Prozent des realen Flugverkehrs.

Dem Modell zufolge sind vor allem große Knoten im Luftverkehrsnetz, wie London und New York, für die rapide Ausbreitung verantwortlich. Entscheidend ist dabei nicht die Anzahl der Flüge, sondern der Grad der Vernetzung. "Wir konnten zeigen, dass der Versuch, eine Epidemie durch Isolation von zentralen Knoten einzudämmen, sehr vielversprechend ist, während ein Blockieren der am häufigsten benutzten Strecken praktisch kaum einen Effekt hat", so die Forscher. Die "Abnabelung" von besonders stark vernetzten Flughäfen kann also am besten die globale Ausbreitung von Epidemien verhindern.

Mit dem neuen Modell sollen in Zukunft die Verbreitungswege von Epidemien vorherberechnet werden, um Leben zu retten und die Folgekosten einer Infektion möglichst gering zu halten.

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