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Casablanca Reisetipps für Marokkos sinnliche Metropole

Casablanca, Marokko
Teppiche, Teppiche, Teppiche: Im Quartier Habous wird unter Arkaden und in Höfen gehandelt
© mauritius images / FORGET Patrick/SAGAPHOTO.COM / Alamy
Auf nach Casablanca und in nur wenigen Stunden den Ort entdecken: Wir liefern Tipps für eine gelungene Stippvisite in Marokkos größter Stadt

Einstimmen auf Casablanca im Reich der Sinne: das Quartier Habous

Vom Hafen könnte ich geradewegs in die Medina, die Altstadt, laufen, lasse sie aber rechts liegen: zu viele anhängliche Tand-Händler, zu viele Billigimitate. Stattdessen mache ich mich auf den Weg zum Quartier Habous, das in den 1920er-Jahren entstanden ist. Mein herangewunkenes Petit Taxi, ein klappriger roter Kleinwagen, juckelt durch den wuselnden Verkehr und stoppt in einem ruhigen Viertel.

Ich schlendere durch verwinkelte Bogengassen mit schmiedeeisern beschlagenen Holztüren. Zentrum des Quartier Habous ist der Straßenmarkt in Atrium-Höfen und unter Arkaden. An einer Ecke riecht es nach Messingputzmittel. Ahmed Sabaane wienert geduldig Teekannen und Teller, während Besucher seinen bis unter die Decke vollgestopften Laden durchstöbern (45 Rue Souk Jdid).

So angenehm unaufdringlich sind auch die anderen Händler hier, Abderrahim Sefrioni etwa, der Babouches verkauft, kunstvoll verzierte orientalische Slipper (52 Rue Souk Idid), oder Moulay Alaoui mit seinen aufwendig geschnitzten Holzschatullen (18 Avenue El Malaki).

Das Quartier ist ein Duft-Universum. Aus einem Innenhof strömt es würzig: Auf dunkelblauen Fässern stehen Schalen mit Oliven, roten, grünen, schwarzen und sogar rosa- und orangefarbenen. Wenige Schritte weiter riecht es nach Zimt, Kardamom und knusprigem Teig. Vor dem mit Mosaiken verzierten Eingang der Pâtisserie Bennis warten Menschen geduldig auf eine Tüte Mandelhörnchen. Aus der Backstube duften Kekse, Nachbarn bringen ihre Teige zum Fertigbacken im Holzfeuerofen vorbei. Ich lasse mir Chebakia einpacken, ein rosenförmiges, klebrig-süßes Sesamgebäck, und Briouates-Teigtaschen (2 Rue Fkih El Gabbas).

Place Mohammed V: Der Laufsteg der Stadt

Auf der Place Mohammed V treffen mehrere Magistralen aufeinander, von hier aus trieben die französischen Kolonialherren nach dem Ersten Weltkrieg die Expansion der Stadt voran. Eindrucksvoll: neo-maurische Verwaltungspaläste wie die Grande Poste, deren Mosaikportal einem Wimmelbild gleicht (Place Mohammed V). Der Boulevard Mohammed V ist Laufsteg für alle: Skateboard-Jungs, Anzugträger, Frauen in engen Jeans, andere verschleiert. Seine schneeweißen Artdéco-Fassaden sind mit Säulen, Loggien und geschwungenen Balkons verziert.

Ich werfe einen Blick in vergilbende Vorkriegskinos: Im ABC stehen historische Projektoren im Foyer (39 Blvd Mohammed V), im Cinema Rialto hängt ein Kronleuchter über weinroten Türen. Mohammed Maradji schräg gegenüber kennt nur einen Star: den derzeitigen König Mohammed VI. Der Fotograf porträtierte schon drei Generationen der Herrscherfamilie und schmückt seinen Laden mit offiziellen und privaten Momenten, etwa Seine Majestät im offenen Jeanshemd (9 Rue Brahim El Amraoui).

Wo man Drachenköpfe küsst: Erlebnisse auf dem Markt

Im Marché Central am Boulevard Mohammed V stoße ich gleich ins Zentrum vor, in die Fischabteilung. Die exaltierte Madame Zou Zou lässt mich eine Gratis-Auster schlürfen, gleich darauf hat mich Rachid am Wickel, zeigt mir seine prächtigen Seezungen, Doraden und Calamari. Er rät zum orangefarbenen Drachenkopf, küsst ihn vorm Eintüten und bringt mich rüber zur Bratbude Aladin, wo ich den köstlichen Fisch kurz darauf mit Salat garniert serviert bekomme (173 Boulevard Mohammed V).

Casablanca: Eine Reise ins Gestern

Auf dem Weg zur Promenade gönne ich mir ein paar Einblicke in die Anfänge des Tourismus in Marokko: Luxusliner lagen schon vor 100 Jahren im Hafen, allerdings standen sie noch unter Dampf. Sie kamen meist aus dem damaligen Mutterland Frankreich. An Bord betuchte Reisende, die sich auf Eseln zum Wüstencamping ins Landesinnere wagten. Davon erzählen gemalte Werbeplakate und Exponate wie Elfenbeinfächer, Perlmuttpuderdosen und Schrankkoffer auf drei Etagen. Die eindrucksvolle Sammlung der Fondation Abderrahman Slaoui hat ein weit gereister Geschäftsmann gestiftet. (12 Rue Du Parc).

Vom Rennkurs zur Flaniermeile: die Corniche

Die Seepromenade Corniche ist ursprünglich nicht zum Schlendern, sondern zum Rasen gebaut worden – als Formel-1-Strecke. Weil es allerdings gleich beim ersten Rennen 1957 einen Toten gab, kam der PS-Zirkus nie wieder. Kürzlich wurde die Corniche aufwendig renoviert, sie trägt jetzt wellig angelegte Rasenflächen und schattige Bänke.

Moschee, Casablanca
Ausrufezeichen am Atlantik: Das Minarett der Hassan-II-Moschee ragt 210 Meter hoch in den Abendhimmel. Marmor und Murano-Leuchter schmücken das Innere der größten Moschee Afrikas
© Ruslan Kalnitsky - Shutterstock.com

An ihrem Ende ragt ein Ausrufezeichen in den Himmel: das 210 Meter hohe Minarett der Hassan-II-Moschee. Mit jedem Schritt, den ich ihr näher komme, scheint sich der Turm weiter in den Himmel zu recken. Die Moschee ist die größte Afrikas und hat Platz für 25 000 Gläubige.

»Allahs Cabrio«, wie sie wegen des gewaltigen Schiebedachs genannt wird, wirkt innen trotz Marmorpracht, Murano-Leuchtern und himmelhohem Mittelschiff seltsam gedrungen. Im milden Abendlicht glänzt der große Moschee-Vorplatz teakfarben – der perfekte Ort, um sich von Casablanca zu verabschieden.

Casablanca: Die wichtigsten Insider-Tipps auf einen Blick

  • ANKOMMEN: Kreuzfahrtschiffe machen im Industriehafen fest. Hinter Kränen, Containern und Silos ragen die hellen Gebäude auf, die der Stadt den Namen gaben.
  • BIKI-NO! Badesachen können an Bord bleiben. Casablancas Küste ist felsig, der Strand am Ende der Promenade unspektakulär.
  • MEIDEN: Das Hafenviertel ist derzeit eine Mega-Baustelle, weil eine Ringstraße unter die Erde kommt. Schnell durch und weiter!
  • GENIESSEN: Erst durch das Ritual des Einschenkens entfaltet der Minztee sein volles Aroma: dreimal im hohen Strahl in den Becher und zurück in die Kanne.
  • FILMREIF: Der Kinoklassiker »Casablanca« wurde in Hollywood gedreht. Allerdings gibt es in der Medina ein detailgetreu nachempfundenes Rick’s Café.
  • AUSLASSEN: Die gigantische Morocco Mall liegt außerhalb der Stadt. Hier gibt es fast nur die üblichen Markenläden – und keine Schnäppchenpreise.

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