GEO SAISON: Warum gilt Kapstadt als Sehnsuchtsort?
Elke Naters: Weil die Stadt alles hat, eine ungezähmte Natur und ein spannendes Zentrum. Kapstadt ist eingerahmt von Bergen und Meer, und ganz in der Nähe liegen wunderschöne Strände. Die alten Häuser im kapholländischen Stil lassen europäische Einflüsse erkennen, dazu kommt das bunte Miteinander der unterschiedlichsten Kulturen. Die Innenstadt ist übersichtlich, Sie können überall zu Fuß hingehen. Und dann gibt es noch schöne Parks, bestes Essen, großartiges Design. Und das wirklich Aufregende ist die raue Hafenindustrie. Kapstadt hat Ecken und Kanten.
Hat sich die Stadt in den letzten Jahren sehr verändert?
Zum Positiven, ja. Sie wird sicherer und vor allem immer kreativer. Viertel wie Woodstock, das früher Hochburg der farbigen Gangs und Drogendealer war, werden von Künstlern aufs schönste auf den Kopf gestellt. Vor allem seit der Fußball-WM ist das Selbstverständnis gewachsen, eine Weltstadt zu sein.
Woodstock gilt als kreatives Zentrum
Ja, das alte Hafenviertel ist sehr angesagt, seit sich Künstler und Designer dort niedergelassen haben. Galerien wie Michael Stevenson und What If the World zeigen Weltklasse-Kunst. Nebenan liegt das bekannte Center Old Biscuit Mill mit Designläden.
Samstags findet hier der Neighbourgoods Market statt, wo sich ganz Kapstadt trifft, um die raffiniertesten Köstlichkeiten zu brunchen und dazu Bier, Sekt und Wein aus kleinen Kellereien der Umgebung zu trinken. Immer mehr alte Industriegebäude wie die Old Castle Brewery werden in Studios und Kreativbüros umgewandelt. Sogar Michelle Obama war schon in Woodstock und hat The Kitchen besucht, ein winziges Restaurant mit köstlichen, ausgefallenen Salaten und Sandwiches.
Welches Viertel finden Sie noch spannend?
Die gesamte Innenstadt der City Bowl zwischen den alten Lagerhallen im Zentrum. Am Rande des ehemaligen District Six liegt Charly’s Bakery, die bunteste Bäckerei der Welt, wo die Celebrities exzentrische Geburtstagstorten bestellen. Die Leute schauen den Frauen beim Kuchenverzieren zu und essen das beste Blätterteiggebäck der Stadt.
Der Lederladen Woodhead’s gegenüber verkauft wunderschön gezeichnete Felle der Nguni-Kühe, jedes ein Kunstwerk der Natur.
Und neben dem grandiosen Rathaus liegt der Eastern Food Bazaar, eine große Halle mit Essständen und Selbstbedienung. Da gibt es riesige Portionen von indischem, libanesischem und asiatischem Essen zu winzigen Preisen.
Die wenigen Touristen, die hierhinkommen, können sich bei ohrenbetäubender arabischer Popmusik im ersten Stock zwischen kapmalaiischen Familien und afrikanischen Studenten den Bauch vollschlagen und dabei große Augen machen.
Gibt es einen Ort, an den Sie immer gehen?
In den Company’s Garden, einen fantastischen botanischen Park im Herzen der Stadt. Dort liege ich nach dem Einkaufen im Schatten der prächtigen Bäume auf der Wiese und füttere die zahmen Eichhörnchen mit Erdnüssen, die ich von einem Straßenverkäufer für genau diesen Zweck gekauft habe.
Wo kaufen Sie am liebsten ein?
In den kleinen Shops entlang der Long und der Kloof Street, die viel lokales Design verkaufen. Manchmal verbringe ich Stunden auf einem der gemütlichen Sofas der
Book Lounge, die auch eine große Auswahl an Kunst‐ und Designbüchern hat und ein Café im Keller.
Wenn ich Heimweh habe, gehe ich zum deutschen Metzger Raith im Gardens Center und kaufe Brezen und Leberkäse zum Selberbacken.
Exotische Gewürze und Reis bekomme ich bei Atlas im muslimischen Bo-Kaap-Viertel. Meine Tochter zieht es immer in die Viktoria & Albert Mall an der Waterfront, während ich viel lieber samstags auf dem Milnerton Flea Market stöbere, weil er mich in seiner Trubeligkeit an den alten Flohmarkt am Reichspietschufer in Berlin erinnert. Nur dass er viel schöner liegt, im Hafengebiet direkt am Meer.
Sie haben neben Romanen auch eine "Gebrauchsanweisung für Südafrika"geschrieben. Bekommt man die in Kapstadt?
Ja, im urdeutschen Bücherstübchen von Ulrich Naumann in der Burg Street 15-19. Dort gibt es tatsächlich nur deutsche Bücher, und alle Männer sind über 1,90 Meter groß. Zumindest waren sie das, als ich da war.
Wohin würden Sie Leute schicken, die Kapstadt schon kennen und etwas Besonderes erleben wollen?
Zu Mzoli im Township Gugulethu. Mzoli war eine Metzgerei. Jetzt ist es ein Event. Hier treffen sich alle am Wochenende zum braai.
Das wichtigste südafrikanische Wort bedeutet Grillen oder Barbecue.
Sie suchen Fleisch aus und tragen es zu den Braai Masters, die es mit einer geheimen Sauce marinieren und grillen. Alle essen mit den Fingern und wischen den pap, den Maisbrei, mit der Sauce vom Teller. Die Menschen lachen, flirten, tanzen. Richtige Biergartenstimmung, aber mit Kwaaito-Sound, der südafrikanischen House-Musik.