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Südafrika Warum die Lagune von Knysna so wichtig für das Überleben der Seepferdchen ist

Knysna Lagune
Die Lagune von Knysna erstreckt sich auf einer Fläche von fast 20 Hektar
© mauritius images / robertharding / Fraser Hall
In den ruhigen Gewässern der Lagune von Knysna hat sich eine ganz eigene Seepferdchen-Art entwickelt, die die südafrikanische Kleinstadt nachhaltig verändert hat und um ihr Überleben kämpft

Seepferdchen haben etwas Märchenhaftes. Sie schweben scheinbar schwerelos durchs Wasser und sehen dabei aus wie kleine Drachen aus einer längst vergangenen Welt. Wer die scheuen Tiere sehen will, muss sich schon anstrengen. Seepferdchen leben – wie es sich für Fische gehört – im Meer. Einen besonderen Platz auf der Welt allerdings gibt es, da ist das anders: die Lagune im südafrikanischen Knysna. Mit ein bisschen Glück sieht man die seltenen Knysna-Seepferdchen dort direkt vom Holzsteg beim Mittagsschläfchen im Seegras.

Es ist früher Nachmittag am Ufer der Lagune. Das 50.000-Seelen-Städtchen Knysna wiegt sich in seiner gemütlichen Beschaulichkeit - wie an anderen Tagen auch das Seegras im Wasser. Heute ist das anders. Der Wind rund um die sanften Hügel hat enorm aufgefrischt. Trotz freundlichem Sonnenschein und blauem Himmel ist das Wasser der Lagune aufgewühlt. Für Bootsfahrer Jason ist das ungünstig. Er steht mit Sonnenbrille und weißem Polo-Shirt am Holzsteg und hilft gerade den Passagieren für die nächste Tour ins offene Kunststoff-Boot.

„Wir fahren eigentlich raus zum Whale-Watching direkt hier vor der Küste. So wie die Wellen jetzt stehen, werden wir aber wohl gar nicht erst aus der Lagune raus kommen – zu gefährlich.“ Er schüttelt den Kopf, wirft den Motor an und macht die Leinen los. Was Jason meint, zeigt sich nur fünf Minuten später an den so genannten „Knysna Heads“. Die schmale Felsöffnung zwischen den Hügeln ist die einzige Verbindung der gut 18 Quadratkilometer großen Lagune zum offenen Meer. Die Wellen sind hier heute so hoch, dass sie mit Macht gegen die Felsen prallen und mit weißer Gischt zurück in den Indischen Ozean laufen.

Was das Knysna-Seepferdchen so besonders macht

In der Lagune ist es deutlich gemütlicher. Mit ein Grund, warum sich das Knysna-Seepferdchen hier angesiedelt hat? „Wir gehen davon aus, dass die Knysna-Seepferdchen vor gut 120.000 Jahren hier angekommen sind. Die tropische Ursprungs-Art wurde wahrscheinlich mit wärmerem Wasser entlang der Ostküste hier zur Südküste transportiert“, erklärt Louw Claassens. Die 33-jährige Meeresbiologin leitet das Knysna Basin Project – ein aktuelles Forschungsprojekt zum Knysna-Seepferdchen. Es wird über Spenden von privater Seite und Stiftungen finanziert und von freiwilligen Helfern unterstützt.

Entdeckt wurde das Knysna-Seepferdchen erst um das Jahr 1900 herum. Hier in der Lagune hatte das Seepferdchen genügend Zeit, auf das natürliche Umfeld zu reagien und sich zu einer weiltweit einmaligen Art zu entwickeln. „Das Knysna-Seepferdchen hat sich dem niedrigen Salzgehalt in der Lagune angepasst“, erzählt Louw Claassens. „Es ist außerdem ein glattes Seepferdchen. Ihm fehlt die sonst übliche Krone – ein Auswuchs auf dem Kopf.“ Außerdem hat es im Vergleich zu anderen Seepferdchen eine sehr kurze Schnauze. Mit gut zwölf Zentimetern Länge liegt das Knysna-Seepferdchen im Mittelfeld der weltweiten Populationen. Die bisher kleinste entdeckte Seepferdchenart misst nur gut 13 Millimeter und die größte 35 Zentimeter. Trotzdem hat es das „Knysna-Seahorse“ zu Weltruhm gebracht – wenn auch der schützenswerten Art. Eine Studie aus dem Jahr 2000 beziffert die Zahl der Seepferdchen in der Lagune auf rund 90.000.

„Unser Seepferdchen wurde als weltweit erstes Seepferdchen auf die Liste der bedrohten Arten gesetzt“, sagt Louw Claassens. „Es gibt das südafrikanische Seepferdchen Hippocampus Capensis nur an drei Orten: Hier in der Lagune und in der Mündung der benachbarten Flüsse Keurbooms River und Swartvlei.“ Die Forscherin geht davon aus, dass die erwachsenen Tiere grundlegend in der Lagune bleiben. Ein Teil des Nachwuchses aber wird durch Strömung und Wellen weggetrieben – durch die Lücke an den Knysna Heads hindurch in den Indischen Ozean und mit viel Glück in die passenden Lebensgebiete in die Mündungen der beiden Nachbarflüsse.

Knysna Seepferdchen
Eine kürzere Schnauze und der fehlende Kamm am Kopf zeichnen das Knysna-Seepferdchen aus
© Louw Claassens

Wie die Seepferdchen das Leben in der Lagune verändern

„Seepferdchen“, schwärmt Louw Claassens, „sind faszinierende Tiere. Das Männchen trägt den Nachwuchs aus und nicht das Weibchen.“ Tatsächlich legt das Weibchen seine Eier beim Männchen in eine Bauchtasche. Dort werden sie vom Männchen befruchtet. Es zieht sich dann ins Seegras zurück und bringt dort die Jungen nach nur zehn bis zwölf Tagen zur Welt. „Bereits einen Tag später kann es wieder zur Eiablage in der Bauchtasche durch ein Weibchen kommen“, so Claassens. Die Anzahl der Eier ist bei Seepferdchen unterschiedlich und abhängig von der Größe der Art. Es können zwischen 150 und 2000 Stück. sein.

In der Lagune von Knysna ist das Seegras ein wichtiger Faktor für den weiteren Bestand der Seepferdchen. Der Boden des Gewässers ist aktuell nur zu rund zehn Prozent davon bedeckt. Die Seepferdchen bringen darin nicht nur ihren Nachwuchs zur Welt. Sie verankern sich auch an den Halmen mit ihren beweglichen Schwänzen, um sich auszuruhen und finden hier im Umfeld ihre Nahrung wie Plankton, kleine Krebse oder Garnelen. Seepferdchen gibt es anderswo auch an Korallenriffen oder im Wasser von Mangrovenwäldern. Wer das Knysna-Seepferdchen mit Sicherheit sehen will, kann das auch außerhalb der Lagune tun: auf Thesen-Island. Die zwei Kilometer von Knysna entfernte Insel ist über eine Brücke zu erreichen. Hier betreiben die South African National Parks (SANParks) ein kleines Aquarium.

Die Wellen versperren uns heute den Ausgang zum Indischen Ozean. Wir fahren zurück zum Hafen. Was aber das Knysna-Seahorse den Einwohnern der Stadt bedeutet, zeigt nicht nur das Schild am Anleger beim Festmachen des Bootes: „Nehmt Rücksicht auf unsere Seepferdchen – fahrt langsam und macht keine Wellen“. Im Ort selbst sind entlang der Hauptstraße wahrscheinlich mehr Seepferdchen zu entdecken, als an einem einzigen Tag im Seegras der großen Lagune. Von der Einkaufs-Meile über das Taxi-Unternehmen bis zum Sport-Festival - wo immer auch der Buchstabe „S“ durch ein Seepferdchen-Symbol ersetzt werden kann.

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