
Einstimmen
Detlef Zilz lässt sich nicht beirren. Mit ausholenden Schritten stapft der Wegewart mit Wanderstiefeln zwischen Handtüchern und Liegen hindurch, quer durchs Freibad Horn. Denn auf dem Konstanzer Hörnle, einer Landzunge im Bodensee, startet nun mal der SeeGang – Badende hin oder her. 53 Kilometer ist er lang, der erste Strecken-Premiumwanderweg der Region und, wie Zilz sagt, der schönste Baden-Württembergs. Von Konstanz bis Überlingen führt der gut beschilderte Wanderweg um den Überlinger See, einen Teil des Bodensees, der sich wie ein Finger in die Landschaft schiebt. "Natürlich schafft man die Strecke in zwei Tagen", sagt Zilz, der mich auf der ersten Etappe begleitet. Aber Wanderern, die den Blick schweifen lassen möchten, empfiehlt er drei Tagesmärsche zu jeweils rund 18 Kilometern.
Etappe 1
Konstanz–Wallhausen
Gleich hinter Konstanz treffen wir im Erlebniswald Mainau auf Barfußwege und Klanghügel sowie auf Schwindelfreie, die im Kletterwald bis zu 30 Meter hohe Baumparcours erklimmen (www.erlebniswald-mainau.de). Am Ufer lichtet sich der Wald und gibt den Blick auf die Insel Mainau frei, die für ihre Blumenpracht rund um das barocke Schloss bekannt ist (www.mainau.de). Doch Zilz zieht es weiter. Der SeeGang schraubt sich zum Aussichtspunkt Purren in die Höhe. In einer Verschnaufpause erklärt mir der Wegewart das Panorama: Alpsteinmassiv mit Säntis und Vorarlberger Alpen auf der einen Seite, Überlinger See mit Mainau hinter Weizenfeldern und Obstplantagen auf der anderen. Unser Tagesziel ist der Ziegelhof bei Wallhausen, wo ich mich von Zilz verabschiede. Ich lege die Füße hoch und blicke über den See hinweg auf Überlingen, den Endpunkt der Tour, den ich in zwei Tagen erreichen möchte.
Etappe 2
Marienschlucht–Ludwigshafen
Am nächsten Tag stehe ich einem echten Burgherrn gegenüber. Johann Wilderich Graf von und zu Bodman, ein älterer Herr mit erstaunlich guter Kondition, erwartet mich an der Ruine der Burg Altbodman hoch über dem See. Hinter mir liegt ein wildromantischer Abschnitt, der sich durch seine Ländereien zieht. Steil bergauf bis an die Hangkante des Bodanrücks führt der See-Gang durch Laubwälder und Täler. Die 100 Meter tiefe Marienschlucht ist zurzeit leider nicht zugänglich. Über ihr ragt die Ruine Kargegg in den Himmel, die ebenfalls zum Besitztum des Grafen gehört. Dessen Urgroßvater ließ Ende des 19. Jahrhunderts einen Landschaftspark am Westufer des Sees errichten und legte so den Grundstein für dessen touristische Erschließung. Der SeeGang führt am Waldrand weiter bergab mit Ausblick auf den Bodensee und das Kloster Frauenberg. Das Naturschutzgebiet Aachried zwischen Bodman und Ludwigshafen bietet zahlreichen Vögeln eine Heimat, etwa Nachtigallen, Eisvögeln oder Teichrohrsängern, deren Gesang mich auf den letzten Kilometern begleitet.

Etappe 3
Sipplingen–Überlingen
Tags drauf treffe ich den Grafen vor dem Zollhaus Ludwigshafen wieder – zumindest sein Abbild. Es gehört zum umstrittenen Reliefbild Ludwigs Erbe des Künstlers Peter Lenk, von dem auch die Imperia-Skulptur im Konstanzer Hafen stammt. Es zeigt fünf nackte Politiker, darunter Bundeskanzlerin Merkel. Die Hänge hinter Ludwigshafen sind mit Obstplantagen bedeckt. Kirschbäume säumen den Weg, der sich vor Sipplingen erneut in die Höhe schraubt. Beim Aussichtspunkt Haldenhof werde ich mit einem Blick auf das Bodanrück am gegenüberliegenden Ufer und auf den Ort Sipplingen belohnt, dessen Fachwerkhäuser sich in die Steiluferlandschaft einbetten. Buchenwald, Gesteinsformationen und Streuobstwiesen machen den Weg zum Aussichtspunkt Zimmerwiese abwechslungsreich. Immer wieder blitzt das Blau des Sees durch die Bäume, bis es hinabgeht in den Hödinger Tobel. Tobel, so hatte mir Detlef Zilz erklärt, sind trichterförmige Schluchten, die das Wasser durch die Jahrhunderte in den Felsen gewaschen hat. Je tiefer ich hinabsteige, desto feuchter wird die Luft. Farne und Moose bedecken den Boden, umspült von kleinen Wasserfällen. Nach einer Rast in Hödingen ersteige ich den Aussichtspunkt Torkelbühl und erblicke den Turm des St.-Nikolaus-Münsters in Überlingen. Der Weg führt an Schloss Spetzgart vorbei, einem Teil des Internats Salem, und dem bis zu 65 Meter tiefen Spetzgarter Tobel. Drumlinge, eiszeitliche Hügel, prägen die Landschaft. Im Stadtgarten von Überlingen endet der SeeGang. Zum letzten Mal begebe ich mich zu einem Aussichtspunkt: Ein gusseiserner, 120 Jahre alter Pavillon erhebt sich auf einem Felssporn im oberen Teil des Parks und gibt den Blick bis zum Bodanrück frei. Und auf das, was ich beim anschließenden Stadtspaziergang erkunden werde: die mächtige Stadtmauer mit dem Gallerturm.
Infos zum Wanderweg SeeGang
Teilstrecken sind per Schiff, Bus oder Bahn möglich. Alle Infos unter www.premiumwanderweg-seegang.de.
Koffer-Transport von Hotel zu Hotel: www.bodensee-radweg.com.
Weitere Wanderwege: www.bodensee-landgaenge.de, www.hegau.de. Besonders schön ist der Rundgang auf den Hohentwiel, hinauf zur stattlichen Festungsruine mit Blick auf die einzigartige Vulkanlandschaft.
Schlafen
Campingplatz Schachenhorn: Rustikale Hütten, Pfahlbauten sowie Platz für Camper nahe Ludwigshafen (www.camping-schachenhorn.de, Zelt ab 6 €).
Ziegelhof: Zum Ensemble in Dettingen gehören die ZIEGELHOFSTÜBLE mit gutbürgerlicher Küche (www.ziegelhofstueble.de) sowie die Blockhütten und Apartments des Feriendomizils Ziegelhof (www.feriendomizil-ziegelhof.de, FeWo ab 45 €).
Haldenhof: Auf einem Höhenzug des Sipplinger Steilufers thront das traditionelle Gasthaus mit herrlichem Ausblick auf Wälder, See und Alpen (www.gasthaus-haldenhof.de, DZ ca. 80 €).
Hotel Bürgerbräu: Zwölf gemütliche Zimmer in Überlingen und ein innovatives Restaurant (www.buergerbraeu-ueberlingen.com, DZ/F ab ca. 99 €).
Hotel 47 Grad: Aus dem Konstanzer Seerheinareal, einem ehemaligen Industriegebiet, ist ein trendiges In-Viertel geworden. Eine der Neugründungen ist dieses moderne Haus, das für Frauen eine eigene Etage mit Spa reserviert hält (www.47grad.de, DZ ab 150 €).
Essen und Trinken
Holly's: Die Speisekarte des neuen Restaurants in Konstanz ist so bunt gemixt wie das Interieur: New York Burger, indonesisches Curry, italienische Pasta – und günstige Preise (www.hollys.de).
Biergarten St. Katharina: Radfahrer und Wanderer treffen sich im Mainauwald zu Salat oder Käse-Wurst-Platte (www.erlebniswald-mainau.de).
Seehaus Sipplingen: Zu den Spezialitäten gehört ein Fischteller mit Felchen-, Zander-,Flussbarsch- und Lachsfilets (www.seehaus-sipplingen.de).
Hofcafé Vogler Bauernvesper oder Kuchen gibt’s in Hödingen (www.hofcafe-vogler.de)