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Tipps von Michael Martin Wie Sie für Abenteuerreisen am besten packen

Fotograf Michael Martin durchquerte alle Wüsten dieser Welt - von heiß und staubig bis kalt und eisig. Im Interview erklärt er, was bei Extremreisen unbedingt ins Gepäck muss und was man getrost zu Hause lassen kann
Tipps von Michael Martin: Michael Martin ist in seinem Leben mehr als eine Million Kilometer gereist. Viele davon legte er auf seinem Motorrad zurück
Michael Martin ist in seinem Leben mehr als eine Million Kilometer gereist. Viele davon legte er auf seinem Motorrad zurück
© Michael Martin

Herr Martin, Sie haben schon so ziemlich in jeder Umgebung übernachtet, die man sich vorstellen kann. Haben Sie Tipps für die Nacht im Freien?

Suchen Sie sich einen Schlafplatz, den man nicht schon von Weitem sehen kann. In der Wüste besteht das Risiko, überfallen zu werden. Und wenn Sie in der Nähe eines Dorfes schlafen wollen, weil Sie sich dort sicherer fühlen, dann sollten Sie Einwohner zumindest vorher fragen. Sonst kommen die Menschen in der Nacht garantiert – oder die Hunde.

In Polarregionen sollte das Zelt auf sicherem Untergrund stehen. Achten Sie auf Gletscherspalten! Und wenn Sie auf dem Meer schlafen wollen, gehen Sie sicher, dass Sie am nächsten morgen nicht auf einer Eisscholle aufwachen.

Und ganz grundsätzlich gilt: Übernachten Sie nach Möglichkeit im Windschutz.

Muss ich in der Wüste denn unbedingt im Zelt schlafen?

Nein, eigentlich nicht. Die Gefahr von Schlangenbissen wird völlig überschätzt. Das gilt auch für Skorpione. Ich habe in meinem ganzen Reiseleben, und das ist schon ziemlich lang, vier Schlangen gesehen und drei Skorpione – und die haben mir nichts getan. Meiner Meinung nach kann man es absolut verantworten, draußen zu schlafen. Es gibt nichts Schöneres als eine Wüstennacht unter Sternen. Ein Zelt kann in der Wüste allerdings sinnvoll sein, wenn Sie sich vor Sand und Mücken schützen müssen.

Tipps von Michael Martin: In der Wüste kann man laut Martin getrost eine Nacht unter freiem Himmel verbringen. Ein Zelt schütze jedoch vor Moskitos und Sandverwehungen
In der Wüste kann man laut Martin getrost eine Nacht unter freiem Himmel verbringen. Ein Zelt schütze jedoch vor Moskitos und Sandverwehungen
© Michael Martin

Und wie kleidet man sich bei extremen Reisen richtig?

Auch da muss man auf jeden Fall differenzieren nach extremer Hitze und Kälte. In Polarregionen rate ich zum Zwiebelprinzip – bewährt haben sich bei mir vier Lagen: Thermo-Unterwäsche, darüber eine Lage Fleece, dann eine Funktionshose und -jacke und für ganz oben noch eine Jacke und Hose gefüllt mit Daunen. Daune ist leicht und spendet maximale Wärme. Wichtig ist zudem eine anständige Kopfbedeckung, die auch die Ohren schützt und gute Handschuhe. Das sollten unbedingt Fausthandschuhe sein, so wärmen sich die Hände besser gegenseitig. Gegebenenfalls ist auch eine Frostschutzmaske ratsam.

In Wüsten ist es wesentlich entspannter: Man kann sich im Prinzip nach eigener Fasson kleiden. Mir persönlich reichen Jeans und ein T-Shirt. Aber ein Sonnenschutz für den Kopf, Sonnencreme und eine Sonnenbrille dürfen natürlich nicht fehlen. Viel wichtiger ist es aber, ausreichende Wasservorräte dabei zu haben. Darauf sollte der Fokus bei der Planung liegen.

Und was mache ich, wenn ich trotz richtiger Kleidung friere?

Bewegen, bewegen, bewegen. Das ist wichtig! Und einen Windschutz suchen, denn meistens kühlt man durch den eisigen Wind aus. Es hilft schon ungemein, sich hinter eine Schneewechte oder einen Hügel zu stellen. Natürlich bringt es auch etwas, sich von innen mit heißem Tee zu wärmen. Eine anständige Thermoskanne gehört bei Polartouren unbedingt ins Gepäck. Ich nutze außerdem manchmal Wärmepads. Die kosten nur wenige Cent und helfen sehr gut bei kalten Füßen.

Tipps von Michael Martin: Ja, manche Outdoor-Ausrüstung sei völlig übertrieben. Bei extremer Kälte sei die richtige Kleidung jedoch unabdingbar, sagt Martin
Ja, manche Outdoor-Ausrüstung sei völlig übertrieben. Bei extremer Kälte sei die richtige Kleidung jedoch unabdingbar, sagt Martin
© Michael Martin

Aber ich sollte wahrscheinlich nicht ins Schwitzen geraten?

Nein, das gilt es zu vermeiden. Mit nasser Kleidung erkälten Sie sich. Wenn Sie das Gefühl haben, Sie schwitzen bei Bewegung, legen Sie Kleidung ab. Aber ziehen Sie sich bei der Rast wieder dick an. Das spricht übrigens auch für das Zwiebelprinzip.

Haben Sie auch Ernährungstipps für die Kälte?

Bei sehr niedrigen Temperaturen hat der Körper einen extrem hohen Kalorienbedarf. Auf Skiern können Sie gut 10.000 Kalorien am Tag verbrauchen – und die müssen Sie erst mal zuführen. Das geht gut mit Nüssen oder auch Schokolade, aber auch um gefriergetrocknete Nahrung kommen Sie in Polarregionen nicht herum.

Mir geht es so, dass ich eigentlich immer zu viel auf eine Reise mitnehme. Wie finde ich das richtige Maß?

Bei extremen Reisen würde ich schon dazu raten, wesentliche Dinge doppelt mitzunehmen. Schließlich kann es leicht passieren, dass man ein paar Handschuhe verliert oder die Thermounterwäsche weggeweht wird. Reduzieren kann man aber beim Komfort: Man muss vielleicht nicht unbedingt seine Lieblingsjeans dabeihaben. Auch bei der Reiselektüre kann man sich gut einschränken.

Tipps von Michael Martin: Martins längste Tour am Stück: 15.000 Kilometer von Kapstadt, Südafrika, nach Nouakchott, Mauretanien
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© Elfriede Martin

Heutzutage gibt es ja ein riesiges Angebot an Outdoor-Ausrüstung. Was ist sinnvoll – und auf was kann man getrost verzichten?

Wüstensandschuhe braucht man wirklich nicht. Nicht einmal in der Sahara. Ein paar alte Stiefel tun es genauso. Aber in den Eisregionen ist eine richtige Ausrüstung essenziell. Dort mit einer alten Jeans-Jacke anzukommen, ist fatal. Gute Polarschuhe sind ebenfalls sinnvoll. Oder auch Frostschutz für die Nase, ich habe mir meine schon mehrfach angefroren. Und was technisches Equipment betrifft, ist ein GPS-Gerät immer nützlich – aber nur in Kombination mit gutem Kartenmaterial.

Gibt es einen typischen Reisefehler, den Sie häufig beobachten?

Reisende planen heute viel zu viel. Das halte ich für den größten Fehler. Manche Leute haben schon alle Lagerplätze ihrer Route im Kopf. Dadurch entsteht nur unnötiger Stress, das Gefühl unbedingt ein Ziel erreichen zu müssen. Ich würde mir viel mehr Flexibilität gönnen, der ganzen Reise einfach mehr Raum geben und Dinge aus dem Bauch heraus entscheiden.

Aber bezüglich der Sicherheit sollte man sich doch schon vorher informieren?

Ja, man kann die Möglichkeiten des Internets nutzen. Die Seite des Auswärtigen Amtes ist eine gute Anlaufstelle. Aber man sollte sich auch vor Ort informieren, mit den Leuten sprechen – zum Beispiel mit der Polizei, mit Lastwagenfahrern oder ganz einfach mit den Einheimischen.

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