Ist man nicht gerade erst am Flughafen angekommen? Wieso wartet man dann jetzt schon wieder auf den Rückflug? Wie wir Zeit wahrnehmen, ist subjektiv. Warten wir auf den Bus, können Minuten zu Stunden werden. Sind wir dagegen auf einer Safari, vergeht die Zeit wie im Flug. Im Urlaub scheint der erste Tag der längste des Jahres zu sein: Morgens noch im eigenen Bett erwacht, reist man mit dem Zug, Auto oder Flieger in die Ferne. Wir erleben einen Kulturschock, und alles ist neu: Das Bett, das Essen, die Menschen. Am Abend bekommen wir die Augen kaum zu, weil wir das Ausmaß eines Tages nicht fassen können. Der zweite Tag ist weniger intensiv - das Wirrwarr beginnt sich aufzudröseln. Am dritten Tag kennen wir Bett, Essen und Menschen. Der Kulturschock ist verdaut, wir liegen am Strand, das Gehirn ist träge, der Schrank für neue Erinnerungen ist geschlossen. Kein Wunder, dass uns drei Wochen im Rückblick wie drei Tage vorkommen. Das Neue vermag unsere Zeit zu dehnen, je mehr wir erleben und im Gedächtnis behalten, desto länger kommt uns im Nachhinein die Zeit vor. Es ist also durchaus sinnvoll, mehrmals im Jahr für drei oder vier Tage zu verreisen. Und auch bei langen Reisen gilt: Wer viel erlebt, hat einen längeren Urlaub - zumindest gefühlt.
Der Freiburger Psychologe Marc Wittmann forscht über subjektive Zeit, Gedächtnis und Gefühle.
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