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Drama im Baggersee

Viele Urlauber haben Angst vor Haien, dabei sterben die meisten Schwimmer im Badesee. Besonders die Über-50-Jährigen sind gefährdet. Worauf man achten sollte

Baden gehört zum Sommer wie Eis am Stiel. Und ist doch ein unterschätztes Risiko. In Deutschland ertranken im vergangenen Jahr 410 Menschen, das sind deutlich mehr, als Radfahrer im Straßenverkehr tödlich verunglückten (381), und dramatisch viel mehr, als weltweit Menschen von Haien getötet wurden: 2011 zählte man 12 Opfer. Hierzulande setzt sich ein trauriger Trend der letzten Jahre fort: Ein Großteil der Ertrunkenen - nur 84 der 410 waren Frauen - gehört zur Altersgruppe der Über-50-Jährigen. Sie machen inzwischen mehr als die Hälfte der Opfer aus. Was sind die Gründe dafür? Viele ältere Menschen sind keine guten Schwimmer (laut einer Emnid-Studie können mehr als die Hälfte der Über-60-Jährigen gar nicht schwimmen). Experten der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft DLRG nennen weitere Ursachen: Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Leichtsinn und das Überschätzen der eigenen Leistungsfähigkeit.

Gefahr Baggersee: Etwa 50 Prozent der Grundschulabsolventen sind keine sicheren Schwimmer
Gefahr Baggersee: Etwa 50 Prozent der Grundschulabsolventen sind keine sicheren Schwimmer
© age fotostock/LOOK-foto

Viele verlangen sich zu viel ab

Die "Best Ager" fühlen sich viel jünger als ihre Altersgenossen vor 20 Jahren. "Im Urlaub", so DLRG-Sprecher Martin Janssen, "soll der Körper plötzlich alles nachholen, wozu im Alltag keine Zeit ist. Viele Schwimmer wollen sich etwas beweisen und verlangen sich dabei zu viel ab." Janssen empfiehlt den Über-50-Jährigen, sich vor Beginn der Badesaison vom Arzt durchchecken zu lassen. Dass 2011 dennoch 28 Menschen weniger ertranken als im Vorjahr, schreibt Klaus Wilkens, Präsident der DLRG, vor allem dem kalten und verregneten Sommer zu. "Eine Erfrischung war nicht nötig, diese kam bereits von oben", sagt Wilkens mit dem Fatalismus des Fachmanns. In der Altersgruppe der 21-bis 30-Jährigen hat sich die Zahl der Toten halbiert, weil es bei Regenwetter seltener zu jenen Fällen kommt, über die man häufig in der Tageszeitung liest: Da feiern an einem Abend junge Männer mit Bier und Grillwurst, bis einer meint, er müsse den Weiher durchschwimmen, und ward nach einigen Zügen nicht mehr gesehen. Auch bei den 5-bis 15-Jährigen gab es nur halb so viele Tote wie im Vorjahr. Offenbar zeigte die Aufklärungsarbeit in Kindergärten und Schulen Wirkung.

Nie allein schwimmen

In bisherigen Sommern ertranken Kinder vor allem etwa in Planschbecken oder Gartenteichen, Eltern und Erzieher seien darauf verstärkt aufmerksam gemacht worden. Zum anderen werde mehr Schwimmunterricht für Kleinkinder angeboten. Eine Fünfjährige, die das Seepferdchen gemacht hat, so Janssen, "kann sich im Wasser schon gut bewegen". Dennoch belegt eine DLRG-Studie, dass etwa 50 Prozent der Grundschulabsolventen keine sicheren Schwimmer sind. Zudem wurden in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren mehr als 500 Schwimmbäder geschlossen. Was tun, um die Risiken zu minimieren? Den bekannten Regeln folgen: "Nie allein schwimmen", sagt DLRG-Sprecher Janssen. Bevor man in ein Gewässer springt, unbedingt dessen Tiefe und Strömung prüfen. Nicht mit vollem Magen ins Wasser, nie bei Gewitter. Wer friert, sollte so schnell wie möglich aus dem Wasser. Und: Alkohol ist tabu.

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