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Prof. Dr. Max Michael Schlereth Warum Apartmenthotels in Deutschland immer erfolgreicher sind

Prof. Dr. Max Schlereth
Prof. Dr. Max Michael Schlereth führt die Derag Unternehmensgruppe und glaubt an den Erfolg der sogenannten Serviced Apartments auch in Deutschland
© Thorsten Jochim
Sechs Millionen Übernachtungen in Deutschland finden in sogenannten Serviced Apartmenthotels statt. In den USA ist diese Übernachtungsform bereits Marktführer. Im Interview spricht Prof. Dr. Max Michael Schlereth, Eigentümer der Derag Livinghotels, dem deutschen Marktführer in dem Segment, über die Gründe für die rasante Entwicklung

Apartmenthotels oder Boardinghäuser: Die vollständig eingerichteten und bewirtschafteten Häuser haben viele Namen. Doch im Wesentlichen unterscheiden sie sich von einem gewöhnlichen Hotelszimmer mit Annehmlichkeiten wie einer Küchenzeile oder einem Arbeitsplatz. Global erfreut sich diese Unterkunftsform einer immer größeren Beliebtheit und so hat der Markt eine glatte Verdopplung in den letzten acht Jahren erlebt. Die Derag Unternehmensgruppe hat diese Marktlücke in den 80er-Jahren für sich entdeckt und ausgebaut. Prof. Dr. Max Michael Schlereth hat das Familienunternehmen kürzlich von seinem Vater übernommen und spricht mit uns über Mitstreiter und sein Lieblingshotel.

Die Living Hotels der Derag Unternehmensgruppe gilt als Pionier der sogenannten Serviced Apartments in Deutschland. Warum hat das Unternehmen damals auf diesen Markt gesetzt?

Prof. Dr. Max Michael Schlereth: Das ist relativ einfach und schnell erzählt. Eigentlich waren wir als Familie ein klassisches Immobilienunternehmen in München und wollten in den 80er-Jahren ein Haus mit möblierten Wohnungen aufbauen. Aber da gab es eine sogenannte Mietrechtsnovelle, die das Vermieten von möblierten Wohnungen unter bestimmte Ristrektionen stellte. Wir haben also nach einem Weg gesucht, wie wir dennoch gewerblich vermieten konnten. So sind am Ende die Living Hotels entstanden. Wir haben neben Möbeln einfach noch Fernseher, Telefon und Service angeboten und durften die Wohnungen dann entsprechend als Hotelzimmer vermieten. Mit dem ersten Haus in München-Haidhausen haben wir gemerkt, dass der Markt auf so etwas gewartet zu haben scheint, denn besonders die Unternehmen haben uns auf gut Deutsch die Bude eingerannt. Wie so oft bei Entdeckungen haben wir also erst im Nachhinein gemerkt, dass es eine sehr sinnvolle Überlegung war, die ursprünglich geplanten möblierten Wohnungen mit ein paar Annehmlichkeiten anzureichern.

Apartmenthotels haben sich in den letzten Jahren auch in Deutschland gut im Markt etablieren, ohne dass große Werbekampagnen gefahren wurden. Wie ist es dazu gekommen?

Kurz und knapp: Angebot und Nachfrage stimmen in diesem Segment einfach noch. Über 20 Prozent der Übernachtungen in Deutschland haben eine Aufenthaltsdauer von mehr als fünf Nächten. Bei einem Zeitraum von zwei Wochen lässt sich das natürlich noch über ein gewöhnliches Hotel abdecken. Ab einem Monat oder länger gibt es kaum ein Produkt auf dem Markt, das eine solche Nachfrage abdecken kann, außer dem gewöhnlichen Wohnungsmarkt. Apartmenthotels füllen diese Lücke zwischen Hotel und Wohnung nach und nach.

Es drängen inzwischen auch internationale Ketten auf den deutschen Markt, die das Apartmenthotel-Segment in Ländern wie Australien oder den USA groß gemacht haben. Sehen Sie diese als Konkurrenz an?

Das ist völlig korrekt, Ketten wie ADINA oder Marriott kommen mit ähnlichen Produkten in den Markt. Es ist aber so, dass sie in der jetzigen Phase für uns noch nicht problematisch werden. Im Gegenteil, der Wettbewerb macht das Produkt der Apartmenthotels bekannter. Sie dürfen nicht vergessen, wir kommen ursprünglich aus einem Markt, in dem man dem Kunden eigentlich erstmal erklären musste, dass er ein Bedürfnis diesbezüglich hat. Das fällt nun weg. Was momentan passiert ist, dass durch das breitere Angebot beim potenziellen Kunden ein höheres Bewusstsein für das Produkt als solches und des eigenen Bedürfnisses dafür entsteht. Insofern ist es momentan eine Win-Win-Situation. In der Zukunft wird das Angebot die Nachfrage sicherlich decken und es werden Verdrängungseffekte entstehen. Das ist ganz klar.

Frankfurt
In dem Frankfurter Haus probiert Derag zu Zeit ein neues Konzept in den öffentlichen Räumen aus
© Derag Livinghotels

Für welche Menschen sind Apartmenthotels gedacht und wer nutzt sie tatsächlich?

Es gibt natürlich den ganz klassischen Bereich der Firmenkunden, die ihre Mitarbeiter für die Länge eines Projekts an einem anderen Ort unterbringen müssen. Dann gibt es die Neuankömmlinge in einer Stadt, die beispielweise aufgrund eines Jobs die Stadt wechseln müssen, aber noch keine Wohnung gefunden haben. Es gibt aber auch Privatkunden, die sich mehr Zeit nehmen möchten, um eine Stadt oder eine Region zu erkunden und dabei den Mix aus Service und Annehmlichkeiten wie einer eigenen Küche zu schätzen wissen. Dazwischen mischen sich noch die sogenannten modernen Nomaden. Apartmenthotels werden inzwischen als eine etwas andere Form des Unterkommens angesehen. Als eine kleine Wohnung im Hotel. Die bewohnten Zimmer nehmen schnell den Charakter der Gäste an und das spiegelt uns, dass sie sich in den Zimmern zuhause fühlen und nicht bloß dort übernachten.

Viele malen sich unter Apartmenthotels ein eher anonymes Haus aus. Trifft das heutzutage durch den digitalen Wandel mehr als je zu?

Natürlich müssen wir auf diesen Wandel reagieren. Es gibt zwar noch Häuser in denen die Bewohner eher in ihrer eigenen kleinen Blase leben, aber die werden weniger. Auch wenn wir ein Hotel sind, in dem praktisch kleine Wohnungen untergebracht sind, ist der Hotelcharakter vorhanden. Es gibt eine Bar, eine Rezeption, eine Lobby, also Räume, in denen sich die Menschen begegnen.

In einem neueren Haus in Frankfurt probieren wir gerade ein neues Konzept dieser Begegnungsstätte aus. Hier haben wir den Übergang zwischen Rezeption, Lobby und Bar offener gestaltet − zu einer Art Wohnzimmer umgebaut mit Co-Working-Spaces und einer Küche − und gänzlich auf die klassischen Barrieren zwischen Gast und Gastgeber verzichtet: sprich kein klassischer Rezeptionstresen mehr, sondern ein offener Check In, eine von allen Seiten zugängliche Kücheninsel und eine runde "Inside-Out"-Bar, so dass man immer nebeneinander steht. Hier kann natürlich nochmal ein ganz anderer Austausch stattfinden.

Wie wird so ein Wohnzimmer angenommen?

Es wird auf jeden Fall wahrgenommen, aber es ist keine Frage, dass man so einen Ort auch proaktiv bespielen muss. Zum Beispiel holen wir uns regelmäßig einen Showkoch oder veranstalten kleinere Events wie zum Beispiel unsere monatlichen Open Stage Abende, um unsere Gäste aber auch die Bewohner des jeweiligen Stadtviertels mit diesem neuen Ort der Begegnung vertraut zu machen.

Was für Menschen arbeiten in Ihren Häusern?

Da inzwischen im Hotelbetrieb viele Dinge automatisiert geschehen, ist es nicht mehr so wahnsinnig notwendig eine Fachkraft einzustellen, wie das früher noch der Fall war. Das ermöglicht es viel mehr auf die eigentliche Kernkompetenz zu achten, nämlich das Zwischenmenschliche. Die gute Kommunikation mit dem Gast ist das entscheidende Kriterium und dabei kommt es nicht primär auf die fachliche Ausbildung an, sondern darauf wer Sie sind. Deswegen haben wir in unseren Häusern inzwischen viele Quereinsteiger zum Beispiel aus dem Einzelhandel. Ich kann mir inzwischen kaum eine Profession vorstellen, die nicht bei uns unterkommen könnte, solange dieser Mensch ein Gastgeber sein kann.

Livinghotel De Medici in Düsseldorf
Das historische Düsseldorfer Haus De Medici vereint Kunst und Wohnen in Rheinnähe
© Derag Livinghotels

Haben Sie eine persönliche Bindung zu Ihren Häusern? Welches liegt Ihnen aus welchem Grund am meisten am Herzen?

Das De Medici in Düsseldorf ist für mich und meine Familie ganz speziell. Hier hat sich mein Vater in bester Form verwirklicht. Denn das Haus ist eigentlich ein Museum, in dem man auch übernachten kann. Das Gebäude selbst schaut auf eine lange Geschichte zurück: Einst ein Kloster, dann unter Napoleon gar ein Regierungssitz liegt es in der historischen Altstadt in Rheinufernähe und die ausgestellten Bilder und Kunstwerke spiegeln die deutsche Geschichte nach dem 30-Jährigen Krieg.

Wie wird sich der deutsche Hotelmarkt Ihrer ganz subjektiven Meinung nach entwickeln?

Wir erleben momentan ein sehr starkes Angebotswachstum. Aufgrund des niedrigen Zinsniveaus werden dabei nach meinem Empfinden, auch Investitionen getätigt, deren nachhaltige Marktwertigkeit sich mir nicht unbedingt erschließt. Ich denke also, dass wir in naher Zukunft ein weiteres Wachstum des Angebots sehen werden, auf das dann aber auch eine Zeit der Bereinigung folgen wird. Wer sich also jetzt nicht sinnvoll auf diese Zeit einstellt, in dem man manche Projekte zum Beispiel auch mal nicht umsetzt, wird sie im Zweifel finanziell nicht überstehen.

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