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Reisefotografie Warum diese fünf Bildbände jeder kennen sollte

Bildbände zu Ländern, Kulturen und Reisen gibt es viele. Doch nur wenige schaffen es über lange Strecken eine Geschichte zu erzählen und zu unterhalten. Diese fünf, so Profifotograf Hauke Dressler, haben alles richtig gemacht
Fotobücher

Martijn Doolaard „One year on a bike“

Über eine Bilderstrecke im Internet bin ich diesem Buch das erste Mal begegnet. Bereits da haben mich die Fotos begeistert. Nun in dem Bildband zu blättern, ist natürlich umso schöner. Es ist wirklich selten, dass ein Reisender bereits so viel grafisches Verständnis mit auf seine Reise nimmt und entsprechend Elemente unterwegs festhält. Man sieht es den Bildern an, dass er von vornherein wusste: daraus soll ein Projekt entstehen. Und was für eins! Die Zusammenstellung der Bilder ist wunderbar: kleine Detailaufnahmen von seiner Ausrüstung, tolle Landschaftsaufnahmen und Porträts, sowie die sehr gelungene Verortung. Einigen Bildern sieht man an, wie viel Zeit Doolaard allein für diese eine Aufnahme investiert haben muss. Es ist mir tatsächlich fast nicht erklärbar, wie man sich selbst so gut beobachten kann, um solch präzise Selfies oder Bilder in der jeweiligen Umgebung zu machen. Die Komposition des Buches macht ebenfalls sehr viel Spaß: Tolle Seiten, die kleine Themen innerhalb dieser Reise beleuchten, grafische Zeichnungen des Protagonisten, die wie Auszüge aus dem privaten Reisetagebuch wirken. Trotz des Umfangs von fast 400 Seiten wird dieser Bildband in keiner Minute langweilig, denn die Fotos transportieren höchste Glaubhaftigkeit. Andere Bücher dieser Klasse vereinen ganze Heerschaften an Fotografen, deren Material dann zusammeneditiert wird, und das schafft Doolaard mit „One Year on a Bike“ ganz allein. Das ist wirklich absolut herausragend.

Erschienen ist "One year on a bike" 2017 bei gestalten. Die Texte sind auf Englisch.

Fotobücher

Tiina Itkonen „Inughuit“

Diese finnische Fotografin und ihr Werk habe ich bei einer Ausstellung in der Staatsbibliothek Kopenhagen entdeckt. Ihre Bilder und ihr Buch haben mich so fasziniert, dass es einer der wenigen Bildbände ist, die ich auf Anhieb gekauft habe. Es zeigt ein Langzeitprojekt, bei dem sie Inuit auf Grönland begleitet. In ihrem Buch „Inughuit“ geht sie sehr künstlerisch und grafisch mit ihren Landschaftsaufnahmen vor. Die Verortung findet mit großartigen Tableaus statt, die sehr präzise wirken. Den Landschaftspanoramen gegenüber stehen wundervolle Porträts, in denen sich die Nähe zu den einzelnen Protagonisten spiegelt. Diese fühlen sich so wohl, dass sie vor der Kamera anfangen zu spielen – sich selbst aber auch mit ihrer Umgebung und dem Auslöser. Die Aufnahmen zeichnen dennoch ein sehr authentisches Bild der Inuit voller Stolz und stehen damit im Gegensatz zu den vielen anderen Projekten, die ein eher kaputtes, verlorenes Leben am Rande der Gesellschaft zeigen. Fast wie eine Theaterinszenierung wirken Itkonens Bilder von den einzelnen Jägern im Schnee. Diese Fotos hätte ich gern selbst gemacht, da ich die Freude der Protagonisten spüre. Ein wirklich sehr gelungenes Buch.

Der Bildband erschien bereits 2004 und ist nur noch vereinzelt zu finden. Einige der Bilder sowie die ISBN des Bildbandes hat die Fotografin auf ihrer Webseite gebündelt.

Fotobücher

Michael Poliza & Friends „South Africa“

Neun Fotografen insgesamt haben die Bilder für diesen Band mit fast 300 Seiten zusammengetragen. Das Herausragende ist die Zusammenstellung der Fotos und das Konzept von „South Africa“. Es ergeben sich schöne Abfolgen, die ein Annähern an das Land und die Bewohner ermöglicht, was nicht zuletzt auf gute Editierung zurückzuführen ist. Das Faszinierende sind hier wirklich die verschiedenen Grade an Nähe, die dem Betrachter ermöglicht werden. Es gibt klassische Luftaufnahmen, die man insbesondere von Poliza kennt, aber dann auch Abfolgen, wo wir uns einem Objekt oder einer Person immer mehr annähern. Durch die Bannbreite aus Luftaufnahmen und sehr detailreichen Bildern, wie dem Elefantenkopf, der auch das Cover ziert, ist immer wieder ein Perspektivwechsel möglich. Zudem wird genügend Spielraum geboten sich, die Welten zwischen den Aufnahmen selbst zu erschließen. Es gibt immer wieder harte Brüche, wie es sie in Südafrika selbst eben auch gibt: Nach 20 Seiten toller Tierfotografie folgt beispielsweise ein Porträt eines vermüllten Gebäudekomplexes in einem Township. Fotografisch wirklich toll und wahnsinnig umfangreich. Einziger Makel: Es bleibt ein Länderbildband, der an manchen Stellen zu sehr auf die touristische Bildsprache setzt.

Erschienen ist der Bildband 2010 bei teNeues. Neben denen von Poliza sind Aufnahmen von Vanessa Cowling, Chris Fallows, Justin Fox, Craig Fraser, Chris Kirchhoff, Mandla Mnyakama, Obie Oberholzer und Thomas P. Peschak zu sehen.

Fotobücher

Tamas Dezso „Notes for an Epilogue“

Im ersten Moment des Reinblätterns wirkt der Band wie klassische Reportagefotografie, doch auf den zweiten Blick ergeben sich zwei Ebenen, eine grafische und eine textliche, die das Buch zu einer kleinen eigenen Ausstellung werden lassen. Auffällig ist auch die hochwertige Anmutung, allein schon durch den schwarzen Einband, aber auch die Darstellung jedes einzelnen Bildes. Der weiße Rand wirkt fast wie ein Passepartout. Die Fotos selbst sind romantisiert: Der Schrotthändler bekommt plötzlich etwas Heldenhaftes und die versunkene Kirche wird zum Mahnmal gegen den Verfall. Der Fotograf verleiht Orten, die eigentlich bettelarm und verfallen sind, eine gewisse Romantik und Ästhetik, die viel Spielraum für die eigene Fantasie lassen. Die Komposition der Bilder, der Wechsel zwischen Landschafts- und Porträtfotografie lassen zu, dass man sich als Betrachter das eine in dem anderen vorstellen kann.

Die Arbeit und die Gedanken zu seinem Projekt zeigt der Fotograf auf seiner Webseite. Wer den Bildband bestellen möchte, kann dies bei dem Verlag Hatje Kantz tun.

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Samuel Zuder „Face to Faith“

Der Bildband des Hamburger Fotojournalisten Samuel Zuder befasst sich mit der Umrundung des heiligen Berges Kailash und hat eine ganz besondere Anmutung: edel, topografisch und mit spielerischen Elementen. So gibt es zum Beispiel gleich am Anfang gezeichneten Karten auf Pergament, die der Betrachter ausreißen kann, um sie dann an markierten Stellen aufzulegen um die ganze Geschichte zu einem Bild erfahren zu können. Ganz toll finde ich seinen fotojournalistischen Ansatz: tolle Landschaftstableaus und schön nahe Porträts, die eine gute Unschärfe haben. Mich faszinieren die reduzierten Landschaftsaufnahmen, die wenig oder keinen menschlichen Einfluss zeigen. Diese wiederholen sich zwar oft, schaffen es aber dennoch, immer wieder zu überraschen, zum Beispiel durch kleine Details oder Lichtverhältnisse. Didaktisch ist es natürlich ein cleverer Zug, die Betrachter mit den spielerischen Elementen dazu zu bringen, sich intensiv mit dem Bildband auseinanderzusetzen. Denn nur so bekommen sie das gesamte Bild und die gesamte Geschichte. Zuber hat den Kailash und alles was damit zusammenhängt umfangreicher dargestellt, als alles, was ich dazu bisher gesehen oder gelesen habe.

Der Bildband von Samuel Zuber ist im Hatje Cantz Verlag erschienen und umfasst 192 Seiten. Mehr Infos zu dem Projekt selbst gibt es auf der Webseite des Fotografen.

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