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Reisen im Rollstuhl

Mit einem schweren Unfall seines Bruders fing alles an: Fortan testete Krankenpfleger Wolfgang Grabowski Hotels auf ihre Behindertentauglichkeit. Heute zeigt er Rollstuhlfahrern die Welt - Afrika, Nepal oder die Seidenstraße

GEO-SAISON: Wie wurde aus dem Krankenpfleger Wolfgang Grabowski der Veranstalter "Grabo-Tours"?

Wolfgang Grabowski: Mein Bruder hatte mit 20 Jahren einen Autounfall und war seither vom Hals ab querschnittsgelähmt. Ich war 14, als er aus der Klinik kam. Wir reisten gerne. Jetzt brauchte mein Bruder Hilfe, also verreisten wir nur noch gemeinsam. Wie wohnten damals im Schwarzwald, von dort ging es in die Schweiz und nach Italien. Nach der Schule wurde ich Krankenpfleger, und unsere Unternehmungen führten uns immer weiter fort.

GEO-SAISON: Was gewiss mühevoll war, denn auf Behinderte war man im Tourismus damals wohl noch nicht eingestellt.

Wolfgang Grabowski: Ja, aber anstatt zu meckern, wenn etwas nicht stimmte, haben wir mit den Hoteliers gesprochen. Haben ihnen gesagt, was man verbessern könnte. Im Laufe der Jahre entwickelte sich aus unserem Hobby "Grabo-Tours". Meinen Beruf als Krankenpfleger habe ich längst an den Nagel gehängt.

Auf Safari in Afrika
Auf Safari in Afrika
© Grabo-Tours

GEO-SAISON: Sie haben die Welt auf Rollstuhlfähigkeit geprüft. Mit welchem Ergebnis?

Wolfgang Grabowski: Dass sie nicht rollstuhltauglich ist. Man hat zwar vieles geändert, aber nur halbherzig. Nehmen wir die Kanaren. Dort gibt es immer mehr prächtige Hotels. Dennoch verfügt eines der größten Hotels Spaniens mit 2000 Betten nur über vier Rollstuhlzimmer.

GEO-SAISON: Worauf kommt es bei Reisen für behinderte Gäste an?

Wolfgang Grabowski: Drastisch ausgedrückt lautet die Hauptfrage: Wo ist das nächste Rolli-Klo? Aber eigentlich geht es darum, normale Ferien in normalen Hotels als normaler Urlauber zu machen.

GEO-SAISON: Wie finden Sie geeignete Unterkünfte für ihre Gruppen?

Wolfgang Grabowski: Ich suche mir ein Ziel aus und klappere alle Hotels persönlich ab. Das A und O sind die Badezimmer. Dann die zentrale Lage. Und: Haben die Häuser Rampen, außer für Koffer, Bierfässer und Speisewagen? Es gibt welche, die sind so steil wie die Eigernordwand. Da kommt nicht mal ein Fußgänger hoch. Andere sind zu glatt.

GEO-SAISON: Gibt es Berührungsängste, wenn Sie mit 15 Rollstuhlfahrern auftauchen?

Wolfgang Grabowski: Manche Hoteliers sagen einfach: "Klar geht das", und hängen die Badezimmertüren aus. Andere sagen: "Ich habe leider nur zwei Spezialzimmer." Da spüre ich sofort: Aha, der will sich rausreden.

Rundreise durch Ägypten
Rundreise durch Ägypten
© Grabo-Tours

GEO-SAISON: Woher rührt die Ablehnung?

Wolfgang Grabowski: Hoteliers fürchten, dass ihr Mobiliar beschädigt wird. Eine elektrischer Rollstuhl fährt schon mal einen Türrahmen an, wenn er zu eng ist. Aber das liegt am Türrahmen, nicht am Rollstuhl.

Viele fragen sich, wie die Gäste reagieren. Was wir auf keinen Fall machen: in einem Extraraum essen und frühstücken. Da block ich lieber ab.

GEO-SAISON: Fangen die Schwierigkeiten nicht schon am Flughafen und im Flugzeug an?

Wolfgang Grabowski: Natürlich. Wir heben unsere Kunden vom Rollstuhl in einen Spezialstuhl. Am Ankunftsflughafen muss eine Fahrzeug stehen, das uns ins Hotel bringt. Mal müssen Geländer abgeschraubt, mal Sitze ausgebaut werden.

GEO-SAISON: Sind in den Gruppen ausschließlich Rollstuhlfahrer?

Wolfgang Grabowski: Es reisen auch nicht behinderte Ehepartner mit. Oder "Fußgänger", deren behinderter Partner gestorben ist.

GEO-SAISON: Welche ihrer Reisen ist am spektakulärsten?

Wolfgang Grabowski: Wir waren gerade in Afrika, auf den Spuren der „Big Five“ - Elefant, Löwe, Leopard, Nashorn, Büffel. Geflogen sind wir mit einer von uns gecharterten Propellermaschine, Baujahr 1964. Am Ende einer Reise haben die Helfer und ich immer lange Arme vom Tragen. Aber wir bringen jeden an sein Ziel. Egal, ob er eine Querschnittlähmung, eine spastische Erkrankung, Multiple Sklerose oder eine andere Krankheit hat. Wenn mir jemand vor zehn Jahren prophezeit hätte, du bringst Rollstuhlfahrer nach Nepal, hätte ich gesagt: niemals. Heute habe ich Tibet in Planung.

GEO-SAISON: Wie kommen ihre Kunden mit den Strapazen zurecht?

Wolfgang Grabowski: In Nepal war die Älteste 83 und behindert. Mit Gran Canaria hat sie bei uns angefangen. In Nepal sagte ich aus Spaß zu ihr. "Du willst ja nur bei mir sterben." Da erwiderte sie: "Wolfgang, das würde mir nichts ausmachen."

Info:

Grabo-Tours-Reisen

Rennweiler 5 66903 Ohmbach Tel. 06386-7744 Fax 7717 www.grabo-tours.de

GEO SAISON Nr. 12/2003 - Kanarische Inseln

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