
GEO SAISON: "From Africa to Brazil" nennen Sie Ihre Reise per Auto von Nairobi nach Rio zur Fußball-WM. Warum wollen Sie und Ihr Team da unbedingt hin?
Florian Keller: Der Anlass ist eher eine Ausrede für eine Reise fast um die Welt von meiner jetzigen Heimat Kenia nach Brasilien, um Sümpfe, Savannen, Wüsten, Berge und Ozeane zu überqueren und Menschen verschiedenster Kulturen zu begegnen.
GEO SAISON: Von der Reise soll zugleich ein Spendenprojekt profitieren. Worum geht es dabei?
Florian Keller: Viele hervorragende Schüler in Kenia können aus finanziellen Gründen keine weiterführende Schule besuchen, die pro Kind und Jahr rund 600 Euro kostet. Unsere Reise sammelt Geld für den "Jubilee Scholarship Fund", mit dem wir mindestens 30 bedürftigen Kindern diese Schulbildung finanzieren wollen, auch indem wir jede private Spende mit dem gleichen Betrag verdoppeln.
GEO SAISON: Auf Ihrer Strecke lagen einige Staaten wie Iran oder Kirgistan, die nicht gerade als Reiseländer gelten. Welche haben Sie überrascht?
Florian Keller: Besonders positiv überrascht hat mich der Iran, der vollkommen anders ist als das Bild, das ich aus der Medienberichterstattung hatte. Persien bietet wunderschöne Landschaften und Kulturstädte wie Isfahan und Shiraz – begeistert haben mich vor allem aber die Menschen. Nirgendwo sonst auf der Welt habe ich so freundliche und hilfsbereite Leute wie im Iran kennengelernt. Negativ überrascht hat mich Turkmenistan, ein totalitärer Staat, der seine Erdgasmilliarden in goldene Statuen des Präsidenten und Prunkbauten in der Hauptstadt steckt.
GEO SAISON: In welchem Land lauern die schwierigsten bürokratischen Hürden bei der Einreise?
Florian Keller: So sehr mir der Iran gefallen hat, so übel ist die Bürokratie dort. Es benötigte zehn verschiedene Formulare und mindestens 20 Unterschriften aus 15 Büros, allein um unser Auto durch den Zoll zu bekommen.
GEO SAISON: Was lässt sich aus Ihren Erfahrungen unterwegs lernen, wenn man eine Weltreise plant?
Florian Keller: Man braucht eine lange Vorlaufzeit. Gedanken über die Reiseroute habe ich mir schon vor drei Jahren gemacht. In den neun Monaten vor der Abreise ging viel Zeit dabei drauf, Visa zu beantragen und die Logistik zu planen. Für "schwierige" Länder sollte man sich einen lokalen Partner suchen, der bei Problemen vor Ort hilft. Da fast immer Unvorhergesehenes geschieht, sollte man zudem ein dickes Zeitpolster unterwegs einplanen.
GEO SAISON: Im Beruf koordinieren Sie für "Enchanting Travels" von Nairobi aus Reisen in afrikanische Staaten. Welche Länder waren für Sie als Tourismusprofi am interessantesten?
Florian Keller: Aus afrikanischer Perspektive ist Äthiopien eine Entdeckung, da es ganz andere Erlebnisse bietet als zum Beispiel das südliche Afrika: sehr ursprüngliche Kulturen wie die der Mursi mit ihren Tellerlippen etwa oder kulturhistorische Monumente wie die Felskirchen von Lalibela. In Arabien und Zentralasien sind für uns der Oman, Iran sowie Usbekistan, Kirgistan und die Mongolei sehr reizvoll, da sie uns bezaubert haben und maßgeschneiderte Individualreisen in diese Länder bisher kaum angeboten werden. In Südamerika ist Kolumbien als bisher vom Tourismus kaum entdecktes Land mit wunderschönen Landschaften, unheimlich freundlichen Menschen und vielseitiger Kultur besonders aufregend.
GEO SAISON: Was war bislang das eindrucksvollste Erlebnis?
Florian Keller: In Isfahan im Iran treffen sich die Menschen an Feiertagen an einer der Brücken und singen dort bis nach Sonnenuntergang traditionelle, sehr emotionale Lieder. Wir hatten das Gefühl, einer uralten Tradition beizuwohnen, die der Repression des iranischen Regimes trotzt. Eine fast surreale Erfahrung war auch der Baikalsee in Sibirien. Im Februar war er zugefroren und mit dickem Pulverschnee bedeckt. Wir haben uns vom Landcruiser auf einem Snowboard am Seil kilometerweit übers Eis ziehen lassen – das Snowboarden auf dem Baikalsee werde ich nie vergessen.

GEO SAISON: Welche Rolle spielt eigentlich der Fußball auf dieser Reise?
Florian Keller: Die Vorfreude auf die WM haben wir oft gespürt. Im Winter in Zentralasien und Sibirien war es aber zu kalt, um dort Fußball zu spielen. In Zentral- und Südamerika hingegen haben wir an unzähligen Stränden mit Einheimischen gekickt. Nun freue ich mich auf die Leidenschaft der Brasilianer. Ich habe zwei Jahre lang in São Paulo und Rio gelebt und die Lebensfreude dort kennengelernt. Ich kann mir kein mitreißenderes Ereignis vorstellen als eine Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien.
GEO SAISON: Es könnte aber chaotisch und teuer werden. Haben Sie Tipps, wie man Nepp, fehlenden Zimmern und ausgefallenen Flügen entkommen kann?
Florian Keller: Ich habe ein Zelt dabei, falls mal alle Zimmer ausgebucht sind, und werde immer versuchen, ein, zwei Tage vor der nächsten Partie der deutschen Mannschaft zum jeweiligen Spielort zu fahren, so dass ich ein Zeitpolster bei Überraschungen wie Flugstornierungen habe.
