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Interview Eine Weltreise mit dem "Fliewatüüt"

Das Ehepaar Stütz besuchte in 18 Monaten fünf Kontinente mit einem "Motorrad der Lüfte". Sie überstanden Stromausfälle an Bord und heftige Turbulenzen. Im Interview erzählt Melanie Stütz, warum der Fall der Mauer vor 25 Jahren dabei eine nicht ganz unwichtige Rolle spielte
Interview: Eine Weltreise mit einem "Fliewatüüt" – das ist doch unmöglich. Von wegen. Melanie und Andreas Stütz stiegen in einen Tragschrauber und verwirklichten das Unmögliche
Eine Weltreise mit einem "Fliewatüüt" – das ist doch unmöglich. Von wegen. Melanie und Andreas Stütz stiegen in einen Tragschrauber und verwirklichten das Unmögliche
© Andreas und Melanie Stütz

Melanie wollte als Kind in Erfurt Kosmonaut werden. Andreas verschlang im schwäbischen Biberach die Westdeutsche Fernsehserie "Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt" und träumte davon mit so einem "Fliewatüüt", einem Mix aus Hubschrauber, Auto und Boot, eines Tages auf Abenteuereisen zu gehen. 2003 wurde der erste Tragschrauber in Deutschland zugelassen und drei Jahre später machte das Ehepaar Stütz seinen ersten Probeflug. Schnell wurde klar, der große Kindheitstraum kann in Erfüllung gehen. Von 2009 bis 2010 bereisten sie mit ihrem "Fliewatüüt" in Etappen Europa, Afrika, Australien, Neuseeland, Nord- und Südamerika

GEO.de: Was fällt Ihnen sofort ein, wenn Sie an ihr Weltflug-Abenteuer von 2009 bis 2010 zurückdenken?

Melanie Stütz: "Ich möchte keine Sekunde missen. Und jeder Kontinent war für sich ein neues Abenteuer."

GEO.de: Wie haben Sie sich auf Ihre große Reise vorbereitet?

Melanie Stütz: "Wir haben für alles geübt und ein Überlebenstraining gemacht. Wir haben gelernt, wie man ein Iglu baut. Das ist natürlich alles nicht eingetreten, aber man weiß ja nie. Der allererste Schritt zu unserem Abenteuer war aber natürlich, den Probeflug mit diesem 'Fliewatüüt' zu machen und anschließend selbst das Fliegen zu lernen."

GEO.de: Sie haben für Ihr Weltflug-Abenteuer einen Sport-Pilotenschein gemacht und das Funken gelernt. Wie lange haben Sie dafür gebraucht?

Melanie Stütz: "Das Funken zu beherrschen, ist wie eine neue Fremdsprache zu lernen. Wir haben zunächst für den deutschen Funkraum gelernt und dann in Englisch für den internationalen Flugverkehr. Dafür haben wir vier oder sechs Wochenend-Kurse belegt und kräftig gelernt. Wir haben wohl an die drei Monate gebraucht, um allein das Funken zu beherrschen. Und beim Fliegen war es ähnlich. Im Frühjahr 2007 war die theoretische Prüfung und im Sommer stand die Praxis-Prüfung als Sportpilot an. Die Vorbereitungen haben ungefähr ein Jahr gedauert."

Interview: "Weltflug – Zwei Überflieger auf fünf Kontinenten", Andreas Stütz, erscheinen im Delius Klasing Verlag, 2011, 312 Seiten, 31 Farbfotos, 19,90 Euro. Mit einem Teil der Bucherlöse unterstützen die Autoren die Kinderhilfe von terre des hommes.
"Weltflug – Zwei Überflieger auf fünf Kontinenten", Andreas Stütz, erscheinen im Delius Klasing Verlag, 2011, 312 Seiten, 31 Farbfotos, 19,90 Euro. Mit einem Teil der Bucherlöse unterstützen die Autoren die Kinderhilfe von terre des hommes.
© Melanie und Andreas Stütz

GEO.de: Wie nah kommt man einem Land, wenn man über es hinweg fliegt?

Melanie Stütz: "Mit dem Tragschrauber fliegt man nicht so hoch, vielleicht 1000 Meter. Je nach Land ändert sich die vorgeschriebene Flughöhe, aber durch das offene und tiefe fliegen, ist es wie eine Erlebnisfahrt. Es ist wie ein 'Motorrad der Lüfte', das eine neue Perspektive eröffnet. So haben wir die Welt vorher noch nicht gesehen und sie mit allen Sinnen erlebt. In Neuseeland beispielsweise haben wir uns über einen strengen Geruch gewundert. Der Grund waren Schwefelquellen, die wirklich sehr nach faulen Eiern gestunken haben. Oder in San Francisco als wir zum ersten Mal die Skyline gesehen haben und ich Andreas gefragt habe: 'Wo ist die Golden Gate Bridge?' Da taten sich dann plötzlich die zwei Pfeiler durch die Wolkenflut auf – und das war der Wahnsinn! Und einer dieser Wow-Momente. Eine Nähe zu den Ländern haben wir aber vor allem dadurch bekommen, dass wir auch immer Kinder und Erwachsene nach ihren Kindheitsträumen befragt haben. Durch diese vielfältigen Geschichten haben wir einen guten Spiegel des jeweiligen Landes erhalten."

GEO.de: Wo haben Sie Ihre persönlichen Grenzen überschritten?

Melanie Stütz: "Die eigentliche Grenzüberschreitung war nicht so sehr irgendeine Gefahrensituation überwunden zu haben, sondern den klassischen, inneren Schweinehund. Eine Weltreise mit dem 'Fliewatüüt', das ist doch aus einer Puppenserie. Auch wenn mein Mann Andreas die Serie verschlungen hat; dass sich daraus ein Traum entwickelt hat, der zu unserem Lebensinhalt wurde, das ist doch total verrückt. Das geht doch gar nicht. Normalerweise ist ein Traum auch eine Grenze. Eine Grenzüberschreitung beginnt immer mit dem ersten Schritt.

So haben aber meine Eltern mit mir auch diesen ersten Schritt schon unternommen. Ich bin mit meinen Vater im Oktober 1989 von der DDR über Prag in den Westen geflohen. Ein Leben in Freiheit, ein Leben, in dem man reisen kann, wohin man will – das war eine Sache von der meine Eltern immer geträumt hatten. Das schien auch lange Zeit unmöglich zu sein. Doch wir sind diesen ersten Schritt gegangen und haben diese Grenze überwunden."

GEO.de: Was war der schönste Flug auf Ihrem Weltflug-Abenteuer?

Melanie Stütz: "So eine Weltreise mit dem 'Fliewatüüt' hat zuvor noch niemand gemacht, auch das Fliegen in dem offenen Tragschrauber war besonders. Das Schönste war zum Schluss natürlich der Flug um die Jesus-Statue in Rio de Janeiro. Das war schon atemberaubend. So als könnte man die Hand ausstrecken und mit Cristo Redentor den 'Give me Five'-Handschlag austauschen. Einmal um diese 30 Meter hohe Christus-Statue zu fliegen das war unser großes Ziel – und es war wirklich ein Höhepunkt in jeglicher Hinsicht."

Weitere Infos zum Weltflug

Auf der Website finden Sie mehr zu den beiden Überfliegern, Eindrücke vom Flug mit dem Tragschrauber sowie einen Buch und Film Shop

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