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Papua-Neuguinea Wie diese Kajakfahrer einen der gefährlichsten Flüsse bezwangen

Beriman
So ruhig wie in diesem Becken präsentiert sich der Beriman River nur selten
© Ben Marr
Der Beriman River liegt abgelegen auf einer Insel im westlichen Pazifik. So schön er auch aussieht, niemand hat sich bisher getraut diesen Fluss mit dem Kajak zu bezwingen. Vier Paddler stürzten sich nun in das risikoreiche Abenteuer

Die Insel Neubritannien ist die größte im zu Papua-Neuguinea gehörenden Bismarck-Archipel und dennoch, hat wohl kaum jemand von ihr gehört. Überwuchert von dichtem Dschungel und durchzogen von tiefen Canyons liegt sie mitten im westlichen Pazifik. Vier Kajakfahrer hatten von ihr gehört und auch von ihren reißenden, azurblauen Flüssen. Ben, Benjamin, Chris und Pedro sind professionelle Paddler und immer auf der Suche nach der nächsten Herausforderung. Durch Zufall entdeckten sie den Beriman River im südlichen, komplett unerschlossenen Teil Neubritanniens. Der lediglich 40 Kilometer lange Fluss schlängelt sich durch einen überwucherten Canyon, durch steinerne Tunnel und stürzt sich an einigen Stellen metertief hinunter. Malerisch mündet er am Ende ins Meer. Ohne den genauen Verlauf des Flusses zu kennen, mit dem Wissen, dass sie tagelang ohne Kommunikation zur Außenwelt werden überleben müssen und dass sich bisher noch niemand in die tückischen Fluten des Beriman getraut hat, entscheiden sich die Vier den kompletten Fluss mit ihren Kajaks zu befahren. Nicht nur einmal geraten sie dabei in lebensgefährliche Situationen. Entstanden ist der packende Kurzfilm "Locked in", der auch bei der diesjährigen European Outdoor Film Tour zu sehen ist. Wir haben vorab mit ihnen über ihr Abenteuer auf dem Beriman gesprochen.

Wie habt ihr von dem Beriman River gehört?
Ben Stookesberry: Pedro, Chris und ich waren bereits 2013 auf der Insel Neubritannien, ursprünglich um uns einen anderen Fluss anzusehen. Das ganze Gebiet ist sehr abgelegen, sodass wir uns für einen ersten Überblick den Fluss nur vom Helikopter ansehen konnten. Der einheimische Helikopter-Pilot erzählte uns kurz vor dem Start zum ersten Expeditionsflug von einem für ihn sehr viel interessanteren Fluss im Süden der Insel. Dieser würde ihn an den Grand Canyon erinnern. Wir ließen uns also von dem Piloten überreden, uns seinen Vorschlag anzusehen und waren überwältigt. Der Canyon rund um den Beriman ist groß und gewaltig, an einzelnen Stellen bis zu 1200 Meter tief. Definitiv ein Naturschauspiel, das wir in dieser Größenordnung auf dem doch eher kleinen Eiland nicht erwartet hätten.

Was macht den Fluss so herausfordernd für Kajakfahrer?
Ben Stookesberry: Der Fluss befindet sich in einem komplett unerschlossenen Teil der Insel. Er ist umgeben von einem überwucherten Canyon und fließt passagenweise durch steinerne Tunnel. Das bedeutete für uns als Kajakfahrer, dass wir uns auf ein Abenteuer einlassen würden, ohne streckenweise Kontakt zur Außenwelt zu haben und dass wir erst nach und nach erfahren würden, wie der Beriman wirklich verläuft.

Wie lange habt ihr euch vorbereitet, bis ihr bereit für den Beriman wart?
Ben Stookesberry: Das verrückte an dieser Geschichte ist, dass wir bis zu unserem Expeditionsflug zwei Wochen vor Start eigentlich nicht wirklich wussten, worauf wir uns da eingelassen hatten. Zwar hatten wir den Fluss bereits aus der Luft gesehen, aber waren mit der Impression zurückgekehrt, dass wir ähnlich wie beim Grand Canyon die Möglichkeit haben werden, schwierige Passagen am Ufer umgehen zu können. Erst bei dem besagten ExpedBen Stookesberry: itionstrip sahen wir, dass dies nicht der Fall war. Einige Abschnitte würden wir nur umgehen können, indem wir mit unserem kompletten Equipment die steilen Hänge des Canyons hinauf und wieder hinab klettern würden. Wir mussten also unsere komplette Ausrüstung um Kletterequipment erweitern, was auch ins Gewicht fiel. Deswegen planten wir für die insgesamt nur 40 Kilometer des Beriman am Ende fast zwei Wochen ein.

Ben Marr: Ich habe mich bis zuletzt nicht bereit gefühlt. Erst als ich am Flusslauf angekommen war, den Beriman hören, sehen und in ihm schwimmen konnte, waren alle Zweifel wie weggeblasen. Wir waren dort, wie würden es probieren und ich glaubte auf einmal fest daran, dass wir es auch schaffen würden. Zuvor konnte ich dem Fluss immer nur aus der Luft begegnen und erahnen, dass dieser Trip etwas werden würde, was ich noch nie zuvor gemacht hatte.

Beriman
Reißend und an einigen Stellen kaum einsehbar, schlängelt sich der Beriman durch den Süden Neubritanniens
© Ben Marr

Euer Vorhaben galt als riskant, wie viel Respekt hattet ihr vor dem Beriman während und nach eurem Trip?
Ben Stookesberry: Es war sehr risikoreich, aber das wussten wir bevor wir uns darauf eingelassen haben. Es gab einige heikle Situationen, in denen uns die Naturgewalten gezeigt haben, wer am längeren Hebel sitzt. Am Ende bin ich mir durchaus bewusst, dass wir auch Glück hatten. So gab es beispielsweise an dem Tag bevor wir aufbrachen und an dem Tag nachdem wir an der Meeres-Mündung angekommen waren gewaltige tropische Gewitter, die uns während unseres Trips mit Sicherheit weggespült hätten.

Was war die gefährlichste Situation und warum?
Ben Marr: An der siebten Schlucht von insgesamt 13 hatten wir verdammtes Glück. Es war eine der Stellen, die nicht einsehbar waren. Vor uns lag eine vertikale, steinerne Schlucht in das sich reißendes Wasser stürzte. Wir hatten schnell eine Idee wie wir uns diese Stelle mit Hilfe einer Seilkonstruktion anschauen könnten. Pedro war der erste, der sich abseilte, er verfing sich und hing eine Zeit lang kopfüber, bis er in der Lage war sich selbst zu befreien, indem er das Seil durchtrennte und in ruhige Gewässer schwamm. Wir hatten durch das Getöse des Wassers all dem nichts mitbekommen und hielten auf einmal ein zerrissenes Seilende in der Hand. Da brach Panik aus. Ben Stookesberry wollte wissen, was los war und seilte sich als nächster ab. Auch er verfing sich, konnte aber über Laute mit uns kommunizieren. Fast die ganze Nacht verbachte er in dieser misslichen Lage, bis auch er sich in den Morgenstunden befreien konnte. Kurze Zeit später hörten wir Pfiffe von Pedros Trillerpfeife und wusste nun zumindest, dass er lebte. Am Ende schafften wir es und konnten auch diese Schlucht überwinden.

Ben Stookesberry: Zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits sehr anstrengende zehn Tage hinter uns und jeder kämpfte mit der physischen und psychischen Belastung des Trips. Aber wir hielten zusammen, halfen einander und jeder übernahm Aufgaben der anderen, um sie zu entlasten. Es war eine harte Herausforderung, aber wir waren auch eine gute Gruppe.

Beriman
An den gefährlichsten Stellen mussten die Gruppe ihr komplettes Equipment aus dem Wasser nehmen und durch das Dickicht tragen
© Ben Marr

Wie habt ihr das Ende der Tour erlebt?
Pedro Oliva: Als sich plötzlich die überwucherten Schluchten öffneten und sich das Grün des Dschungels mit dem azurblau des Meeres mischte, wir die Wellen am Horizont brechen sahen und der Beriman auf einmal ruhiger wurde, war das ein unglaubliches Gefühl. Am unteren Abschnitt des Flusses leben Ureinwohner, die nur selten andere Menschen zu Gesicht bekommen, vor allem nicht so modern ausgestattete Abenteurer wie uns. Und so ergab sich kurz vor Ende unseres Trips eine tolle Begegnung mit diesem Volk, vorangetrieben von der Neugier der Kinder.

Würdet ihr nochmal zurückkehren?
Ben Stookesberry: Wir sind alle Profis und das Bezwingen von Flüssen ist praktisch unser Job, deswegen suchen wir nach der nächsten Herausforderung. Allerdings kommt beim Beriman hinzu, dass ich mir durchaus bewusst bin, wie viel Glück wir hatten und das möchte ich nicht ein zweites Mal herausfordern.

Ben Marr: Auch ich habe das Gefühl alles am Beriman erreicht zu haben, deswegen zieht mich nichts dorthin zurück und ich weiß, es gibt noch andere unentdeckte Canyons auf dieser Welt!

Beriman
Nach rund 40 Kilometern mündet der Beriman in den Pazifik. So schön die Kulisse auch war, keiner der vier Kajakfahrer möchte zurückkehren
© Bryan Smith

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