GEO: Frau Malaviya, warum ist vor Ihnen keine andere Inderin auf die Idee gekommen, Profi-Surferin zu werden?
Ishita Malaviya: Wenn überhaupt, ist das Meer bei uns ein Ort für Männer. Sie gehen dort fischen, die Frauen bleiben daheim und kümmern sich um den Haushalt.
Wie war Ihr erster Ritt auf den Wellen?
Als ich begann, war ich schwach. Wenn ich liegend auf dem Board paddelte, kam ich kaum voran. Ich trainierte hart und schaute stundenlang Surfvideos im Internet. Als ich die erste Welle richtig erwischte, lächelte ich, als sie mich in Richtung Strand trug. Ich lächelte, bis ich wieder zu Hause war. Mir war klar, dass ich nie wieder etwas anderes machen möchte als surfen.
Wie reagierten die Fischer auf die junge Frau im Wasser?
Die beobachteten mich eher neugierig. Aber weil ich so viel Zeit draußen verbrachte, wurde meine Haut immer dunkler. Freunde und Professoren an der Universität sagten: „Ishita, du siehst aus, als würdest du in einer Holzkohlefabrik arbeiten.“ In Indien gilt blasse Haut als Zeichen für Wohlstand und Schönheit.
Was sagten Ihre Eltern?
Sie haben mir das Surfen nicht verboten. Aber sie haben mich auch nicht unterstützt. Für mein erstes Surfboard verkaufte ich fast meinen gesamten Besitz, auch meine Nähmaschine. Inzwischen betreibe ich mit meinem Freund eine Surfschule in einem Dorf nahe der Küstenstadt Manipal. Meine Eltern könnten nicht stolzer auf mich sein. Sie waren schon mit mir surfen.
Besuchen auch Mädchen die Surfschule?
Es war lange schwierig, sie zu überzeugen. Aber dann kam Sulochana, eine Frau aus dem Fischerdorf, 65 Jahre alt. Sie wollte unbedingt surfen, dabei hatte sie noch nie einen Fuß in das Meer gesetzt. Ich hielt ihre Hand, sie krabbelte auf das Brett und ließ sich kichernd treiben. Sulochana kommt regelmäßig zu uns, viele Mädchen folgen ihr.
Ihr wichtigster Ratschlag für diese Mädchen?
Manchmal ist der kleinste Schritt in die richtige Richtung der größte Schritt deines Lebens. Geh auf Zehenspitzen, wenn du musst, aber geh!