Vögel, die Nester bauen, brauchen Baumaterial. Zweige zum Beispiel, Blätter, Moos. Und Tierhaare. Haare von Säugetieren sind sogar besonders wichtig und begehrt – weil sie flexibel sind, sich leicht in die Neststruktur einbauen lassen und Eier und Küken warm halten.
Lange haben sich Forscherinnen und Forscher gefragt, woher das Material eigentlich stammt, das sich unschwer in verlassenen Nestern nachweisen lässt. Bislang gingen sie davon aus, dass Vögel ausgefallene Haare in der Natur einsammeln – oder sie bisweilen auch verendeten Tieren ausrupfen.
Eine dritte Möglichkeit wurde bislang nur unzureichend untersucht: Vögel könnten sich auch bei lebenden Pelztieren bedienen. Einen nun im Journal der "Ecological Society of America" veröffentlichte Studie zeigt: Das tun sie auch. Und zwar nicht selten.
Ein bislang wenig beachtetes, weit verbreitetes Verhalten
Die Idee zu der Studie kam Co-Autor Henry Pollock, als der Ornithologe von der University of Illinois in einem Park eine Grauhäubchenmeise (Baeolophus bicolor) beobachtete, die auf dem Rücken eines Waschbären saß und ihm Fell auspickte - mutmaßlich für den Nestbau.
Zwar hatte schon 1946 ein US-Ornithologe das Verhalten beschrieben, doch eher als Anekdote. Auf YouTube dagegen gibt es zahlreiche Videos, die klar belegen: Pelzdiebstahl am lebenden Tier ist verbreiteter, als bislang angenommen. Für ihre Studie werteten Pollock und sein Team Dutzende Internet-Videos aus.
Das Verhalten nennen die Autoren Kleptotrichie – von griechisch kleptein (stehlen) und thrix (Haar).
Warum Vögel ihre Nester mit Haaren auspolstern, ist gleichwohl nicht restlos geklärt. Klar ist Pollock zufolge nur, dass es den Tieren einen evolutionären Vorteil verschafft. Die wärmedämmende Wirkung allein kann es jedenfalls nicht sein. Sonst würden nicht auch Vögel in heißen, tropischen Gegenden Pelz in ihren Nestern verbauen.