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Gentechnik: Wiehernde Klone

Haben Hengste ausgedient? Für die Pferdezucht macht man inzwischen Wallache zu Vätern

Über 97 Prozent aller männlichen Turnierpferde sind Kastraten. Im Unterschied zu Hengsten sind Wallache umgänglich und im Stall mit anderen Artgenossen leicht zu halten. Nicht einmal vierbeinige Olympiasieger und Weltmeister machen da eine Ausnahme. Ob "Rembrandt", "Gigolo", "E. T." oder "Deister": Sie alle hat man zeugungs- und damit zuchtunfähig gemacht.

Um die Linie siegreicher Pferde aufrechtzuerhalten, mussten Züchter bislang auf Eltern, Halb- oder Vollgeschwister zurückgreifen. Mit der Klonmethode verfügen Gentechniker nun über ein neues Verfahren, das Erbgut der Spitzenpferde direkt weiterzugeben. Nachdem vor zwei Jahren bereits das erste "gewöhnliche" Pferd geklont worden war, ist am 25. Februar in Cremona der Elite-Pferdeklon "Pieraz-Cryozootech-Stallion" (Pieraz II) zur Welt gekommen. Er ist ein Nachkömmling des mittlerweile 23-jährigen "Pieraz", Doppelweltmeister im Endurance (Distanzsport) von 1994 und 1996. Ein Klon von "E. T.", dem Springpferd mit der weltweit höchsten Gewinnsumme, wird im nächsten Jahr erwartet. Die Kosten für einen solchen Spitzenklon liegen bei rund 300000 Euro, die sich beim Zuchteinsatz des Klons über die so genannten Decktaxen wohl rasch wieder einspielen lassen dürften.

Die Verluste bis zur Geburt eines Fohlens sind bislang allerdings groß und die Fehlerquellen vielfältig. Aus Hautzellen eines Klongebers wird das Erbgut isoliert und in entkernte Eizellen eingesetzt, die aus Ovarien toter Stuten stammen. Innerhalb von acht Tagen wachsen in der Reagenzschale aus den behandelten Eizellen Embryonen heran. Dabei kommt auf Hunderte von Versuchen nur ein Erfolg. Mehrere Embryonen werden schließlich in Leihmütter eingepflanzt und von ihnen ausgetragen.

Allein zwölf Stuten brauchte das Team um Cesare Galli vom italienisch-französischen Joint Venture der Firmen LTR und Cryozootech, bis der bislang einzige gesunde Pieraz-Abkömmling auf die Welt kam.

Etwaige Bedenken, dass auch die zunächst gesund wirkenden Klone besonders anfällig für Krankheiten sein können, hält Cesare Galli für unbegründet. Unterschiede in puncto Fitness, Spermienqualität und Gesundheit bei geklonten und nicht-geklonten Großtieren wie Rindern und Pferden seien bislang nicht beobachtet worden. Und Galli betont die Möglichkeit, die Zusammenhänge zwischen genetischer Disposition und äußeren Einflüssen auf die Entwicklung der Tiere genauer zu studieren als früher. Klone entsprächen biologisch eineiigen Zwillingen und könnten für wissenschaftliche Zwecke besonders gut miteinander verglichen werden (natürliche eineiige Zwillinge kommen bei Pferden fast nie vor).

An einen sportlichen Einsatz der Duplikate sei im übrigen nicht gedacht, versichert Galli - obgleich genau das wohl viele Interessenten reizen dürfte. Aber das Reglement der meisten Pferdesport-Disziplinen verbietet es noch.

Auch für die Zucht sei es nicht gut, wenn beim Klonen das Bestehende kopiert und multipliziert, aber nicht verbessert werde, meint Erich Bruns, Professor für Tierzucht und Haustiergenetik der Universität Göttingen. Zudem hält er allenfalls 30 Prozent der Eigenschaften, die zum Sieg nötig sind, für erblich - Umwelteinflüsse wie Haltung, Ernährung und die Behandlung des Pferdes durch den Reiter machten 70 Prozent des Erfolges aus.

Alle GEOskope aus dem Magazin Nr. 9/05

GEO Nr. 05/97

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