"Es war sehr bewegend", erinnert sich Teresa Manera an jenen Moment vor 19 Jahren, als sie die gewaltigen Fußabdrücke erstmals sah. Ein Sturm hatte das Meerwasser aufgepeitscht und die Brandung bis hin zu einer rötlichen Felsplatte getrieben, die - normalerweise unter Sand begraben - die argentinische Atlantikküste vor Pehuén-Có säumt. Nach der Sturmflut vom Sediment befreit, offenbarte die 20 bis 30 Meter breite und fast drei Kilometer lange Siltsteinplatte auf ihrer Oberfläche ein Panoptikum kreuz und quer verlaufender fossiler Fußspuren: Hunderte Abdrücke 12000 Jahre alter, zum Teil ausgestorbener Säugetier- und Vogelarten, welche hier einst an den Sümpfen lebten, die während der Regenzeiten im Gebiet der heutigen Pampa entstanden
waren.
"Es ist, als ob man einen fossilen Zoo vor sich hat", schwärmt Teresa Manera: Die Geologin und Paläontologin von der Universidad Nacional del Sur in Bahía Blanca versucht, die einzigartigen Spuren seither zu bewahren. Ein Wettlauf mit der Zeit, denn die Erosion durch Wellen und Geländewagen der Touristen drohen die Abdrücke zu zerstören, noch bevor alle Fährten - die längste von ihnen 36 Meter lang - kartiert und konserviert sind. Neben den Tatzen von Bären, den Spuren von urtümlichen Flamingos, Rehen, Lamas, Elefanten und einem kamelähnlichen Wesen mit kurzem Rüssel namens Macrauchenia sind es vor allem Fährten des Riesenfaultiers Megatherium, welche die Wissenschaftlerin faszinieren. "Jeder Fußabdruck ist fast einen Meter lang", beschreibt Manera die Relikte des sechs Meter langen und bis zu vier Tonnen schweren Ungetüms, das hier einst durch die weichen Schlammschichten stampfte, die sich nach jeder Überflutung gebildet hatten.
Wurde der Untergrund hart, noch bevor sich auf ihm die nächste Lehmschicht mit weiteren Abdrücken einlagern konnte, blieben die Spuren erhalten. So bildete sich im Laufe der Zeit ein mehr als ein Meter mächtiges Archiv der Fauna. Doch der Forscherin - die für ihr Engagement kürzlich mit dem "Rolex Award for Enterprise" ausgezeichnet wurde - machen nicht nur Erosion und Tourismus zu schaffen. Auch die Konservierung der Fußspuren gestaltet sich schwierig. Herkömmliche Gipsabdrucktechniken sind zwar preiswert, eignen sich aber nicht für größere Flächen. Zudem wird der Abdruck bei Entfernung des Abgusses häufig beschädigt. Silikon ist leichter zu handhaben als Gips, aber teurer. Jetzt experimentieren Manera und ihr Team mit Latex und Poly-urethan. Über 70 Fußspuren haben sie bereits gesichert.
Innerhalb von drei Jahren soll der Großteil der Abdrücke als Kunststoff-Abguss vorliegen und analysiert werden. Dabei hoffen die Wissenschaftler, mehr darüber zu erfahren, wie sich die ausgestorbenen Sumpfbewohner einst bewegt haben. So sei etwa das Riesenfaultier offenbar nur auf den Hinterbeinen durch die Landschaft gestreift, nimmt Teresa Manera an. Gleichzeitig wollen die Forscher die gesamte Fläche mit GPS-Geräten und Kameras erfassen. "Dadurch können wir Rückschlüsse auf die Lebensweise und das Verhalten der Tiere ziehen."
Zurzeit jedoch kämpft die Paläontologin zunächst einmal darum, dass die Fundstätte unter Schutz gestellt und eine Umgehungsstraße gebaut wird, die den Touristenstrom von der Küste fern hält. Auf Dauer aber, das weiß auch Manera, kann sie die Spuren im Stein nicht schützen. Irgendwann wird das Meer sie unter sich begraben. "Dann werden nur noch unsere Abgüsse und Studien die Erinnerung an sie wachhalten."