
Das Leben in Gemeinschaft fordert den Einzelnen intellektuell heraus, und je komplexer das soziale Gefüge der Gruppe, desto größer ist das Gehirn der Individuen. Deshalb wuchs es bei unseren Vorfahren auch – so eine gängige Theorie. Bei manchen Säugetieren, Vögeln und Fischen trifft das zu. Aber wie sieht es eigentlich bei Insekten aus?
Das fragten sich Sean O’Donnell und sein Team an der Drexel University in Philadelphia und sahen sich den Gehirnaufbau von 29 verschiedenen Wespenarten genau an. Einige davon leben solitär, andere in Kleingruppen oder komplexen Staaten. Als maßgeblich für die Intelligenz gelten die Pilzkörper im Gehirn, in denen die Sechsbeiner Sinneseindrücke verarbeiten.
Dei Wespenhirne schrumpfen soagr
Bei "Staatenbürgern" sollten die Pilzkörper demnach größer sein als bei den "Einzelgängern". Doch das Gegenteil ist der Fall! Offenbar ließ das Zusammenleben das Wespenhirn sogar schrumpfen. Warum trifft die sogenannte Social-Brain-Hypothese auf Insekten nicht zu?
"Weil ihre Gemeinschaften ganz anders zusammengesetzt sind", vermutet O’Donnell. Während beim Menschen und anderen Wirbeltieren die Mitglieder größerer Gemeinschaften wenig oder gar nicht verwandt sind, ist der Insektenstaat der Extremfall einer Großfamilie. Alle sind miteinander verwandt und verfolgen das gleiche Ziel: das Überleben des Staates und der Königinnen zu sichern. Konkurrenzkampf, Futterneid und Imponiergehabe? Fehlanzeige. Arbeitsteilung und Kooperation sind angesagt – und dazu reicht offenbar weniger Grips.