GEO: Herr Dr. Raine, warum sollen uns ausgerechnet Hummeln auf die Spur von Verbrechern bringen?
Nigel Raine: Weil sie sich ähnlich wie Verbrecher verhalten. Zumindest, um ihren Wohnort zu verbergen. Wenn Hummeln nach Nektar suchen, fliegen sie keine zu nah am Nest liegenden Blumen an. Sie schlagen erst jenseits einer Pufferzone zu, um Feinde nicht auf die Spur ihrer Behausung zu bringen. Genauso gehen die meisten Kriminellen vor. Die Polizei weiß das natürlich – und versucht, von der Verteilung der Tatorte auf den Wohnsitz des Täters zu schließen.
Und das gelingt?
Kriminologen verwenden diese „Geographic Profiling“ genannte Methode seit Jahren. Bislang hatten sie aber das Problem, dass sie ihre Modelle nie wissenschaftlich überprüfen konnten. Hier kommen die Hummeln ins Spiel: Im Labor können wir deren Nester mit beliebig verteilten Blumendummys umgeben. Wir haben dann jeweils beobachtet, welche Blüten die Hummeln anfliegen. Aus diesen Daten konnten wir mit dem Polizeimodell tatsächlich immer wieder die Standorte der Nester ermitteln.
Interessieren sich auch die Kriminologen für diesen Erfolg?
Ja, durchaus. Mit Professor Kim Rossmo hat sogar ein Pionier des Geographic Profiling an der Studie mitgearbeitet. Nachdem wir das Modell überprüft haben, wollen wir jetzt durch weitere Experimente herausfinden, wie die Methode mathematisch noch verbessert werden kann. Unsere Ergebnisse sind aber auch für Biologen sehr interessant.
Inwiefern?
Je mehr wir darüber wissen, wo und wie Insekten nach Nahrung suchen, desto besser können wir ihre Lebensräume schützen. Aber Geographic Profiling kann auch helfen, gefährliche Arten zu bekämpfen – etwa eingewanderte Spezies, die sich aggressiv ausbreiten.
