"Als wir vor Jahren eine Wölfin mit einem Sender ausgestattet hatten, mussten wir ihr mühsam mit einer Richtantenne im Gelände folgen - und konnten das Tier trotzdem nicht immer lokalisieren", sagt Gesa Kluth.
Diese Zeiten sind passé. Die Wolfsforscherin und ihre Kollegin Ilka Reinhardt haben im März zwei zehn Monate alte Wölfe aus der Oberlausitz mit Sendehalsbändern versehen, deren Signale vom nächsten Mobilfunkmast empfangen werden. Die GPS-Daten ihrer Aufenthaltsorte werden als SMS in den Computer im Wildbiologischen Büro LUPUS übertragen.
Die Ergebnisse haben selbst die Wolfsexpertinnen überrascht. Denn offenbar legen die Tiere zuweilen sehr lange Wege zurück. Einer der beiden Rüden lief vom Truppenübungsplatz Oberlausitz, wo die aus Polen eingewanderten "deutschen" Wölfe seit rund zehn Jahren leben, nach Westen. Im Schutz der Dunkelheit überquerte er ein Autobahndreieck und war am westlichsten Punkt seiner Erkundungstour 150 Kilometer von zu Hause entfernt. Erst nach knapp drei Wochen kehrte das Tier auf dem gleichen Weg zu seinem Rudel zurück.
Wölfe können überall auftauchen
Noch viel weiter wanderte der Bruder des jungen Reisenden. Im Alter von knapp einem Jahr, noch vor der Geschlechtsreife, überquerte er die Neiße und streifte in nordöstlicher Richtung durch Polen. Nachts lief er durch Felder und an Dörfern vorbei, während er tagsüber in kleinen Wäldchen Zuflucht suchte - ein Zeichen dafür, dass die Tiere eine natürliche Scheu vor Menschen haben.
Inzwischen hat der Wolf Polen vollständig durchquert. Er hielt sich Anfang Juli 2009 im Grenzgebiet von Weißrussland und Litauen auf - etwa 650 Kilometer von seiner Heimat in der Lausitz entfernt. Es gibt keinen Grund, weshalb die Tiere nicht auch in anderer Richtung so weit ausschweifen könnten. "Im Prinzip kann jederzeit überall in Deutschland ein Wolf auftauchen", sagt Ilka Reinhardt.
