Ob eine Menge größer oder kleiner ist als eine andere - dies zu erkennen, fällt Menschen nicht schwer. Doch für viele Tiere ist das bereits höhere Mathematik. Trainierte Makaken allerdings bewältigen die Aufgabe relativ gewandt - vermutlich, weil sie eigens für solche Berechnungen zuständige Neuronen im präfrontalen Kortex besitzen, wie die Tübinger Neurowissenschaftler Andreas Nieder und Sylvia Bongard jetzt herausfanden.
Dieser Teil der Hirnrinde ist auch beim Menschen für höhere kognitive Funktionen zuständig. Die Forscher hatten zwei Makaken darauf trainiert, sich eine Leckerei zu verdienen. Zu diesem Zweck mussten die Tiere lernen, einen Hebel zu bedienen, wenn eine Menge von Punkten auf einem Bild umfangreicher beziehungsweise geringer war als eine Vergleichsmenge. Offenbar keine leichte Aufgabe für die Primaten, denn es dauerte geraume Zeit, bis die Tiere sie begriffen hatten. Nach dieser Einarbeitungsphase aber absolvierten die Makaken den mathematischen Vergleich nahezu fehlerfrei. Und das, obwohl die gezeigten Bilder und Mengen ständig verändert wurden. Die Affen konnten sich also nicht einfach nur eine bestimmte Menge merken, sondern waren gezwungen, eine abstrakte Vorstellung von "größer als" und "kleiner als" zu entwickeln.
Erstaunlicherweise sind rund 20 Prozent der Neuronen im präfrontalen Kortex der Makaken speziell auf solche abstrakten Aufgaben geeicht. Das heißt, manche Nervenzellen feuern ausschließlich dann, wenn eine Menge X größer ist als eine Menge Y und umgekehrt. Nieder und Bongard konnten nachweisen, dass diese neuronale Aktivität nichts mit der Sinneswahrnehmung zu tun hat, also tatsächlich eine abstrakte Rechenfähigkeit ist.