Könnte man ein Rentier nach der Uhrzeit fragen, lautete die Antwort wohl: "Habe ich vergessen." In der Polarregion geht ihm nämlich das natürliche Zeitgefühl abhanden. Und das ist gut so. Denn im hohen Norden würde eine "innere Uhr" nur stören.

Jener "zirkadiane" Taktgeber ist bei den meisten Säugetieren und beim Menschen fast genau auf einen 24-Stunden- Rhythmugeszeit das passende Hormon aus eingestellt. Er sorgt zum Beispiel dafür, dass zur richtigen Tasgeschüttet wird. So setzt am späten Nachmittag die Melatoninproduktion ein, die einen gesunden Nachtschlaf gewährleistet.
In der Polarregion sind heller Tag und dunkle Nacht freilich anders verteilt. Bei den Rentieren dort, so stellten Forscher um Andrew Loudon nun fest, richtet sich die Ausschüttung von Melatonin deshalb nicht nach der Uhrzeit, sondern nur nach Licht und Finsternis. Das lässt die Tiere im Polarsommer lange und im Winter nur kurz am Tag munter sein.